Mein Wille geschehe

Kann der Vater seine Tochter enterben, weil sie den falschen Mann geheiratet hat? Ist es möglich, Angehörige dazu zu verpflichten, für den alten Schäferhund aufzukommen? Im Testament wird geregelt, wie das verteilt werden soll, was nach dem Tod zurückbleibt. Dabei gilt in den meisten Fällen: Weniger ist mehr.

Um das Thema Testament und die Erbschaft ranken sich teilweise wilde Geschichten: In Seifenopern werden reihenweise Töchter und Söhne enterbt, weil sie sich nicht konform verhalten oder – aus Sicht der Erblasser*innen – die falschen Beziehungen führen. Plötzlich taucht ein Anwalt auf und eröffnet einer alleinstehenden Mutter, dass ein entfernter Onkel ihr Millionen vermacht habe. Letzteres ist zwar möglich, aber ungefähr so unwahrscheinlich wie ein Lottogewinn. Doch was ist der Zweck eines Testaments? Was gehört in diese Verfügung, und was eben nicht? Worauf muss man achten, damit der letzte Wille auch Gültigkeit hat? Diese und andere Fragen sollen hier geklärt werden.

Wozu ein Testament?

Wozu braucht es überhaupt ein Testament? Immerhin regelt das Gesetz bereits, wer erbt und zu welchen Teilen der Nachlass an die Hinterbliebenen verteilt wird. Der sogenannt «letzte Wille» kommt dann zum Zug, wenn die Erbmasse eben anders verteilt werden soll, als gesetzlich vorgegeben. Wenn zum Beispiel die Ehegattin oder der Ehegatte mehr erben, oder andere Personen, die sonst nicht erbberechtigt wären, berücksichtigt werden sollen. Es handelt sich also tatsächlich um den letzten Wunsch. Doch auch dieser muss sich an gewisse Regeln halten: Ein gültiges Testament wird entweder persönlich und handschriftlich abgefasst, mit einem vollständigen Datum und der Unterschrift versehen und am besten bei einer Vertrauensperson deponiert. Eine notarielle Beglaubigung ist bei dieser Variante nicht erforderlich. Oder man macht ein öffentliches Testament. Dieses wird im Kanton Zürich von einem Notar und vor zwei unabhängigen Zeugen erstellt und kommt insbesondere bei Personen zum Zug, die nicht mehr in der Lage sind, selber zu schreiben oder zu lesen.

Eherecht vor Erbrecht

Für Eheleute gilt: Bevor die Erbschaft an die Erb*innen verteilt werden kann, muss eine güterrechtliche Abrechnung gemacht werden. Ohne Ehevertrag setzt sich der Nachlass der verstorbenen Person aus ihrem Eigengut – also den in die Ehe eingebrachten Vermögenswerten, Erbschaften, Schenkungen und ähnliches – und der Hälfte der Errungenschaften beider Ehepartner – also den während der Ehe erarbeiteten Vermögen und Erträgen – zusammen. In einem Ehevertrag kann nun festgelegt werden, dass lediglich das Eigengut in den Nachlass gelangt, während die gesamten Errungenschaften dem überlebenden Ehegatten oder der Ehegattin zugewiesen werden. Neben dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung existieren auch noch die Gütertrennung sowie die Gütergemeinschaft.

Pflichtteile und frei verfügbare Quoten

Wer erbt denn nun eigentlich wie viel? Laut Gesetz sind der Ehemann oder die Ehefrau immer erbberechtigt. Die restlichen Familienmitglieder sind in drei sogenannte Stämme eingeteilt: Zum ersten Stamm gehören Kinder und Grosskinder, zum zweiten Eltern, Geschwister und deren Nachkommen. Grosseltern, Cousins und Cousinen, Onkel und Tanten bilden schliesslich den dritten Stamm. Ein Beispiel: Ein Mann stirbt und hinterlässt Frau und zwei Kinder. Ohne anderslautendes Testament erbt die Witwe die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte wird zu gleichen Teilen den Kindern verteilt. Sind keine Kinder vorhanden, erhält die Ehepartnerin drei Viertel der Erbschaft, ein Viertel geht an die Eltern oder Geschwister. Sind nur noch Angehörige des dritten Stammes vorhanden, bekommt die Gattin die gesamte Erbschaft. Soweit das Gesetz.
Mit einem Testament oder einem Erbvertrag (siehe Kästchen) kann diese Verteilung nun verändert werden, allerdings existiert ein sogenannter Pflichtteil, der zwangsläufig an Ehepartner*innen und Nachkommen, oder, falls keine Kinder vorhanden sind, an die Eltern vermacht werden muss (siehe Grafik). Im Kanton Zürich sind Ehepartner*innen und Nachkommen von der Erbschaftssteuer ausgeschlossen. Alle anderen nicht, auch Konkubinatspartner nicht.
Der Teil, der nach Verteilung dieser Pflichtteile noch übrigbleibt, heisst «frei verfügbare Quote». Dieser Teil kann nach Gutdünken als Vermächtnis oder Legat an Personen oder Institutionen übertragen werden. Erst kürzlich hat der Bundesrat eine Revision des Erbgesetzes in die Vernehmlassung geschickt, welche vorsieht, die Pflichtteile zu senken, damit der Erblasser freier über sein Vermögen verfügen kann.

