125 Jahre Samariterverein Höngg

Der Samariterverein Höngg ist an fast jedem grösseren Anlass im Quartier präsent. Seit 125 Jahren arbeiten die Freiwilligen nach dem Credo «Schauen, Denken, Handeln».

Zwei Höngger Samariterinnen mit dem Maskottchen beim diesjährigen Rollerderby.
Zwei Höngger Samariterinnen beim Musical CATS, 1992
Samariterübung im Mai 2018.
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Als der Samariterverein Höngg 1894 von Pfarrer Heinrich Weber, Sekundarlehrer Konrad Frei und Walter Frei gegründet wurde, betrug das Eigenkapital 24.10 Franken. Wer an den Übungen teilnehmen wollte, musste ein Beitrittsgeld von zehn Rappen zahlen. Dank einer Sammlung in der Gemeinde, damals bestehend aus 2’500 Einwohnerinnen und Einwohnern, konnten 450 Franken zusammengetragen, und bereits ein Jahr später ein erster Samariterposten im Höngger Restaurant Central eröffnet werden. An den obligatorischen Feldübungen hätten jeweils über hundert Mitglieder teilgenommen, 29 Übungen habe der Verein jährlich durchgeführt, hat Heidi Morger, Präsidentin des Samaritervereins Höngg, in der gut dokumentierten Vereinsgeschichte nachgelesen. Eine solche Verpflichtung wäre heute wohl für die Meisten unvorstellbar.

Modernes Material ist essentiell – und teuer

Als Heidi Morger vor 30 Jahren zum Samariterverein Höngg stiess, war eine Vereinsmitgliedschaft für Pharmaassistentinnen noch Pflicht. Doch für Morger war es schnell mehr als nur ein «Müssen», sie konnte die gelernten Massnahmen in ihrem beruflichen Alltag oft anwenden. So blieb sie den Samaritern bis heute treu und amtiert seit zehn Jahren als Präsidentin. In ihrer Vereinskarriere hat sie viele Veränderungen miterlebt. Während sich in den 90er-Jahren bis zu 80 Personen im Samariterwesen engagierten, sind es heute noch 31 Aktivmitglieder. Überalterung ist, wie bei vielen anderen Vereinen ein Thema, bisher gelang jedoch eine gute Durchmischung der Gruppe. Stark zurückgegangen ist aber die Zahl der Passivmitglieder, Gönnerinnen und Gönner, das hat jedoch einen anderen Grund: «Früher konnte jedes Passivmitglied von einem Rabatt im Krankenmobilienmagazin (KMM) profitieren», erklärt Morger. Das KMM, 1933 vom Samariterverein eröffnet, stellte der Bevölkerung verschiedene Hilfsmittel wie Gehstöcke, Rollstühle, Duschbretter oder auch Milchpumpen zu günstigen Preisen leihweise zur Verfügung. Früher eine gefragte Dienstleistung, nahm die Nachfrage im Zeitalter des Internethandels rapide ab. Vor ein paar Jahren schliesslich übergab der Verein die Verwaltung des Magazins, welches sich in den Räumlichkeiten des reformierten Kirchgemeindehauses Höngg befindet, dem KMM Verein Wipkingen. Heute mietet in erster Linie die Spitex noch Hilfsmittel. Der Rückgang der Gönnerbeiträge hat einen direkten Einfluss auf die Arbeit der Samariterinnen und Samariter, welche darauf angewiesen sind, mit guter und moderner Ausrüstung arbeiten zu können. «Ein Defibrillator alleine kostet 3’000 bis 4’000 Franken, für unsere Postendienste brauchen wir deren zwei», sagt Morger. Dazu kommen Trainingsgeräte für die Kurse, die der Verein anbietet, diese bewegen sich in einem ähnlichen Preissegment.

