Winter(mücke) ade

Der viele Schnee im Wald strahlte blendend weiss. Und da flog plötzlich ein kleines schwarzes Insekt umher. War das eine «mouche volante»? So nennt man die «Mücken», welche von winzigen, altersbedingten Glaskörpertrübungen unserer Augen herrühren und durch unser Blickfeld flitzen.

Sonnenbad im Schnee

Wenn wir jetzt nach draussen schauen, ergreifen uns Frühlingsgefühle. Wir haben schon fast vergessen, dass vor knapp einem Monat so viel Schnee in Höngg lag, wie seit Jahren nicht mehr. Einzig die vielen abgebrochenen Äste und niedergedrückten Bäume erinnern an die weisse Last. Und eben, da waren diese schwarzen Mücken, besonders gut zu erkennen vor dem schneeweissen Hintergrund. Im Gegensatz zu den durch meine Augen erzeugten «mouches volantes», huschten diese Mücken nicht nur durch mein Blickfeld, sondern sie landeten auch gezielt auf dem Schnee. Nur, was waren denn das für Insekten, die mitten im Winter bei knapp über null Grad aktiv sein konnten? Wintermücken eben. Sie verfügen über ein eigenes Frostschutzmittel. Glycerin-ähnliche Substanzen in ihrer Körperflüssigkeit erniedrigen den Gefrierpunkt in den Zellen. Dadurch können keine Eiskristalle entstehen, welche die Zellen beschädigen würden. Zudem nehmen diese Mücken dank ihrer dunkelgrauen Färbung und schwarzen Flügeladern selbst die geringste Strahlungswärme der Sonne auf. Auch wenn sie mit ihren langen Beinen auf den ersten Blick einer Stechmücke ähnlichsehen, stechen können Wintermücken mit ihren zurückgebildeten Mundwerkzeugen nicht. Wovon sie sich ernähren ist unklar. Einige vermuten, dass sie Pflanzensäfte zu sich nehmen, andere denken, dass sie nur noch Wasser trinken, da sie sich als Larven genügend Reserven angefressen haben. So oder so leben die fliegenden Tiere bloss etwa zwei bis drei Wochen. In dieser Zeit, also mitten im Winter, müssen sie sich paaren und Eier legen. Die Mückenmännchen bilden tanzende Schwärme, mehr ist über ihr Paarungsverhalten nicht bekannt. Weshalb man über die Wintermücken so wenig weiss, könnte daran liegen, dass Insektenforscher*innen im Winter lieber in der warmen Stube ihre Daten der insektenreichen Jahreszeiten auswerten, statt draussen in der Kälte den wenigen frostresistenten Insektenarten nachzustellen. Wie dem auch sei: Die Larven der Wintermücken schlüpfen jetzt dann aus den Eiern, leben unauffällig unter Blattstreu im Boden und ernähren sich von zerfallenen Pflanzenresten. Sie verpuppen sich im Spätherbst und werden ab dem frühen Winter als Fluginsekten unterwegs sein. Bis diese harmlosen Wintermücken wieder losfliegen, geniessen wir aber zuerst die wärmeren Jahreszeiten – obwohl es unter den Mücken, die jetzt dann aktiv sind, auch Stechmücken gibt.

 

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