Sterben im digitalen Zeitalter

Das digitale Zeitalter stellt den Menschen immer wieder vor neue Herausforderungen, eine davon: der digitale Nachlass. Was soll mit unseren Konten und Daten geschehen, wenn wir nicht mehr auf dieser Erde weilen? Auch der für dieses Fokusthema erfundene Anton fragt sich das.

Es gibt Dinge, mit denen will man sich nicht zu früh befassen. Oder befassen müssen. Man schiebt sie hinaus, wie einen Vorsorgeauftrag oder eine Patientenverfügung, so wie Anton dies eben bequemlichkeitshalber macht. Doch die Angehörigen kann dies vor Komplikationen stellen, sollte es plötzlich zu spät sein, um gewisse Angelegenheiten zu regeln. Auch Daten, die man im Internet hinterlässt, können den Angehörigen Probleme bereiten, besonders, weil dort die Gesetzeslage nicht eindeutig geregelt ist. Grundsätzlich tritt dort das Erbrecht in Kraft und der gesamte digitale Nachlass geht, mitsamt Urheberrechten, auf die rechtmässigen Erben über (siehe Artikel «Fokus Testament»). In Antons Fall bestünde dieser aus Fotos, einer digitalen Musiksammlung, Abonnements, Wertpapieren und Vertragsbeziehungen mit Social-Media-Plattformen wie Facebook und Google. Doch so einfach ist es im Falle der digitalen Erbschaft leider nicht.
Schwierig wird es bereits, wenn gewisse Daten durch einen Code oder ein Passwort geschützt oder nur mit den korrekten Zugangsdaten zugänglich sind, wie zum Beispiel Profile in sozialen Netzwerken, welche nach Antons Tod noch bestehen bleiben. Ohne Zugangsdaten ist es für Angehörige äusserst problematisch, das Recht auf Zugang zu diesem Profil zu erhalten. Laut Schweizer Gesetz ist nämlich noch nicht geklärt, ob im Internet gespeicherte Daten ebenfalls zum digitalen Nachlass gehören und somit an die Erben übergehen. Denn bei diesen handelt es sich in der Regel nicht um Vermögenswerte, im Gegensatz zu Daten, welche auf einem Stick oder einer Festplatte gespeichert sind. Viele Anbieter von solchen Onlineplattformen haben ihre eigenen Regelungen, wie sie im Todesfall reagieren.

Onlineanbieter, Gesetze und Regelungen

Die nächste Komplikation findet sich in den Vertragsvereinbarungen dieser Onlineanbieter, denen Anton, wie so viele Leute, regelmässig, ohne sie ausführlich zu studieren, mit einem Klick auf «akzeptieren» zustimmt. Viele dieser Onlineanbieter schliessen die Übertragung der Daten und den Zugriff einer Drittperson aus und werten dies als Verstoss gegen die Nutzungsbedingungen oder gar als ein strafbares Verhalten. Dabei berufen sie sich auf den Persönlichkeitsschutz, unter dessen Titel private Daten nicht für weitere Personen zugänglich gemacht werden dürfen. Des Weiteren argumentieren sie damit, dass Anton, wenn er keine Zugangsdaten hinterlassen hat, auch nicht gewollt haben wird, dass jemand anderes Einblick in seine Daten erhält. Zudem haben viele wichtigen Anbieter der «digitalen Welt» ihren Sitz ausserhalb der Schweiz und schliessen ihre Verträge somit unter ausländischem Recht ab. Um eine individuelle Situation beurteilen zu können, müssten also Fälle unter Berücksichtigung dieser fremden Gesetze angeschaut und die Schweizerische Gesetzeshaltung dazu klargemacht werden.

Welche Vorkehrungen kann man selber treffen?

Doch was kann Anton tun, damit sein eigenes Profil auf solchen Plattformen nicht lange nach seinem Tod noch auf den Bildschirmen seiner Angehörigen auftaucht, und sie nicht ein Jahr später noch Geburtstagsglückwünsche auf seiner Facebookseite lesen müssen? In so gut wie jedem Artikel, der sich mit dem digitalen Nachlass befasst, findet sich der Tipp, eine Liste mit allen Diensten, Benutzernamen und Passwörtern zu führen, diese regelmässig zu aktualisieren und zu hüten wie seinen Augapfel. Da hier jedoch die Gefahr eines Missbrauches sehr hoch ist, bieten Onlinedienste wie «Dswiss» ihre Aufbewahrungsdienste an. Weil Anton solche Firmen aber nicht ohne Skepsis betrachtet, sucht er nach einer anderen Möglichkeit. Die zuverlässigsten Optionen scheinen ihm, entweder eine Person seines Vertrauens zu wählen, der er seine Passwörter anvertraut und die sich in seinem Sinne um seinen digitalen Nachlass kümmern wird. Oder eine Liste mit sämtlichen Passwörtern, Accounts und Zugangsdaten in seinem Testament festzuhalten, mit den entsprechenden Anweisungen dazu. Mit diesen Lösungen fühlt er sich sicherer.
Wie schon erwähnt haben auch die grossen Onlineanbieter eigene Regeln, wie sie auf Todesfälle reagieren. Bei Google und Microsoft können die Inhaber festlegen, was mit ihren Konnten geschehen soll, sollten diese über einen längeren Zeitraum nicht aufgerufen werden. Twitter und Yahoo geben bevollmächtigten Personen die Möglichkeit, die Konten oder den Account zu löschen, Zugang zum Inhalt erhalten sie jedoch keinen.
Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte, erscheint dieses Thema nicht ganz einfach, es lohnt sich jedoch, sich ein wenig damit auseinanderzusetzen. So wie Anton.

Digitaler Nachlass
Facebook, E-Banking oder Netflix – der heutige Mensch ist auf zahlreichen Internetseiten registriert. Doch was passiert mit all diesen Daten nach dem Tod? Eine gute Übersicht bietet der «Beobachter» unter www.beobachter.ch/konsum/multimedia/digitaler-nachlass-sterben-20

 

Die grossen Anbieter haben alle verschiedene Regeln, wie sie auf Todesfälle reagieren. Genauere Angaben geben zwei Rechtsanwälte in ihrem Newsletter unter https://www.bratschi.ch/fileadmin/daten/dokumente/newsletter/2015/01/Newsletter_Mai_2015_Artikel_MNA_RFO.pdf

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