Politik
Zürich baut an Lösungen in der Asylpolitik
Die Bilder von Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Elend aus Eritrea, Syrien oder anderswo auf der Welt fliehen, lassen niemanden von uns kalt. Einige von ihnen ersuchen wohl einst in Zürich-West um Asyl.
30. Juni 2015 — Eingesandter Artikel
In die Schweiz schaffen es nur die wenigsten: Sei es, weil sie nicht die nötigen Mittel haben, um bis nach Westeuropa zu gelangen, sei es, weil sie auf dem Weg dorthin ums Leben kommen. 2014 stellten knapp 24’000 Menschen ein Asylgesuch in der Schweiz. In den letzten Monaten konnte man immer wieder von einem Anstieg der Gesuche lesen, was angesichts der vielen anhaltenden Krisenherde in der Welt nicht überrascht. Die Zahlen lagen mit gegen 50’000 Asylgesuchen in der Zeit des Kosovo-Kriegs aber auch schon doppelt so hoch – eine Herausforderung also, die sich bewältigen lässt. Ohnehin fliehen die meisten Menschen bei einem Konflikt in die Nachbarländer: Alleine im Libanon leben über 1’000’000 syrische Flüchtlinge.
Botschaftsasyl und neues Asylverfahren
Die Schweiz hat ihre Asylpolitik in den letzten 15 Jahren immer wieder verschärft. Zuletzt wurde die Möglichkeit abgeschafft, in einer Schweizer Botschaft ein Asylgesuch zu stellen. Dabei könnte gerade dies für jene Menschen ein Weg sein, legal nach Europa zu gelangen und nicht in die Hände von Schleppern zu fallen. Die wiederkehrenden Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer sind ein tragischer Beweis dafür, wie nötig hier Veränderungen sind.
Gleichzeitig mit der Abschaffung des Botschaftsasyls suchte der Bund nach Lösungen, wie das Asylverfahren beschleunigt werden kann. Die ersten Erfahrungen mit dem neuen System lassen hoffen, dass dadurch tatsächlich faire und raschere Verfahren möglich sind. Es wären gute Nachrichten in einem Politikbereich, der selten für positive Schlagzeilen sorgt.
Solidarisches Zürich
Zentraler Bestandteil dieses neuen Systems sind die Bundesverfahrenszentren, wo die Asylsuchenden leben und in unmittelbarer Nähe das Verfahren durchgeführt wird. Den Gesuchstellern steht eine Rechtsvertretung zur Seite, die sie während dieser Zeit unterstützt. Mit dem Testzentrum Juch wurde das neue System nun während knapp zwei Jahren in Zürich getestet, im September endet der Testbetrieb. Die Unterkunft wird durch die Asylorganisation Zürich, kurz AOZ, betrieben, eine öffentlich-rechtliche Anstalt der Stadt Zürich.
Während sich also andere Gemeinden um ihre Verantwortung drücken oder gar zum «Protestgrillieren» gegen Asylzentren aufgerufen wird, arbeitet Zürich als Standortgemeinde des Testzentrums aktiv an Lösungen in der Migrationspolitik mit.
Das Zentrum Juch war von Beginn weg als Übergangslösung konzipiert und ist in einem ziemlich schlechten Zustand. Für den Regelbetrieb planen Bund, Stadt und Kanton Zürich deshalb ein neues Zentrum auf dem Duttweiler-Areal in Zürich West. Ich bin zuversichtlich, dass die Zürcher Stimmbevölkerung dem Bau zustimmen wird. Eine deutliche Mehrheit hat sich immer wieder gegen Abschottung und für eine offene Gesellschaft ausgesprochen. Denn Zürich ist eine Stadt, in der auch Flüchtlinge ihren Platz finden.
Michael Kraft, Gemeinderat und Co-Präsident SP10
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