Gegen den Judenhass

Die politische Kolumne: Ronny Siev, Gemeinderat und Vorstandsmitglied der GLP Kreis 6 & 10, beobachtet eine Zunahme der antisemitischen Vorfälle in der Stadt Zürich.

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Ronny Siev, GLP. (Foto: zvg)

Seit dem abscheulichen Massaker der Hamas vom 7. Oktober im Süden Israels ist die jüdische Gemeinschaft in Zürich in grosser Sorge. Im Monat nach der beispiellosen Attacke gegen Jüdinnen und Juden wurden in der Schweiz mehr antisemitische Vorfälle gemeldet als normalerweise in einem ganzen Jahr.

An einer Hauswand in Zürich war beispielsweise «Tot den Juden» (mit Rechtschreibfehler) zu lesen, Hakenkreuze und andere bedrohliche Slogans wurden an Wände gesprayt. Personen, die als jüdisch erkennbar sind, wurden angespuckt, mit «Free Palestine»-Rufen belästigt oder sogar physisch angegriffen. Jüdische Schulkinder erzählen von antisemitischem Mobbing und von Ausgrenzungen auf Pausenplätzen und Schulwegen.

Aufruf zur Auslöschung Israels

Um das Trauma, das hier ausgelöst wurde, zu verstehen, muss man die Geschichte des jüdischen Volkes kennen. Die Angst vor Verfolgung ist leider seit Langem Teil des Jüdischseins. Praktisch alle in Zürich lebenden Menschen mit jüdischem Glauben verloren Verwandte im Holocaust und haben Fluchtgeschichten in der Familie. Die Angst hat aber auch mit den vielen propalästinensischen Demonstrationen in Zürich zu tun. An diesen wird Israel mit üblen und absurden Verleumdungen dämonisiert.

Dabei wird auch «Free Palestine!» und «From the River to the Sea, Palestine will be free!» skandiert. Die Teilnehmenden werden von radikalen Einpeitschern richtiggehend aufgehetzt. Beide dieser Slogans rufen zur Vernichtung des Staates Israel auf und fordern gleichzeitig die Ermordung und – im besten Fall – die Vertreibung der jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner aus dem gesamten Gebiet.

Es sind also exakt dieselben Ziele, wie sie die Terrororganisation Hamas verfolgt. Eine Forderung nach einem friedlichen und demokratischen palästinensischen Rechtsstaat im Rahmen einer Zweistaatenlösung mit Israel sucht man an solchen Demonstrationen vergebens.

Auch wenn an diesen Demos bisher keine gewalttätigen Übergriffe verzeichnet wurden, geht der Extremismusforscher Dirk Baier davon aus, dass sie weiteren Hass gegen Jüdinnen und Juden schüren. Dasselbe passiert auch in den sozialen Medien.

Welches Grundrecht wird höher bewertet?

Der Zürcher Regierungsrat und der Verband der Schweizer Polizeibeamten wollen diese Demonstrationen verbieten, so wie es in der Stadt Bern geschehen ist. Sie sehen ein öffentliches Interesse an einem Verbot für die Wahrung der Sicherheit als gegeben. Dazu gehört die persönliche Sicherheit der jüdischen Minderheit, aber auch diejenige der Gesamtbevölkerung.

Der Zürcher Stadtrat hingegen bewertet die Meinungsäusserungs- und Demonstrationsfreiheit höher und sieht von einem Verbot ab. Inwiefern diese Demos einer demokratischen und politischen Meinungsbildung dienen, bleibt für mich jedoch völlig unklar.

Was tun?

Was können wir unternehmen, dass sich die jüdische Bevölkerung in unserer Stadt in Zukunft wieder sicherer fühlt? Die Geschichte Israels, der Juden und des Holocausts muss einen höheren Stellenwert im Schulunterricht und bei der Integration von Zugewanderten erhalten. Ausserdem fehlt noch immer eine öffentliche Stelle zur Bekämpfung des Antisemitismus.

Den Leserinnen und Lesern des «Hönggers» lege ich ans Herz, jüdische Freunde anzurufen und sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Sie werden erstaunt sein, wie viel Freude das allen bereitet. In diesen dunklen Zeiten sind Lichtblicke besonders wertvoll.

Eingesandt von Ronny Siev, Gemeinderat und Vorstandsmitglied der GLP Kreis 6 & 10

Meinungssache

Die Rubrik «Die politische Kolum­ne» wird von Personen aus dem politischen Leben im Kreis 10 geschrieben. Alternierend wird jede Partei berücksichtigt.

Die Kolumne widerspiegelt jeweils die Ansicht der Autorin oder des Autors.

1 Kommentare


Roy Mor

24. November 2023  —  11:21 Uhr

Danke für diesen wichtigen Text. Inhaltlich bin ich voll bei dir. Die Schule hat grossen Einfluss. Wichtiger scheint mir jedoch, dass wir bei der Migration und den Familien ansetzen. Wer hier bei uns Schutz sucht, der muss sich voll und ganz mit den Wertevorstellungen auseinandersetzen und diese akzeptieren. Und das funktioniert nur, wenn wir dies in aller Deutlichkeit einfordern.
Dies ist entscheidend für das Zusammenleben in unserer schönen Stadt.

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