Wie macht Laotse das nur?

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, dass wir einfach nie genug kriegen können.

Dagmar Schräder bringt ihre Gedanken aufs Papier. (Foto: dad)

Ich glaube, ich habe im Moment eine trivialphilosphische Lebensphase. Denn irgendwie bin ich gerade ziemlich empfänglich für all die sinnigen Lebensweisheiten, die mein schlauer Tischkalender mir präsentiert. Wie der Satz, der mich diese Woche jeden Morgen begrüsst: «Wenn du erkennst, dass es dir an nichts fehlt, gehört dir die ganze Welt». Laotse soll’s gewesen sein, dem das eingefallen ist. Das kann ich einfach nicht unkommentiert stehen lassen.

Denn mir fällt immer wieder auf, wie schwierig es ist, einfach nur zufrieden zu sein. Eigentlich geht’s mir wunderbar, ich habe gesunde Kinder, ein Dach über dem Kopf, einen Job, der mir Spass macht, viele Hobbys, die mich erfüllen, und auch ein paar gute Freunde. Klar, Probleme und Problemchen gibt’s immer, aber das gehört ja wohl dazu.

Und trotzdem, trotz all dem Überfluss und Luxus, laufe ich nicht immerzu singend und tanzend durch die Welt und erfreue mich meines Glücks. Gut, das mit dem Singen und Tanzen ist jetzt nicht so tragisch, das stellt für die Welt keinen wirklich grossen Verlust dar, wenn ich es unterlasse. 

Aber trotzdem: Ich bin zwar zufrieden mit meinem Leben, aber ich habe eigentlich permanent irgendwelche Vorstellungen und Ideen, wie ich mich selbst und das Leben als solches noch optimieren könnte. Ständig gibt es etwas, das mir zu meinem vermeintlichen Glück noch fehlt. Und das sind in meinem Fall nicht mal unbedingt Konsumgüter. Dagegen bin ich ziemlich immun, das darf ich, glaub ich, getrost von mir behaupten. Konsumrausch und Shoppingsucht sind keine Krankheiten, die mich betreffen.

Aber ich bin dennoch stets auf der Suche. Ich möchte noch dieses oder jenes tun, hierhin oder dorthin reisen, neue Projekte aufgleisen, mehr Sport machen, neue Sprachen lernen undsoweiterundsofort. Und sobald ich das eine Ziel erreicht habe, strebe ich schon wieder nach dem nächsten. Weil der Glücksmoment, den das Erreichen eines Ziels auslöst, meist gar nicht so lange anhält wie zuvor gedacht.  Die «hedonistische Tretmühle», wird das bei Psychologen genannt. Immer in die Zukunft gerichtet. Nie so wirklich im Moment. Ist doch eigentlich krass. Und auch ein wenig bescheuert.

Aber ich glaube, so wie mir geht es den meisten Menschen. Warum bloss? Was ist das für ein Mechanismus, der uns antreibt, uns immerfort weiterzuentwickeln? Klar, ohne diese umtriebige Energie hätten wir bestimmt keine iPhones und künstliche Intelligenz und Staubsaugerroboter. 

Aber könnten wir nicht auch ohne glücklich sein? Und wo sind die Grenzen? Oder anders gefragt: Wie kann ich dieses Streben bei mir selber abstellen? Wie hat das Laotse geschafft? Muss glaub mal anfangen zu meditieren.

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