Wo sich Kunst und Architektur begegnen

Das Haus an der Limmattalstrasse 124 ist bereits ein Jahrhundert alt. Jüngst wurde es entkernt und saniert sowie durch einen Anbau ergänzt. Die Fertigstellung wurde mit einer Ausstellung von Werken des Hauseigentümers Ernest B. Pflüger gefeiert.

Hinter ihm das Universum: Ernest B. Pflüger vor einem seiner Werke. (Foto: das)

Auf den ersten Blick hat sich beim Haus an der Limmattalstrasse 124 eigentlich nichts verändert. Die Fassade ist dieselbe, auch das Ladenlokal im Erdgeschoss präsentiert sich von aussen noch so, wie es das bereits seit Jahrzehnten tut. Doch im Inneren des Hauses und zur Gartenseite hin hat sich in den vergangenen zwei Jahren so einiges getan. Der Altbau aus dem Jahr 1924 wurde nicht nur kernsaniert und umgebaut, sondern auch um einen Anbau ergänzt.

Ausnutzungsziffer erhöhen

Geplant wurden Um- und Anbau durch das Architekturbüro Konstantin Architektur AG, deren Büroräumlichkeiten im Erdgeschoss des besagten Hauses zu finden sind. Das ist kein Zufall. «Als das Fernsehgeschäft Reding, das hier im Gebäude während Jahrzehnten sein Ladenlokal hatte, aus den Räumlichkeiten auszog, war ich gerade auf der Suche nach grösseren Räumen für mein Architekturbüro», erinnert sich Konstantin Propp, der Inhaber der Firma.

Kurz entschlossen fragte er beim Hauseigentümer Ernest B. Pflüger nach, ob bereits ein Nachmieter gefunden sei – und hatte Glück. Vor sechs Jahren konnte er mit seinem Team hier einziehen. Und als Fachmann kam er einfach nicht umhin, sich auch die «eigene» Immobilie genauer anzuschauen.

«Da erkannte ich, dass das Gebäude Verdichtungspotenzial besitzt. Der Garten war mehr oder weniger ungenutzt, die Ausnutzungsziffer liess noch eine Erweiterung zu», so Propp. Er präsentierte seine Überlegungen dem Hausbesitzer – und nur eine Woche später begannen sie mit der Planung.

Erhalt von Bausubstanz statt Abriss

Bauherr und Architekt entschlossen sich, die bestehende Bausubstanz zu erhalten und die Liegenschaft um einen Anbau zu erweitern. Wegen des hohen Alters des Gebäudes musste der Bau in punkto thermischer und akustischer Isolation aufwendig nachgerüstet werden.

Die Gasheizung wurde durch eine Erdsonden-Wärmepumpe ersetzt, eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach liefert Strom, der auch in der neu erstellten Tiefgarage für Elektroautos benutzt werden kann. Das alte Hausdach wurde durch ein neues ersetzt, das eine Terrasse aufweist.

Der Anbau hingegen wurde aus komplett anderen Materialien gefertigt als das «Muttergebäude». Die Tragestruktur, also Wände und Decken, besteht vollständig aus Holzelementen aus regionalem Holz. Dank der vorgefertigten Elemente konnte der Neubau innerhalb von 11 Tagen errichtet werden.

Gegenüber dem Hauptgebäude ist er leicht versetzt angeordnet, sodass auch im Neubau alle Wohnungen freie Sicht auf das Limmattal haben. Zudem weist er ein Stockwerk mehr als das Hauptgebäude auf, weswegen hier eine zusätzliche Wohnung erstellt werden konnte.

Das Erdgeschoss zwischen Alt- und Neubau ist durchgängig, die gesamten Räumlichkeiten werden vom Architekturbüro genutzt. Das alte Treppenhaus blieb erhalten, wurde aber durch einen Aufzug sowie  laubenartige Zugänge zu den neuen Wohnungen im Anbau ergänzt. Insgesamt weist das Gebäude nun vier Vierzimmer-, zwei Dreizimmer- sowie eine Zweizimmerwohnung auf, die per Anfang Januar bezugsbereit waren.

Künstliche Intelligenz trifft Ölpalette

Mitte Dezember wurde nicht nur die Fertigstellung des Gebäudes gefeiert, sondern gleichzeitig auch die Vernissage der neuen Kunstwerke des Hauseigentümers. Bei den grossformatigen Bildern handelt es sich um abstrakte Motive, genauer gesagt um Fotografien der Farbpaletten, die Pflüger zum Malen seiner früheren Ölbilder verwendet hat.

Diese Palette hat er bearbeitet, einen bestimmten Ausschnitt, der ihm besonders zusagte, fotografiert – und das Bild mittels künstlicher Intelligenz vergrössert. Die KI macht es möglich, kleinste Details um ein Vielfaches zu vergrössern, ohne dabei ungenaue oder verschwommene Bilder zu generieren. Berührungsängste hat Pflüger keine – der 80-Jährige hat vielmehr einen sehr pragmatischen Zugang zu der KI: «Sie ist für mich ein ganz normales Hilfsmittel, meine Kunst zu verwirklichen – ähnlich wie Terpentin oder Pinsel.»

Flexible Kunst mit Bezug zum Universum

Ungewöhnlich wie das Vorgehen ist auch das Material, das Pflüger für seine Kunstwerke verwendet: Es handelt sich um bedruckte LKW-Planen, was aus seiner Sicht gleich mehrere Vorteile aufweist: «Die Planen sind bereits in grossen Formaten vorhanden und lassen sich grossflächig bedrucken. Ausserdem sind sie für das Handling sehr angenehm: Sie brauchen keinen Rahmen, lassen sich einfach abnehmen und für den Transport zusammenrollen», erklärt Pflüger. Äusserst flexible Kunstwerke also.

«Universum» nennt Pflüger die 15 Bilder, die mittels dieser Technik entstanden sind. Ihre chaotische Entstehung und die zufällig wirkende Ästhetik, die dennoch determiniert ist durch die künstlerische Entscheidung, sieht er als stellvertretend für das Universum.

Ausstellung «Universum»

Limmattalstrasse 124
Die Ausstellung der Werke Pflügers in den Räumlichkeiten von Konstantin Architekten AG wird bis auf Weiteres fortgeführt, der Besuch ist zu Bürozeiten möglich. Um Anmeldung beim Künstler wird gebeten: 079 411 50 94.

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