Zwei nicht ganz alltägliche Wasserfahrzeuge

Eine Taufe ist ein feierlicher Anlass. Auch wenn es sich bei den Täuflingen um Kanus handelt. Genauer – um Betonkanus. Am 4. Mai durfte der «Höngger» der offiziellen Namensgebung der von Studierenden der ETH entwickelten Wasserfahrzeuge auf dem Hönggerberg beiwohnen.

Zweimal Gold gewannen die Teams der ETH an der internationalen Regatta in Delft. (Fotos: dasch)
Und es schwimmt: das Kanu «FoldETH» hat den Wassertest bestanden.
Auch das zweite Kanu, «RecyclETH» wird erfolgreich zu Wasser gelassen…
… und anschliessend ganz vorsichtig wieder an Land gehoben. (Fotos: dasch)
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«Ein Kanu aus Beton? Wie kommt man auf so eine Idee? Schwimmt denn das überhaupt?» Mit solchen Fragen, so gestand Carolin Braun, die Präsidentin des Betonkanu Vereins, dem Publikum in ihren Begrüssungsworten, sei sie ständig konfrontiert, wenn sie Freundinnen und Bekannten versuche zu erklären, was sie denn so in ihrer Freizeit im Verein anstelle.

Und selbst unter den rund 70 Zuschauerinnen, die sich an diesem ausnahmsweise doch einmal sonnig-trockenen Abend Anfang Mai auf Einladung des Vereins auf dem Campus der ETH Hönggerberg eingefunden hatten, waren sich wohl nicht alle sicher, ob die zwei schmalen Boote, die da vor ihnen im Gras lagen, tatsächlich als schwimmbarer Untersatz taugten. Beste Gelegenheit für den Verein also, alle Zweifel aus dem Weg zu räumen.

Origami und Bettlaken – Technologie

Zu diesem Zweck präsentierten die Vertreterinnen des Vereins, der zur Hauptsache aus angehenden Bauingenieurinnen besteht, ihrem Publikum zwei unterschiedliche, von ihnen selbst gefertigte Prototypen. «Wir entwickeln jedes Jahr ein neues Kanu und verwenden dazu alljährlich eine neue Technik», erklärte Braun.

Das diesjährige Modell «RecyclETH» wurde aus einer Kombination aus Stoff und Beton angefertigt, anknüpfend an eine Bachelor-Arbeit vom letzten Jahr. Hierzu wurden ausschliesslich recycelte Materialien verwendet: Ausgediente Bettlaken und Spanngurte wurden in eine Mischung aus Abbruchzement aus dem Gebäuderückbau getunkt und anschliessend über ein herkömmliches Kanu gelegt, um sie in die richtige Form zu bringen.

Das zweite Modell, «FoldETH», sei eigentlich eine Kombination aus «Origami und Grafitti», erklärten dessen zwei Erbauer, die das Kanu im Rahmen einer Bachelorarbeit erstellt hatten. Ihr Ziel sei es gewesen, so wenig Material wie möglich zu verwenden. Dafür schnitten und falteten sie Papier in die Form eines Kanus und besprayten die Form anschliessend mit Sprühbeton.

Das Ziel der Kanubauten ist dabei nicht nur reiner Spass an Planung und Konstruktion, sondern dient vielmehr auch dem Zweck, mit neuen Materialien zu experimentieren – auch im Hinblick auf eine nachhaltigere Zukunft des Bauwesens. Denn aus den neu entwickelten Techniken und Vorgehensweisen könnten sich unter Umständen auch für das Bauwesen spannende Kombinationen ergeben.

Eine kurze Fahrt im ETH-Teich

Nach den einführenden Worten und der feierlichen Taufe der beiden Boote, zu der beide Teams jeweils einen Taufpaten eingeladen hatten, folgte der Höhepunkt des Abends: die Jungfernfahrt. Äusserst vorsichtig wurden die Kanus von ihren Teams zu Wasser gelassen. Anschliessend konnten die Boote in einer kurzen Runde und mit einer aus zwei Personen bestehenden Besatzung ihre Schwimmfähigkeit beweisen.

Beide bestanden den Test mit Bravour, wenn es auch ein wenig so wirkte, als stelle es für die Besatzung einen nicht ganz einfachen Balanceakt dar, sich und ihr Boot über Wasser zu halten. Schnell wurden die Boote wieder ans sichere Ufer gehoben und hier auf allfällige Schwachstellen überprüft. Und während sich das Publikum anschliessend am reichhaltigen Apérobuffet gütlich tat, machten sich die Teams bereits an die Planung und Vorbereitung der anstehenden Regatta, die in der darauffolgenden Woche in Delft stattfinden sollte.

Ein äusserst erfolgreiches Team

Denn an diesem Wettbewerb nimmt die ETH mit ihren originellen Bauten alljährlich teil. Dabei werden die Boote in verschiedenen Disziplinen bewertet: Wichtig ist nicht nur die Schnelligkeit, sondern auch die Kreativität und insbesondere die Nachhaltigkeit der Produktionsweise.

Die Studierenden des Vereins können dabei auf eine erfolgreiche Historie zurückblicken. Und tatsächlich konnten die beiden Kanus der ETH auch in diesem Jahr abräumen, wie der Verein dem «Höngger» anschliessend mitteilte: Während das Faltboot «FoldETH» mit seiner Schnelligkeit die Konkurrenz ausstach und hier die Goldmedaille errang, war es beim Bettlaken-Konstrukt «Recy-clETH» der Faktor Nachhaltigkeit, mit dem sich das Team besonders hervortat und ebenfalls eine Goldmedaille einheimste.

Den Sommer über haben die Vereinsmitglieder nun ein wenig Zeit, sich über ihre Siege zu freuen. Doch mit dem Start des neuen Semesters im Herbst wird es dann bereits wieder an die Planung des nächsten Kanus gehen.

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