Zeit, etwas zurückzugeben

Ende Februar habe ich mit der Inserateaquise für diese Ausgabe, die Sie in Händen halten, begonnen. Früher als sonst, denn es ist die Grossauflage. Zu diesem Zeitpunkt und bis Anfang März sahen die Zahlen eigentlich gar nicht schlecht aus – ich war auf Kurs.

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Die Grossauflage «Höngger/Wipkinger-Zeitung» ist rundum beliebt bei den Inserenten, da sie mit einer Anzeige eine breitere Leserschaft erreichen – 9500 Wipkinger-Haushalte sowie die Zeitungsbox für die Pendler auf der Nordbrücke in Wipkingen kommen so quartalsweise zur Höngger-Auflage hinzu. Das ist ja auch immer ein sehr gutes Verkaufsargument. Dann, am 5. März, das erste Veranstaltungsverbot für Anlässe mit mehr als 1000 Leute. Das traf uns vorerst, weil wir kurz zuvor eine Wettbewerbsausschreibung für die begehrten Giardina-Tickets publiziert hatten, ein «Deal», den ich jeweils mit der Messe Zürich einfädle und der bei unserer Leserschaft jährlich auf grossen Anklang stösst. Kein Wunder, denn die Giardina ist eine der aus meiner Sicht schönsten Messe überhaupt, ich darf mir gar nicht ausdenken, wie enttäuscht die Aussteller waren, sie, die jeweils vollstes Herzblut in die Gestaltung der Stände investieren. Vom finanziellen Aufwand mal ganz abgesehen. Und auch für die zahlreichen Wettbewerbsteilnehmer*innen tat es mir leid.

Danach ging es Schlag auf Schlag, das Veranstaltungsverbot trifft bis dato alle. Vereinsanlässe, GV-Versammlungen, Mittags- und Familientisch, Quartiermittagessen, GZ-Konzerte, Forum-Comedyabende und Senioren-Wanderungen, ETH Science-City-Anlässe und vor allem auch Kirchenveranstaltungen. Das und viele mehr sind alles Events, die im «Höngger» regelmässig inseriert werden und massgeblich zu unserem Umsatz beitragen. Das Telefon klingelt, die Mailbox füllt sich, ein Inserat nach dem anderen wird storniert. Meine Excel-Liste, um darin die Verluste festzuhalten, mache ich mittlerweile gar nicht mehr zu. Dann, am Montag, 16. März, der Lockdown. Der Bundesrat entscheidet die Schliessung aller Restaurants, Bars und weiterer Freizeit-Lokalitäten und aller Dienstleistungsbetriebe wie Coiffeursalons, Kosmetikinstitute sowie den Detailhandel, der nicht für die Grundversorgung massgebend ist. Mittlerweile bin ich die, die auf die Coiffeuse, die Fusspflegerin, den Schuhmacher oder die Boutiquebetreiberin zugeht und die Stornierung des Inserates vorschlägt. Ich bin nicht überrascht über das Verhalten all unserer sehr treuen Inserent*innen – niemand von ihnen hätte nämlich von sich aus storniert. Aber alle waren sehr dankbar und erleichtert. Und ich finde, es ist das Mindeste, was wir als Verlag für die Inserent*innen tun können. Es ist für alle eine schwierige Zeit. Und ich weiss, dass das Höngger Gewerbe und der Detailhandel immer kämpft und sein Bestes gibt. Deshalb appelliere ich auch an Sie, liebe Leser*innen, vergessen sie unser Gewerbe und den Detailhandel nicht, beide tragen dazu bei, dass Höngg lebendig bleibt und nicht zuletzt, dass es den «Höngger» gibt. Auch wenn jetzt Ausnahmezustand ist, irgendwann wird das Leben wieder hochgefahren, dann holen Sie die Ravioli oder die Brille, die Bluse, die Uhr, das Blumenbouquet, den Wein, das Aspirin, das Velo und das Buch im Dorf, essen hin und wieder die Pizza oder das Poulet im Chörbli im Restaurant, bringen die kaputten Pumps zum Schuhmacher und die verrissenen, aber immer noch geliebten Jeans zum Schneiderlein um die Ecke und lassen den Haarschnitt, die Gesichtstiefenreinigung, die Massage sowie das Lackieren der Fussnägel vis-à-vis machen. Auch den Dachdecker, den Gärtner, Elektriker, Bodenleger, Metallbauer, Maler und Schreiner haben wir im Dorf. Wir haben alles vor der Nase und die meisten haben ein Online-Angebot – jetzt erst recht – und oft mit Lieferservice, und die Handwerker dürfen – bis zu Redaktionsschluss – noch immer arbeiten. Lassen Sie deshalb die ganz grossen Players mal beiseite. Das Höngger Gewerbe braucht auch, oder gerade jetzt Ihre Unterstützung und wird es Ihnen von Herzen danken.

Ich wünsche Ihnen, unserem kleinen Höngg und der Welt alles Gute und vor allem gute Gesundheit.

Herzlichst
Eva Rempfler, Geschäftsführerin und Leiterin Inserateabteilung

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