Wipkingen wehrt sich für bessere Bahnanschlüsse

Mit der Eröffnung der Durchmesserlinie letztes Wochenende geriet der auch für Höngg wichtige Bahnhof Wipkingen aufs Abstellgleis: Zwei Drittel aller Verbindungen wurden aus dem Fahrplan gekippt. Wipkingen will das so nicht hinnehmen.

Nur anhaltende Züge wurden "bejubelt".

Dem Aufruf zum Protest diesen Montagmorgen um 6.50 Uhr am Bahnhof Wipkingen waren gegen 100 Personen gefolgt. Unter ihnen viele Politikerinnen und Politiker sowie zahlreiche Personen aus Höngg, denn auch sie sind – was vielleicht in Höngg noch zu wenig realisiert wurde – vom Angebotsabbau betroffen. Vor dem Bahnhofreisebüro Wipkingen wurden Transparente, Trillerpfeifen und weisse Taschentücher verteilt und kurz darauf wurde den vorbeibrausenden Zügen nachgepfiffen und -gewunken, die anhaltenden dagegen wurden mit Jubel begrüsst. Der eine oder andere Zugführer grüsste mit einem Pfiff aus dem Signalhorn. Die Stimmung, begleitet von Johnny Cash und Mani Matter aus den Lautsprechern, war aufgeräumt und kämpferisch zugleich. Es scheint wirklich paradox: Da steht man am Bahnhof und sieht durch den Tunnel direkt nach Oerlikon, gelangt aber nur noch alle 30 Minuten auch in vier Minuten dorthin. Mani Matters Lied «vo dä Bahnhöf wo de Zug gäng scho abgfahre isch oder nonig isch choooo…» scheint in Wipkingen im Vergleich zur Situation, wie sie noch letzte Woche mit dem Viertelstundentakt bestand, eine gewisse Realität  bekommen zu haben. Aus Sicht des ZVV ist es fahrplantechnisch jedoch nicht möglich, wieder einen Viertelstundentakt anzubieten. Der ZVV verweist auf die überall starke Belastung des Schienennetzes. Es sei nicht einfach, irgendwo zusätzliche Verbindungen oder Zwischenhalte einzuschalten.

Besserer Anschluss erst 2030

Erst per 2030 steht die Ankündigung im Raum, dass mehr S-Bahnen verkehren könnten. Angesichts dessen, dass der Bahnhof Wipkingen mit bis anhin täglich 5500 Passagieren zu den 40 wichtigsten Bahnhöfen des Kantons zählt, findet SP-Gemeinderätin Simone Bran­der den Abbau drastisch.  Sie und alle andern Engagierten wollen aber nicht bis 2030 warten, sondern vorher für einen besseren Anschluss kämpfen.
Vertreter des Vereins Pro Bahn Schweiz und des Quartiervereins Wipkingen (QVW) widersprechen dem ZVV und den SBB: Optimierungen seien durchaus möglich.
Für eine entsprechende Petition sammelt der QVW seit geraumer Zeit Unterschriften. Beni Weder, Präsident des QVW, freut sich: «6000 Unterschriften sind bereits zusammen. Aus dem ganzen Kanton kamen ausgefüllte Bögen, denn nicht nur für uns hier, sondern auch für viele Pendler ist der Bahnhof Wipkingen ein wichtiger Umsteigeort. Wir fordern von der Stadt Zürich, dass sie sich nicht nur um Tram und Bus kümmert, sondern auch um die wertvollen Stadtbahnhöfe.» Auch AL-Kantonsrätin und QVW-Vorstandsmitglied Judith Stofer will hartnäckig bleiben und weiter kämpfen. «Die Stimmung heute Morgen», sagt sie noch am Bahnhof, «ist trotz des traurigen Anlasses sehr gut und das macht doch Hoffnung, dass sich noch vor 2030 etwas bewegen könnte.»
Nicht zu überhören sind in Wipkingen jene Stimmen, die hinter dem Abbau eine Retourkutsche für den Widerstand in den späten 1990er-Jahren aus dem Quartier gegen den Ausbau des Aussersihler Viaduktes vermuten. Dabei gehe allerdings vergessen, sagen sie, dass gerade der nicht realisierte Viadukt­ausbau letztendlich zum Bau der nun gefeierten  Durchmesserlinie geführt habe – welche Wipkingen nun schlechtere Verbindungen beschert.  

Die Unterschriftensammlung läuft noch wenige Tage weiter, Petitionsbögen stehen auf der Homepage des Quartiervereins Wipkingen zum Herunterladen bereit: www.wipkingen.net.