Wer räumt die Brocken aus dem Weg?

An der diesjährigen Generalversammlung des Vereins Handel und Gewerbe Höngg war die Vergangenheit schnell abgehandelt. Was für Gesprächsstoff sorgte, war die Zukunft.

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Keine dreissig Minuten benötigte der Vorstand des Vereins Handel und Gewerbe Höngg (HGH) an der Generalversammlung Ende Oktober, um die üblichen Traktanden von der Abnahme des Protokolls über die Genehmigung der Jahresrechnung bis zur jährlichen Wahl des Revisors abzuarbeiten. Der Grund liegt auf der Hand: Auch in diesem Jahr konnten bis auf einen Apéro im Herbst keine Anlässe durchgeführt werden. Entsprechend schnell kam Präsident Daniel Wegmann auf das Thema zu sprechen, das bereits den ganzen Abend im Raum gestanden war: Die Zukunft des HGH.

«Die Lage ist ernst», begann Daniel Wegmann. Es ist schon länger bekannt, dass von den aktuell sechs Vorstandsmitgliedern fünf im kommenden Jahr zurücktreten werden. Clemens Aschwanden und Maja Schaub haben sich schon viele Jahre für den Verein engagiert und treten amtsaltersmässig zurück. Präsident und Vizepräsident Daniel Wegmann und Urs Kropf hatten bereits bei ihrem Antritt 2016 angekündigt, dass sie diese Ämter nicht in alle Ewigkeit führen würden. Auch Nicolas F. Blangey tritt im kommenden Jahr zurück. Einzig im Vorstand verbleiben würde Ilaria Previte, welche sich auch weiterhin als Kassiererin zur Verfügung stellt. Schon als Daniela Züst 2019 ihr Amt als Aktuarin aufgab, gelang es nicht, eine Nachfolge für sie zu finden.  Entsprechend besorgt zeigten sich alle Anwesenden um die weitere Existenz des Vereins.

Fusion oder Auflösung?

«Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt», fuhr Wegmann weiter. Einerseits könnte man die bislang geltende Mindestverpflichtung von drei Jahren aufheben. Wenn es einer Person im Vorstand gefalle, bliebe sie auch ohne Verpflichtung länger, ist Wegmann überzeugt. Wenn sie aber unsicher sei, ob sie sich überhaupt engagieren will, seien diese drei Jahre sicherlich ein Hinderungsgrund sich zur Verfügung zu stellen. «Die Aufhebung der Mindestverpflichtung könnte ein Weg sein, neue Personen für die Vorstandsarbeit zu finden.»

Ein zweites Szenario wäre, dass der HGH einen Partnerverein sucht. Dazu gibt es bereits Beispiele, die gut zu funktionieren scheinen, wie in Zürich Nord, wo sich die Gewerbevereine von Oerlikon, Affoltern, Schwamendingen und Seebach zum «Wirtschaftsraum Zürich-Nord» zusammengeschlossen haben. Innerhalb des HGH-Vorstands und auch unter den Mitgliedern gehen die Meinungen zu dieser Idee auseinander. Manche befürchten, dass das Zugehörigkeits- oder Identitätsgefühl im Verein verlorengeht. Ausserdem bliebe das Problem der fehlenden Vorstandsmitglieder bestehen.

Aufruf an die Abwesenden

Die dritte und letzte Variante schliesslich wäre die Auflösung des Vereins. «Wir haben das lange und schweren Herzens diskutiert», sagte Wegmann. Man müsse der Realität in die Augen sehen: Der Grossteil der HGH-Mitglieder kommt zwar gerne an organisierte Anlässe, hat aber kein Interesse, wenn es darum geht, selber einen solchen auf die Beine zu stellen. «Wenn es darum geht, freiwillige Helfer*innen zu finden, melden sich – wie so oft in Vereinen – immer dieselben zehn bis zwanzig Personen». Dabei gehe es nicht einmal in erster Linie um den Aufwand, den man habe, sondern um das fehlende Feedback und Interesse einer grossen Mehrheit der Mitglieder, ergänzte Maja Schaub. Der Frust lässt leicht nachzuvollziehen. Wegmann appellierte nochmals an die Anwesenden, in sich zu gehen und ehrlich zu beurteilen, was der HGH ihnen Wert sei und ob es ihn wirklich brauche. Ein Aufruf, der aber vor allem an die Abwesenden gerichtet werden sollte. Bis Ende Januar können sich Interessierte melden. Dann will der Vorstand entscheiden, welches Szenario umgesetzt werden soll. Im Mai stehen die Erneuerungswahlen an.

Vom Kutscher und seinem Wagen

Danach war die Diskussion eröffnet. Als erstes ergriff Hermann Aebi, Gründer des Vereins Handel und Gewerbe und langjähriger Präsident, das Wort. In seiner flammenden Rede verglich er den Verein sehr bildhaft mit einer Kutsche, gezogen von starken Pferden – dem Vorstand – gelenkt vom Kutscher, in diesem Fall den beiden Präsidenten. Im Wagen sitzen die Vereinsmitglieder, die mithelfen, die Steine aus dem Weg zu räumen, die vor den Wagen geworfen würden. «Diese Brocken kann man nur in der Gruppe aus dem Weg schaffen, allein geht das nicht», mahnt Aebi. In einer idealen Welt würden alle Vereinsmitglieder mit anpacken, in der Realität sehe es etwas anders aus. «Bitte geht in Euch und überlegt, ob Ihr Euch nicht im Vorstand engagieren wollt, ich selbst kann es nicht mehr machen», bat der lebhafte Senior mit Nachdruck.

Präsident Wegmann schloss mit einem Appell. «Als ich den Jahresbericht nochmals durchgelesen habe, fiel mir auf, wie sehr er die Pandemie widerspiegelt», sagte er. In vielen Aspekten des Lebens sei die Lockerheit etwas verflogen. «Mein persönliches Anliegen, und die Bitte an jeden einzelnen und jede einzelne ist, dass wir versuchen, trotz der widrigen Umstände, die Leichtigkeit wieder mehr zu leben, und gegen aussen zu tragen.» Darauf konnte im Anschluss nochmals angestossen werden.

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