Wintergäste aus dem Norden

Zurzeit ist ein Trupp von rund 40 Wacholderdrosseln auf dem Hönggerberg unterwegs. Kaum versammeln sie sich auf einem Baum, fliegen sie schon wieder los, um gezielt in einem Gebüsch mit reifen Beeren zu landen.

Welches wohl die reifste Beere ist?
Nach dem Beerenschmaus gibt’s einen Schluck Wasser.
Der Wacholdertrupp versammelt sich in einem Baum
Auch Amseln lieben Stechpalmenbeeren.
1/4

Der Höngger Wacholdertrupp ist sehr scheu. Ein vorbeispazierender Mensch genügt, um sie auffliegen zu lassen. Wahrscheinlich kommen sie aus einem nicht sehr dicht besiedelten Gebiet, vielleicht aus Skandinavien, um hier zu überwintern. Als Kurzstreckenzieher fliegen diese Singvögel vom Brut- ins Überwinterungsgebiet in der Regel nicht weiter als maximal 2000 Kilometer. Ursprünglich brüteten Wacholderdrosseln nur in den sibirischen Nadelwäldern. Nach mehreren Ausbreitungsschüben erreichten ihre Brutgebiete 1923 dann auch die Schweiz. Die meisten der hier brütenden Wacholderdrosseln sind jetzt jedoch in Südeuropa, da wo einige von uns, nichts wie weg von der Kälte, auch lieber wären. Doch in den Mittelmeerländern leben sie sehr gefährlich. Noch heute werden dort jährlich über 25 Millionen Vögel – fast die Hälfte davon in EU-Staaten – illegal abgeschossen oder gefangen, zum Freizeitvergnügen oder zum Verzehr. Das Fleisch der Wacholderdrosseln soll bitterlich schmecken, weil sie – wie ihr Name verrät – gerne Wacholderbeeren fressen. Diese sind in Höngg allerdings nicht häufig, doch es stehen allerlei andere Beeren und Früchte zur Verfügung. In meinem Garten stürzen sie sich derzeit auf die Beeren des Vogelbeerbaums, des Schneeballs, aufs Efeu, Stechpalmen und auf Hagebutten. Die meisten Beeren verschlucken sie ganz und zerquetschen sie dann in ihrem Muskelmagen, der auf der Innenseite mit einer harten Koilinschicht ausgekleidet ist. Während Beeren und Früchte vorwiegend im Winter auf ihrem Speiseplan stehen, ernähren sie sich im Sommer eher von Regenwürmern, Insekten und Schnecken, auch Gehäuseschnecken. Um an deren weiche Innenteile zu gelangen, öffnen sie die Schneckenhäuschen, indem sie diese an einem Stein auf dem Boden aufschlagen. Ein geeigneter Stein wird mehrmals benutzt, wovon dann die vielen herumliegenden Bruchstücke von Schneckenhäusern zeugen. Oft stammen solche Drosselschmieden aber von Singdrosseln, die ebenfalls in Höngg vorkommen. Diese sind, wie die dritte Höngger Drosselart, die Misteldrossel, eher unspektakulär braun gefärbt und gesprenkelt. Da erscheint einen die Wacholderdrossel – Männchen wie Weibchen – mit ockerfarbener, gefleckter Brust, grauem Kopf und Nacken, rötlichbraunen Oberflügeldecken und gelbem Schnabel mit dunkler Spitze geradezu bunt. Nur, so hübsch sie auch sind, so garstig verteidigen Wacholderdrosseln ihr Brutrevier. Ihre Nester bauen sie in Bäumen und hohen Sträuchern und dies, als einzige Drosselart, auch gerne in Kolonien. Nähern sich nun Krähen oder Greifvögel, werden diese von den Drosseltrupps mit lauten Rufen gewarnt und mit Scheinangriffen im Sturzflug vertrieben. Wenn dies alles nichts nützt, bombardieren sie als Fluggeschwader den Eindringling mit Kot. Dieser verklebt dessen Gefieder und kann seine Flugfähigkeit stark beeinträchtigen. Tja, wer nach dem Drosselnachwuchs trachtet, dem geht es echt be…

0 Kommentare


Themen entdecken