Wir machen Höngger Zeitung

Mit dem Abschied von Verlagsleiter Fredy Haffner und Finanzchef Urs Kaufmann Ende letzten Jahres blieb Marketingleiterin Eva Rempfler alleine in der Geschäftsleitung. Im Mai ist Patricia Senn als Co-Geschäftsführerin an ihre Seite gerückt.

Die Geschäftsleitung des Hönggers: Eva Rempfler und Patricia Senn

Wer die Höngger Zeitung dieser Tage in den Händen hält, macht sich vielleicht keine Vorstellung davon, wie viel Geschichte in ihr steckt. Als sie 1926 zum ersten Mal erschien – unter dem Namen Korrespondenzblatt der Gemeinden Höngg und Oberengstringen – schrieb Drucker und Herausgeber Anton Moos auf die Front ein Schreiben an die Leserschaft «es (die Zeitung, Anm. der Redaktion) will Ihnen Freund werden». Die Zeitung kam damals nicht gratis, sondern für 3 Franken im Jahr in die Haushaltungen, die sie abonniert hatten. Anfangs stiess das Lokalblatt, wie es selber vom Herausgeber bezeichnet wurde, nicht nur auf Gegenliebe und musste sich ausserdem gegen zwei von der Gemeinde bestimmte obligatorische Publikationsorgane behaupten, die «Volkszeitung» und das «Volksrecht», zwei politische Haudegen. Die neue Zeitung wählte die Neutralität: Sie wollte von Beginn an keine religiöse oder politische Gesinnung repräsentieren. Mit der Eingemeindung 1934 wurde der Namen in «Der Höngger» umgewandelt und die Frakturschrift durch eine moderne Schrift ersetzt. Seine Reichweite schloss Affoltern, Weiningen, Ober- und Unterengstringen, Regensdorf, Watt und später auch Wipkingen ein. Lange war die Quartierzeitung gut mit Werbeanzeigen bestückt. Anfangs überwogen Kurzmeldungen, Fotos gab es lange keine, ganz zu schweigen von Farbdrucken. Beim Durchblättern der alten Jahresbücher lässt sich nachvollziehen, wie sich das Quartier, aber auch die Sprache, die Themen und das Layout stets weiterentwickelt haben. Irgendwann hiess die Zeitung schlicht «Höngger» und ab 2002 wurde das Logo in blauer Farbe gedruckt. Was jedoch immer betont wurde, war, dass dies keine gewöhnliche Zeitung sei, sondern ein Organ, das die Bevölkerung in Höngg verbinden sollte. Immer wurde die Besinnung auf das Lokale hochgehalten. Die Vereine und Veranstalter*innen sollten ebenso eingebunden werden wie das Gewerbe. Vielleicht war dies auch der Grund dafür, dass im 2003 auf Initiative von Ernst Cincera eine Stiftung gegründet werden konnte (siehe Interview mit der früheren Stiftungsratspräsidentin Franziska Lang-Schmid, die den Erhalt der Quartierzeitung als Zweck hatte und in der alle Akteure vertreten waren. In den vergangenen Jahren kamen einige Veränderungen wie der Wechsel zum Tabloid-Format, die Umbenennung in «Höngger Zeitung» und schliesslich die Änderung auf den Zwei-Wochen-Rhythmus hinzu. Letzteres eine nötige Massnahme, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Anachronistisch zu den Entwicklungen in der Medienlandschaft wurde 2016 die Grossauflage mit der Wipkinger Zeitung im Kehrdruck lanciert.

Keine pfannenfertigen Rezepte

Hinweise auf die Veränderungen in der Medienbranche finden sich schon früh. 2002 schrieb Louis Egli, Drucker, Redaktionsleiter und Herausgeber in einer Person, dass steigende Produktionskosten und Schwierigkeiten im Anzeigegeschäft nach anderen Lösungen verlangten. Fast zwei Jahrzehnte später haben auch Medienexpert*innen, die sich tagein, tagaus mit dem Thema auseinandersetzen, keine pfannenfertigen Rezepte zur Hand. Während die Tageszeitungen in Windeseile digitalisiert wurden und neue Einnahmequellen suchen mussten und weiterhin müssen, hinken die Lokalzeitungen meist noch etwas hinterher, auch weil nicht klar ist, ob «online» für eine lokale Reichweite funktioniert. Vergleiche mit Deutschland sind schwierig, weil die dortige Regionalpresse mehrere 100’000 Leser*innen bedient, nicht nur ein paar Tausend. Die Redaktionen sind von der Grösse her mit den Schweizer Tagesmedien vergleichbar, während die hiesigen letzten unabhängigen Lokalzeitungen teilweise aus sehr kleinen Teams bestehen. Will man im Internet nicht auf den hintersten Rängen landen, muss die Webseite regelmässig gefüttert werden – eine Wochenzeitung sieht sich plötzlich dem Druck gegenüber, fast täglich neue Artikel online zu stellen, etwas, das sie wiederum ressourcenmässig an ihre Grenzen bringen kann. Man muss sich fragen, welche Zielgruppe man bedienen will und kann. Anders als der Begriff «unabhängige Zeitung» suggeriert, ist kein Medium wirklich unabhängig. Sie ist auf – mindestens – drei Dinge angewiesen: Die Leserschaft, die Veranstalter*innen im Quartier und die Inserent*innen. Nur wenn eine Zeitung gelesen wird, wird darin auch Werbung geschalten. Und nur wenn ein Quartier lebendig ist, kann eine spannende Zeitung entstehen, die wiederum gelesen wird.

In diesem sich ständig wandelnden Spannungsfeld, ein Traditionsgut wie die Höngger Zeitung am Leben zu erhalten, ist eine herausfordernde, aber auch spannende Aufgabe. Der Rückhalt im Quartier ist weiterhin gross, auch wenn es sich demografisch sehr verändert hat. Eva Rempfler, die bereits acht Jahre neben Fredy Haffner und Urs Kaufmann in der Geschäftsleitung tätig war, und Patricia Senn, seit 2016 im Team, werden sich auch weiterhin mit viel Herzblut für Höngg und den «Höngger» einsetzen.

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