Werdinsel: Zwei Themen mit unklarer Zukunft

Zum ersten Mal in diesem Jahr trafen sich Vertreter der SiSa-Gruppe, welche sich über Sicherheit und Sauberkeit auf der Werdinsel und ihrer engsten Umgebung austauscht. Dabei ging es um die Zukunft des demontierten «Limmatsprützers» und nicht zum ersten Mal um die FKK-Szene am Spitz der Werdinsel.

Der «Limmatsprützer» verdient schon seit drei Jahren seinen Namen nicht mehr.

Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Herkunft, darunter von Grün Stadt Zürich, Stadtpolizei Zürich, Soziale Dienste, Dienstabteilung Verkehr, ERZ Entsorgung + Recycling Zürich, sip züri, Interessengemeinschaft Winzerhalde und Checkpoint, trafen sich am Montag, 31. März, zur ersten Sitzung des Jahres. Diese ist meistens von allgemeinen Informationen geprägt, denn wirklich zu reden gibt die Werdinsel erst, wenn die Saison dort eröffnet ist – was dank des milden Frühlings derzeit jedoch im Gang ist.

Hat der «Limmatsprützer» eine Zukunft?

Jacqueline Faisst von der Interessengemeinschaft Winzerhalde brachte die Frage auf, was den eigentlich mit dem «Limmatsprützer», dem bunten Wahrzeichen der Werdinsel, los sei. Zur Erinnerung: Im Auftrag der Wasserversorgung Zürich gestaltete Architekt Ruedi Müller 1983 das grosse Windrad, aus dessen Sockel bei genügend aufgebautem Druck eine Wasserfontäne über  die Limmat beim Höngger Wehr spritzt – daher der Name. Seit Beginn wurde er regelmässig gewartet, mehrmals revidiert und 1995, 2003 sowie 2005 umfassend instand gestellt. Doch offenbar blieb er ein Sorgenkind, denn bereits am 16. Februar 2011 wurde das Kunstwerk wieder ausser Betrieb genommen. Seither ragt einsam wie ein sinnloses Ausrufezeichen nur noch der Mast in den Himmel. Im März 2013 gab die Wasserversorgung auf eine «Warum/Darum»-Frage des «Hönggers» zur Auskunft, es seien erhebliche Schäden an den Befestigungen und im Getriebe festgestellt worden, welche den «Limmatsprützer» nicht nur funktionsuntüchtig, sondern auch zu einem erheblichen Sicherheitsrisiko gemacht hätten. Befürchtet wurde ein mögliches Herabstürzen des Windrades, da die mechanischen Bauteile völlig überlastet seien und stärkeren Windbelastungen nicht standhalten würden. Man sei aber in Kontakt mit einem Hersteller von Windkraftanlagen, hiess es vor einem Jahr, und: «Sollte diese raffinierte, aber störungsanfällige Konstruktion überhaupt noch revidiert und sicherheitstechnisch nachgerüstet werden können, wird dies mit erheblichen Kosten verbunden sein.» Folglich konnte damals auch kein Zeitpunkt für eine Wiederinbetriebnahme genannt werde. Was heute nicht anders ist, wie SiSa-Sitzungsleiter Thomas Stüssi bekannt geben musste.

Horrende Kosten und grosse Fragezeichen

Die Nachfrage durch den «Höngger» bei Hans Gonella von der Wasserversorgung der Stadt Zürich ergab dann, dass die Firma, welche den «Limmatsprützer» seinerzeit gebaut hatte, für eine weitere Unterstützung nicht mehr zur Verfügung steht, da sie diesen Geschäftsbereich aufgegeben hat. «Eine auf Windkraftanlagen spezialisierte Firma hat den ‹Limmatsprützer› begutachtet und schätzt eine Inbetriebnahme unter Beachtung der heute geltenden Vorschriften auf mindestens 250000 Franken, falls dies unter Beibehaltung der bestehenden Konstruktion und Gestaltung überhaupt noch möglich ist», konkretisiert Gonella.
Nur schon eine detaillierte Expertise koste gemäss Offerte 250000 Franken. Nach eingehenden Überlegungen und angesichts der hohen Ungewissheit sowie der hohen Instandsetzungs- und nachfolgenden Betriebskosten sehe sich die Wasserversorgung deshalb nicht in der Lage, die Expertise in Auftrag zu geben. «Mit dem Künstler besteht derzeit kein Kontakt. Es gibt auch keine neuen Erkenntnisse, die es zu besprechen gäbe. Die Wasserversorgung bedauert es sehr, dass sich aktuell keine andere Lösung abzeichnet», schliesst Gonella.

Was ist  erlaubt und was nicht?

Das zweite Thema war, nicht zum ersten Mal, die Nudistenszene im unteren Teil der Werdinsel, auch kurz «Spitz» genannt, allerdings ursprünglich wegen seiner Form und nicht des dortigen Treibens. Die seit Jahrzehnten geduldete FKK-Zone rückt immer wieder in den Fokus der anderen Werdinselbesucher. Zumal wenn dort nicht nur nackt gebadet wird, sondern sich der Ort zu einem Treffpunkt für homosexuelle Männer entwickelt, die es nicht beim blossen FKK belassen. Weil es seit Anfang März schönstes Frühlingwetter ist, haben sich bei der Polizei die Beschwerden wieder gehäuft, Anzeigen wurden jedoch keine erstattet.

Wie ist die Rechtslage?

Der «Höngger» hat sich bei der Stadt nach der Rechtsgrundlage erkundigt. Die Anfrage landete über Umwegen bei Marco Bisa vom Mediendienst der Stadtpolizei Zürich. In seiner Antwort hält er fest, dass im Gesetz nirgendwo festgehalten sei, dass man nicht nackt sein dürfe: «Sobald sich aber jemand gestört fühlt, kann diese Person Anzeige erstatten. Geschieht das Nacktsein aus sexuellen Motiven heraus, dann kommen allenfalls auch die Tatbestände ‹Exhibitionismus› oder ‹sexuelle Belästigung› zum Zug».
Grundsätzlich, so Bisa weiter, sei auch der Geschlechtsverkehr im Freien nicht strafbar. Auch hier gilt: Wer sich durch die sexuellen Handlungen gestört fühlt, kann Anzeige erstatten: «Das Antragsdelikt ‹Sexuelle Belästigung› ist eine Übertretung und wird zuhanden des Stadtrichteramtes rapportiert, was eine Busse zur Folge hat.» Einzig wenn die durch den Sexual-Akt gestörte Person noch ein Kind ist, also unter 16 Jahren, handelt sich um den Tatbestand «Sexuelle Handlungen mit Kindern» − dies ist ein Offizialdelikt und muss als solches von Amts wegen, also auch ohne Anzeige, verfolgt werden.
Die Stadtpolizei Zürich hat angekündigt, nun vermehrt Präsenz auf der Werdinsel zu markieren. Checkpoint Zürich, die Anlaufstelle für Homosexuelle Männer, wird mit einer Flyeraktion aktiv, um die verschiedenen Benutzer in der FKK-Zone zu sensibilisieren und auf den Nutzungskonflikt aufmerksam zu machen.

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