Zuversicht und ein bisschen Wehmut

Seit kurzem hat die Limmat-Apotheke einen neuen Geschäftsführer, Dr. Moritz Jüttner. Derweil hat Christine Demierre ihr Pensum reduziert. In einem persönlichen Gespräch erzählen die beiden, wie es ihnen in den ersten Wochen ergangen ist.

Ein gutes Team: Dr. Moritz Jüttner und Christine Demierre

Gleich über dem Geschäft an der Limmattalstrasse 242 hat die Limmat-Apotheke ihren Pausenraum. Die ehemalige Geschäftsführerin Christine Demierre zieht im Vorbeigehen die Vorhänge auf. «Das ist noch völlig in mir drin», meint die elegant gekleidete Frau halb entschuldigend. Ihr neuer Chef, Dr. Moritz Jüttner, die Ruhe selbst, lächelt. Schnell entwickelt sich ein offenes Gespräch über die Herausforderungen des Ruhestands und die Zukunft der Apotheke.

Frau Demierre, Sie haben Ihr Pensum von 120 auf 40 Prozent reduziert. Wie geht es Ihnen damit?

Die Umstellung war schon schwierig. Gleich am zweiten Tag habe ich einen E-Learning Kurs zu einem medizinischen Thema gebucht und absolviert. Das hat mir so gut gefallen, dass ich gleich noch einen Kurs gemacht habe. Doch am meisten vermisse ich die Menschen, die ich in den letzten 35 Jahren so gut kennengelernt habe. Ich arbeite jetzt noch zwei Tage in der Woche und merke, ja, es gefällt mir immer noch.

Dr. Moritz Jüttner, wie waren diese ersten Wochen für Sie?

Das Apothekengeschäft kenne ich gut, neu ist aber die Unternehmensführung, die Verantwortung, die man gegenüber den Mitarbeitenden hat. Und im Kundenkontakt vertrete ich als Geschäftsführer das Unternehmen – die Beziehungen, die man über Jahre aufbaut, die sind einfach das Wichtigste.

Wie wurden Sie aufgenommen?

Jüttner: Bis jetzt habe ich noch nichts Schlechtes gehört (lacht). Im Gegenteil, die Leute waren sehr positiv, ich war überrascht, wie leicht man mit ihnen in Kontakt treten kann. Das Eröffnungsfest hat sicher geholfen, das Eis zu brechen.

Demierre: Solche Anlässe werden immer wichtiger. Es liegt wieder im Trend, dass man zusammenrückt. Vor 30 Jahren wollten alle in die Stadt zum Einkaufen und heute will man dort einkaufen, wo man lebt. Man hat wiederentdeckt, dass Nähe auch guttut.

Wenn einer der beiden spricht, hört der andere zu und nickt ab und zu zustimmend. Sie sprechen mehr miteinander als mit der Interviewerin. Die Atmosphäre ist entspannt, die beiden scheinen auf derselben Wellenlänge zu schwingen. Täuscht der Eindruck?

Jüttner: Nein, wir verstehen uns tatsächlich sehr gut. Ich denke, wir sind uns sehr ähnlich.

Demierre: Das glaube ich auch, und ich bin sehr glücklich mit Moritz als Nachfolger. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen uns. Der Offensichtlichste: Er ist ein Mann. Männer und Frauen machen Dinge anders. Meine Vorgängerin, die die Apotheke 1956 gegründet hat, war schon 30 Jahre hier, ich 35 – es war lange ein Frauenregiment. Vielleicht ist es gut, wenn zur Abwechslung ein Mann kommt. Und ich übe mich im Abtreten. Mit 64 ist die Zeit leider um. Ich stehe dazu, dass das nicht einfach ist. Aber es ist gut, wenn es einen Generationenwechsel gibt. Moritz führt die Apotheke in die Zukunft. Ich weiss, dass er das kann.

Jüttner: Ich konnte aber schon viel von dir lernen. Es ist ein Glück für uns beide, dass wir uns so gut verstehen. Dadurch verlief auch der Übergang reibungslos. Und du hast mir das Geschäft in einem sehr guten Zustand überlassen.

Demierre: Das war Ehrensache. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass jemand diese Verantwortung übernehmen will. Ich glaube, man muss so ein Geschäft vorantreiben, dem Zeitgeist anpassen, das braucht viel Energie und Visionen. Du kannst das Fundament übernehmen und die Apotheke an einen anderen Punkt führen.

Was wünschen Sie sich mit Blick auf die Zukunft?

Jüttner: Es ist gut gesagt mit dem Fundament. Vieles wird sich verändern. Apotheken wie die heutigen wird es in 30 Jahren wohl nicht mehr geben. Alleine das Internet ist ein riesiges Thema, das ich allerdings nicht als Bedrohung empfinde. Aber man muss mit der Zeit gehen und andere Dienstleistungen anbieten. Apotheken gibt es seit dem 13. Jahrhundert, sie werden auch noch eine Weile länger bestehen.

Demierre: In meinem nächsten Lebensabschnitt wird mein Leitbild wohl «Engagement» heissen. Ich brauche intellektuelle Anreize. Ich habe angefangen die Zeitung zu lesen und Radio zu hören, dazu fehlte mir früher schlicht die Zeit. Aber ich brauche ein Engagement ausserhalb der eigenen vier Wände. Mich für eine Herzensangelegenheit engagieren, vielleicht sogar politisch. Ausserdem möchte ich mich noch für unsere Lernenden einsetzen. Und was die Wehmut über meinen kommenden Abschied betrifft, versuche ich mir zu sagen, es sei wie eine Grippe: Niemand will sie, aber sie überfällt einen und man kann nichts dagegen tun, doch irgendwann geht sie vorbei.

 

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