Freiwillig, aber professionell

Wenn der Samariterverein Höngg aufgeboten wird, zum Beispiel beim Martin Cup oder beim Zürihegel, aber auch zu grösseren Veranstaltungen wie der SOLA Stafette oder grossen Turnerfesten, rückt er mit allen Utensilien an, von der Bahre und Verbandszeug bis hin zu eben dem Defibrillator. Der Lagerraum ist entsprechend ausgerüstet und es herrscht penible Ordnung. In einem Gestell liegen Oberkörper aus Plastik, sogenannte Phantome. Zusätzlich findet sich eine ganze Kiste voller passender Gesichter. Damit werden an den Kursen die Herzmassage und die Beatmung geübt. Weitere Kisten und Taschen zeugen davon, wie viel Material nötig ist, um eine professionelle Erste Hilfe zu gewährleisten. Wobei die Samariter keine Berufsretter sind, etwas, das viele Leute gar nicht realisieren. «In der Stadt, wo die Spitäler so nahe sind, ruft man bei einem Notfall die Sanität an, die sind relativ schnell vor Ort, vielleicht sind die Samariter deshalb in der Öffentlichkeit nicht mehr so bekannt», vermutet Morger. Andernorts, wo die Ambulanz eine lange Anreise hat, kennt man sie noch und ist auch darauf angewiesen, dass jemand vor Ort ist, der wenigstens die ersten lebenserhaltenden Massnahmen ergreifen kann, ein sogenannter «First Responder». «Aber es wäre auch in der Stadt für jeden wichtig, Erste Hilfe leisten zu können», ist die Präsidentin überzeugt, zähle doch bei einem Herzstillstand oder einem Hirnschlag jede Sekunde. In diesen hektischen Situationen sei geübte Erstversorgung sehr wichtig. Alleine schon, um in einer hektischen Situation ruhig bleiben zu können und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

GABI ist tot!

Fast jeder hat in seinem Leben schon einmal einen Nothelferkurs absolviert, typischerweise im Zusammenhang mit der Autoprüfung. Doch wenn das schon Jahrzehnte zurückliegt, hat man möglicherweise ein etwas veraltetes Wissen. «GABI ist zum Beispiel gestorben», lacht Morger. Die letzte der vier Fragen lautete nämlich «Ist der Puls normal?». «Doch was tun, wenn der Puls nicht normal ist?», fragt sie. Zu Zeiten, als diese Eselsbrücke noch galt, durften und konnten Laien keine Herzmassage machen, heute fängt man sofort mit Herzdruck an, wenn die verunfallte Person nicht mehr atmet. Um sich bezüglich Erster Hilfe auf dem Laufenden zu halten, bietet der Samariterverein Höngg deshalb diverse Kurse an: Der klassischen «Nothelfer», aber auch Reanimationskurse und einen sogenannten «Nuggikurs», letzterer vermittelt Nothilfe bei Kleinkindern. Wer sich vertieft ausbilden lassen und selber auch als Samariter wirken möchte, wird Aktivmitglied beim Verein und kann so laufend sein Wissen verbessern und aktuell halten. Basis ist ein Grundkurs der IVR Stufe 1, ein Nothilfe- oder BLS-AED-Kurs. Anschliessend besteht die Möglichkeit neun zweistündige Übungen zu besuchen. Für ein Aktivmitglied, das keine Posteneinsätze macht, sind nur vier davon Pflicht. Wer Sanitätsdienst leisten möchte, durchläuft eine Ausbildung von total 35 Stunden und kann sich dann bei Anlässen etwas Taschengeld verdienen. «Wir schicken aber nie jemanden alleine an einen Anlass, und werfen auch die Neuen nicht einfach ins kalte Wasser», beruhigt Morger. «Wer erst kurz dabei ist, kann ein paar Mal mit den versierteren Samariterinnen mitlaufen, bevor es dann ernst gilt». Willkommen sind alle, die gerne mit Menschen arbeiten und ein Interesse für die Materie haben. «Wer ein Problem damit hat, Blut zu sehen, ist aber vielleicht nicht ganz am richtigen Ort bei uns». Dreimal im Jahr sind einige Vereinsmitglieder auch beim Blutspendeanlass im reformierten Kirchgemeindehaus im Einsatz wo sie die Equipe des Blutspendezentrums unterstützen.

Die Jubiläumsausstellung zu 125 Samariterverein Höngg läuft noch bis zum 22. September. Jeden Sonntag (ausser in den Schulferien) von 14 bis 16 Uhr im Ortsmuseum Höngg, Vogtsrain 2. Es ist jemand vom Verein vor Ort und gibt gerne Auskunft zur Ausstellung.

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