Auch Zuhören ist eine Sprache

In der Schweiz sorgen ErzählCafés für Furore: Menschen setzen sich zusammen und erzählen aus ihrem Leben. In Höngg leitet Jean Pierre Cotti das monat­liche Treffen im Gemeinschaftszentrum.

Zuhören kann eine Herausforderung sein. (Symbolbild Freepik)

Alle sind pünktlich, alle nehmen Platz: Zehn Personen treffen sich an diesem Freitagnachmittag in der Galerie des Gemeinschaftszentrums Höngg, sie sitzen im Kreis und eine Vase mit Rosen steht in ihrer Mitte. Die Stimmung ist ruhig, einige kennen sich, andere sind das erste Mal da. Eine der Personen, es ist Jean Pierre Cotti, heisst die Gemeinschaft willkommen. So beginnt das ErzählCafé in Höngg, das monatlich stattfindet und verschiedenen Themen gewidmet ist. Heute ist es «Zuhören».

Das Netzwerk ErzählCafé schreibt auf seiner Website: «Zuhören ist bewusstes und aktives Tun. Es bedingt sich zurückzunehmen, sich innerlich zu öffnen, um anzunehmen, was gesagt und anvertraut wird, ohne zu bewerten, aufmerksam und respektvoll einfach zur Kenntnis zu nehmen.» Denn Zuhören ist im November das Thema vieler Anlässe des Netzwerks, sie finden in der ganzen Schweiz statt. In Höngg ist es Jean Pierre Cotti, der das ErzählCafé monatlich organisiert und moderiert.

Eine Herausforderung

Bevor der Austausch beginnt, macht der Moderator auf die Regeln aufmerksam: Diskretion und Respekt sind gefragt. Man solle sich nicht ins Wort fallen und einfach zuhören. Die ErzählCafés sind keine Orte der Diskussion. Dann stellen sich alle vor: mit ihrem Namen und mit einer Anekdote aus ihrer vergangenen Woche. Es sind lustige Begebenheiten dabei, aber auch nachdenkliche. Das alles hat Platz im ErzählCafé.

Das Zuhören wird von den Anwesenden auch als Herausforderung beschrieben. Denn es bedeute nicht, seine eigene Meinung kundzutun oder Ratschläge zu erteilen. «Manchmal reicht ein offenes Ohr, das ist wie eine Sprache für sich», so eine Teilnehmende. Auch das Lauschen der Musik wird thematisiert. Einige werden sich bewusst, dass sie Lieder nur noch im Hintergrund wahrnehmen. Anders verhält es sich mit Regengeräuschen: Das Rauschen scheint alle zu fesseln.

Kaffee und Austausch

Das Höngger ErzählCafé setzt ebenso auf einen geselligen Teil und den Austausch untereinander. Dafür müssen die Teilnehmenden nur die Strasse überqueren: Seit die Buchhandlung Kapitel 10 auch ein Café ist, lässt es sich dort, umgeben von Literatur, bei einem Kaffee verweilen und reden. Andreas Pätzold, der Inhaber der Buchhandlung, freut sich immer, wenn die Gruppe nach dem Erzählen bei ihm vorbeischaut.

Auch Jean Pierre Cotti ist dabei, wenn sich nun verschiedene Gespräche oder einfach nur Plaudereien ergeben. Für den Sozialarbeiter, der auch Psychologie studiert hat, sind die ErzählCafés eine Herzensangelegenheit. «Sie fördern die Kommunikation im Quartier und wir tun etwas gegen die Einsamkeit», erklärt er. Das Thema «Zuhören» wird er nochmals in einem grösseren Rahmen im Zentrum Karl der Grosse auf den Tisch bringen.

Weitere ErzählCafés

ErzählCafé in Höngg
Nächstes Datum: Fr, 12. Jan. 2024, GZ Höngg & Kapitel 10
(im Dezember findet kein ErzählCafé statt)

ErzählCafé
im Zentrum Karl der Grosse
Mit Jean Pierre Cotti, Thema: «Zuhören»
Sa, 18. Nov., 14–16 Uhr

ErzählCafé
im GZ Wipkingen
So, 19. Nov., 11–13 Uhr

ErzählCafé-Tage
vom 17. bis 19. November
www.netzwerk-erzaehlcafe.ch

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