Was gehört ins Testament und was eben nicht

Auch wenn Beziehungen zu Angehörigen schwierig sein können: Das Testament ist nicht der richtige Ort für letzte Abrechnungen mit unliebsamen Personen. Auf Beleidigungen ist deshalb zu verzichten. Die Sätze sollten präzis und einfach formuliert und berücksichtigte Personen eindeutig identifizierbar sein: Wenn Hansruedi aus Höngg den Picasso erben soll, ist es wichtig, auch seinen Nachnamen, sein Geburtsdatum und seine Adresse niederzuschreiben. Es empfiehlt sich, beim Verteilen von Erbgegenständen nicht zu sehr ins Detail zu gehen. Dass der Sohn früher gerne mit der teuren Modelleisenbahn gespielt hat, bedeutet nicht, dass er sie als Erwachsener in seine Zweizimmerwohnung stellen möchte, zumal die Kinder der Tochter viel mehr Freude daran hätten und ausserdem den Platz. Wenn die Verhältnisse nicht komplett zerrüttet sind, sollte man davon ausgehen, dass die Hinterbliebenen solche Güter selber untereinander aufteilen können.
Wie ist es nun mit Schäferhund Rex, dem lebenslangen, treuen Begleiter? Erbfähig ist er nicht, man kann ihn also nicht als Erben einsetzen. Aber wem gehört er nach dem Tod seines Besitzers, seiner Besitzerin? Tiere, obwohl gesetzlich keine «Sachen», fliessen in die Erbmasse ein. Der oder die Erblasser*in kann im Testament eine Auflage machen, dass der Hund von einer bestimmten Person versorgt werden muss. Diese hat das Tier aufzunehmen oder verantwortungsvoll bei Dritten zu platzieren. Die Mittel für Futter-, Pflege-, Unterbringungs- und Tierarztkosten können aus dem Erbteil oder dem Vermächtnis beglichen werden. Existiert keine solche Auflage, einigt sich die Erbgemeinschaft darauf, wer den Hund übernehmen darf. Will sich niemand um Rex kümmern, wird er verkauft oder verschenkt, wobei ein allfälliger Erlös in den Nachlass fällt und unter den Erben aufgeteilt wird.

Keine Bestattungswünsche!

Das Testament wird erst nach der Beerdigung eröffnet, dann ist es zu spät für allfällige Bestattungswünsche. Auch wenn es nicht immer einfach ist: Am besten spricht man frühzeitig mit seinen Angehörigen über die eigenen Vorstellungen und Wünsche im Falle eines Todesfalls oder hält diese schriftlich fest und bewahrt das Schreiben so auf, dass es rasch gefunden werden kann. Bestattungswünsche können auch beim Bestattungsamt deponiert werden.

Spezialfall Konkubinat

Das Erbrecht wird im Zivilgesetzbuch geregelt und geht auf das Jahr 1912 zurück. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – das Konkubinat – war im Kanton Zürich bis 1972, im Wallis gar bis 1995 verboten. Entsprechend haben unverheiratete Partner gesetzlich gesehen keine güter- und erbrechtlichen Ansprüche. Stirbt einer der beiden Partner und es gibt kein Testament, wird der Nachlass gemäss der gesetzlichen Erbfolge verteilt – und darin kommen «wilden Ehe»-Partner*innen auch heute noch nicht vor. Es ist deshalb umso wichtiger, ein Testament aufzusetzen, in dem der oder die Partner*in als Erbe oder Erbin eingesetzt wird. Wenn allfällige nächste Angehörige, die Anspruch auf einen Pflichtteil haben, einen Erbverzichtsvertrag unterzeichnen, kann bis zu 100 Prozent des Nachlasses dem oder der Konkubinatspartner*in zugesprochen werden. Ohne Erbverzicht erhalten erst Eltern und Nachkommen ihren Pflichtteil, und die oder der hinterbliebene Partner*in erhält die frei verfügbare Quote – allerdings vorausgesetzt, es besteht ein Testament.

