Kultur
«VIRUS»: Science-Fiction aus dem Kreis 10
Ein Killervirus stürzt die Welt ins Chaos. Wenige Überlebende kämpfen zwischen Anarchie, Gewalt und Ansteckung ums Überleben. Die in fünf Jahren gedrehte Endzeit-Serie von Gabriel Da Silva und mit Schauplätzen in Höngg hat es in sich.
10. September 2025 — Daniel Diriwächter
Orte in Höngg und Wipkingen wirken plötzlich fremd: menschenleer, verlassen, bedrohlich. Ein Killervirus hat fast die gesamte Menschheit ausgelöscht und die Welt ins Chaos gestürzt. Nun gilt das Gesetz des Stärkeren – wäre da nicht auch eine Handvoll Überlebender, die sich für das Gute einsetzen. Doch in einer apokalyptischen Welt ist das alles andere als einfach.
Das ist die Ausgangslage der neuen Serie «Virus» von Gabriel Da Silva aus Wipkingen. Der Filmemacher, der Regie führt, Drehbücher schreibt und mit seiner Firma «Difference Pictures» produziert, beschäftigte sich schon länger mit Science-Fiction-Themen. Den entscheidenden Anstoss lieferte jedoch das reale Leben: Als vor fünf Jahren die Pandemie ausbrach und sich das gesellschaftliche Leben fast nur noch am Bildschirm abspielte, begann Da Silva mit den Arbeiten an einem neuen Kurzfilm.
Vom Kurzfilm zur Serie
Ursprünglich plante er ein Einzelprojekt. Das Resultat war «V.I.R.U.S – Niemand ist sicher», ein Kurzfilm, in dem sich die Handlung über «Zoom» entfaltet. Ein tödliches Virus namens Xylon-16 breitet sich darin weltweit aus. Während ein Teil der Bevölkerung den Beschwichtigungen der Regierungen glaubt, nehmen andere die Gefahr nicht ernst. Eine kleine Gruppe in Zürich erkennt jedoch die Bedrohung und behält recht.

Da Silva sah darin weiteres Potenzial. Warum die Geschichte nicht fortsetzen? Aus der Idee eines Kurzfilms wuchs die Vision einer Serie. Während er parallel an anderen Projekten arbeitete, etwa dem Kurzfilm «Das letzte Kino», einer Hommage an das geschlossene Kino Uto, kehrte er immer wieder zu «Virus» zurück, schrieb, drehte neue Szenen und formte über fünf Jahre hinweg eine sechsteilige Serie. «Die Geschichte erschien mir zeitweise wie ein offenes Buch», sagt er. «Ich fragte mich ständig: Was passiert danach?»
Die weiteren Folgen zeigen, wie die kleine Gruppe von Überlebenden in einer Welt aus Anarchie, Gewalt und Krankheit um ihr Dasein ringt. «I.M.U.N – Ausbruch und Zerfall» erzählt vom Chaos, das die Pandemie entfesselt hat. In «Z.E.R.O – Ende und Anfang» finden die Figuren einen neuen Zufluchtsort und stossen auf die Wahrheit über das Virus. «R.E.N.O.V.A.T.I.O – Eine neue Welt» begleitet die Suche nach einem Heilmittel. «V.I.R.U.S – Epilog» blickt – parallel zur ersten Folge – auf die Ursache zurück, und im Finale «N.O.V.U.M – Die letzte Reise» entscheidet ein letzter Kampf, ob die neue Welt Frieden finden wird.
Gedreht wurde mit dem Smartphone
Alle sechs Episoden, die jeweils mit einem Cliffhanger enden, veröffentlichte Da Silva im Juli auf seinem Vimeo-Kanal. Gedreht hat er alles mit dem Smartphone, einer Methode, die im Ausland immer mehr angewendet wird: Auch Danny Boyle setzt für seinen Horrorfilm «28 Years Later» auf das iPhone – allerdings mit Millionenbudget aus Hollywood. Da Silva hingegen musste auf sein Können, sein Netzwerk und viel Einfallsreichtum vertrauen.

Das Ensemble umfasst über 30 Mitwirkende. Neben Da Silva selbst, der einen Verschwörungstheoretiker spielt, sind unter anderem Hans Gysi, bekannt aus Film und Theater, sowie die Nachwuchsschauspielerin Leonie Moll und Jamie Mahlstein dabei. Sogar Katzen haben Auftritte – in Da Silvas Welt werden Tiere vom Virus verschont.
Stille und leere Drehorte sind schwierig zu finden
Gedreht wurde auch frühmorgens, wenn Zürich noch still und leer wirkt. So entstanden Szenen am Waidfussweg, bei der ETH Hönggerberg, im Areal Hardhof, am Meierhofplatz oder im Haus Sonnegg. Weitere Drehorte waren Oerlikon und Schwamendingen. Ganz geräuschlos verliefen die Drehs jedoch nicht: «Es gab immer einen Laut – Glocken, ein Tram oder ein Flugzeug am Himmel», erzählt Da Silva.
Ob «Virus» beim Publikum ankommt, wird sich zeigen. Für Da Silva ist es schon jetzt ein persönlicher Erfolg. «Mir ist wichtig, die kreative Kontrolle zu behalten», sagt er. Er wolle frei sein, eigene Ideen verwirklichen, sich nicht in eine Schublade stecken lassen. Dass er auch soziale Themen wie Demenz oder Depressionen filmisch behandelt, zeigt die Bandbreite seiner Arbeit. Ein roter Faden zieht sich dennoch durch: «Gerechtigkeit und Hoffnung sind mir wichtig.» Ob er damit auch das Ende von «Virus» verrät? Das lässt sich leicht nachprüfen: einschalten.
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