Versicherungen nicht vergessen

«Ich habe doch gar nichts zu vererben», denkt sich manch einer, der keine Ersparnisse, kein Eigentum und keine wertvollen Kunst- oder Möbelstücke besitzt. Dabei gehen oft die Pensionskasse und allenfalls die 3. Säule vergessen, bei welchen separate Begünstigungsmöglichkeiten abzuklären sind. Besonders Konkubinate sollten sich unbedingt frühzeitig bei ihrer Pensionskasse erkundigen, ob und welche Leistungen ausgerichtet werden und in welcher Form die Partnerschaft gemeldet werden muss.

Enterben? Schwierig

Es ist zwar durchaus möglich, jemanden mittels Testament zu enterben, aber die Gründe dafür müssen triftig sein. Nur, wenn der Erbe oder die Erbin eine schwere Straftat gegen den Erblasser oder ihm nahestehende Personen begangen hat, oder seine familienrechtlichen Pflichten ihm oder ihr gegenüber schwer verletzt hat, ist eine solche Enterbung zulässig. Falsche Partnerwahl, religiöse oder andere Differenzen sind keine ausreichenden Gründe, eine Erbschaft zu entziehen.

Weitere Verfügungen

Manchmal werden sogenannte Willensvollstrecker vom Erblasser oder der Erblasserin damit beauftragt, nach deren Ableben die Erbteilung durchzuführen. Besonders bei schwierigen Verhältnissen oder komplexen Erbschaften fungieren sie als Schiedsrichter. Sie setzen sich dafür ein, dass der letzte Wille respektiert wird und die Erbteilung richtig vonstattengeht. Üblicherweise werden Willensvollstrecker bezahlt. Es lohnt sich abzuwägen, ob wirklich eine Person damit betraut werden soll, oder ob den Erb*innen zugetraut werden kann, dass sie sich selber einigen. Wird der überlebende Ehepartner als Willensvollstrecker eingesetzt, erhält dieser mit dem Willensvollstreckerzeugnis die Verfügungsfähigkeit über allenfalls gesperrte Bankkonten schneller. Manchmal wird im Testament der Wunsch geäussert, eine Stiftung für einen bestimmten Zweck einzurichten. Dies ist theoretisch möglich, sollte aber gut durchdacht sein. Einerseits muss genügend Vermögen vorhanden sein, um den beabsichtigten Zweck erreichen zu können. Andererseits muss eine Stiftung bestimmten gesetzlichen Vorschriften entsprechen: So müssen Richtlinien formuliert werden, ein Stiftungsrat ernannt und ein Revisor bestimmt werden.

Änderungen oder Aufhebung

Ein Testament kann jederzeit verändert oder ganz aufgehoben werden, sofern der oder die Erblasser*in noch urteilsfähig ist. Am einfachsten ist es, das Original-Testament und alle Kopien zu vernichten und ein neues aufzusetzen. Es ist auch möglich, lediglich Passagen zu ändern, hier ist allerdings das Risiko für Missverständnisse grösser.

Was ist ein Erbvertrag
Ein Erbvertrag wird zwischen zwei oder mehreren Personen im Beisein von zwei Zeugen abgeschlossen und legt verbindlich fest, wer was erben soll. Um Gültigkeit zu erlangen, muss er zwingend im Notariat oder von einer anderen Person mit entsprechender Befugnis erstellt werden. Der Erbvertrag unterscheidet sich vom Testament dadurch, dass alle am Vertrag beteiligten Personen einer Änderung zustimmen müssen.

 

Das Nottestament
Eine dritte Variante, die nur in ausserordentlichen Situationen wie Krieg oder Unfall in Frage kommt, ist das mündliche Testament, auch Nottestament genannt. In diesem Spezialfall kann der oder die Erblasser*in den letzten Willen mündlich zwei unabhängigen Zeug*innen mitteilen, die das Testament unverzüglich beim Gericht – im Kanton Zürich ist dies das Bezirksgericht – zu Protokoll geben. Testamente müssen zwingend in urteilsfähigem Zustand verfasst werden, was insbesondere Spitaltestamente heikel macht. Es ist in jedem Fall besser, eine Notarin oder einen Notar herbeizurufen, als es auf ein Nottestament ankommen zu lassen.

 

Ein Mustertestament für Personen ohne pflichtteilsgeschützte Erben ist online erhältlich unter https://www.notariate.zh.ch/deu/notariat/erbrecht/testament/mustertestament/

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