Wein – eine Herzensangelegenheit

Wer dem Wein zugetan ist, findet an der Neuheiten-Degustation bei Zweifel 1898, die jeweils im Januar stattfindet, sein Mekka. Auch dieses Jahr gab es einiges zu entdecken.

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An der Neuheiten-Degustation bei Zweifel 1898 gab es viel zu entdecken.
Die Italiener sind im Laden angesiedelt.
Impressionen von der Neuheiten-Degustation bei Zweifel 1898.
Impressionen von der Neuheiten-Degustation bei Zweifel 1898.
Impressionen von der Neuheiten-Degustation bei Zweifel 1898.
Am Stand der Chilenen gab es ganz besondere Weine zu probieren.
Urs Zweifel in seinem Element.
Urs Zweifel in seinem Element.
Ahnenbaum im Treppenhaus auf dem Weg zum neuen Museum.
Im Museum im oberen Stockwerk erfährt man alles über die Geschichte der Familie Zweifel.
Gute Stimmung auch beim Personal.
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Man frage einen Winzer nie nach seinem Lieblingswein. Walter Zweifel greift nach der Neuheiten Broschüre und fängt an anzukreuzen. «Die neuen Weine aus der Toskana und aus Sardinien, die sind schräg, und damit meine ich: spannend», sagt er. «Auch die beiden spanischen Winzer musst du unbedingt probieren». Portugal, Geheimtipp des letzten Jahres, sei weiterhin stark. «Aber es sind alle meine <Babies>, daher kann ich keinen einzelnen Favoriten nennen».

Am zweiten Tag der Neuheiten-Degustation bei Zweifel 1898, die dieses Jahr im neuen Fasskeller stattfindet, ist man zum Feierabend mitten drin. Fachsimpeln, sich beraten lassen und natürlich: Probieren. Es gibt viel zu entdecken. Zum Beispiel den chilenischen Familienbetrieb De Martino, der unter anderem einen Cinsault aus 100 Jahre alten Reben produziert – und in alten Amphoren ausbaut. «Das ist eine wirklich schöne Geschichte», schwärmt Zweifel. «Zwei Brüder kauften 500 Kilometer südlich von Santiago de Chile gegen den Widerstand der Familie, die nicht an dieses Gebiet glaubte, einen alten Rebberg. Sie bewirtschafteten das Land biodynamisch und mit Pferden, kauften in ganz Chile Amphoren auf und produzierten den <Viejas Tinajas Cinsault>». Mit Erfolg, mittlerweile sind die Eltern mit eingestiegen und gemeinsam führen sie den Rebberg als Familienbetrieb.

Neue Sorten für das neue Klima

Auch Urs Zweifel kann keinen Favoriten nennen. «Es ist jedes Jahr anders, aber letztendlich stehe ich hinter allen Weinen, die wir hier anbieten», meint der Oenologe. An seinem Stand bei den alten Holzfässern, können die Gäste die Ursus Weine degustieren, aber auch den Wein des Jahres, den roten Cuvée «Ocioto». Überrascht hört man, dass es sogar einen Malbec aus Oberengstringen gibt. Ein Malbec in der Schweiz? «Wir haben schon 2003 damit angefangen, noch bevor die Klimaerwärmung ein grosses Thema wurde», erzählt Urs Zweifel. «In Oberengstringen hatten wir einen guten Rebberg mit durchlässigem Boden, aber die Riesling-Silvaner- oder Pinot-Noir-Trauben wurden zu schnell reif, also haben wir Malbec-Trauben ausprobiert». 2009 produzierte Zweifel den ersten reinen Malbec und einen Malbec Cabernet Cubin. Der Wein ist preisgekrönt.

Und wie reagieren die Weinbauern auf die Klimaerwärmung? Sie pflanzen die Reben an den Nord-, anstatt an den Südhängen oder gehen in die Höhe. Oder sie wechseln, wie mit dem Malbec, die Traubensorten. Der hohe Alkoholgehalt, der durch die erhöhte Sonneneinstrahlung entsteht, sei nicht das Problem, sondern, dass der Zuckergehalt schneller steige, während die Traube noch nicht reif sei und bei der Ernte noch zu wenig Geschmack entwickelt habe. Die Reifung lässt sich durch die Lage, die Dichte der Pflanzen und den Laubgehalt beeinflussen. Rebberg-Management nennt sich das.

Weinbauer gehen mit der Zeit

Zweifel 1898 setzt bei den ausländischen Winzern oft auf biodynamischen Anbau, selber können sie in der Schweiz aber nicht so produzieren. «Das Klima ist hier nicht dafür geeignet: Es regnet vor allem im Sommer, was zu Fäulnis führt. Pilze kann man nicht wirklich ökologisch bekämpfen, auch Kupfer oder Schwefel verschmutzen den Boden und die Luft», erklärt Urs Zweifel. «Klassische Rebsorten wie Riesling-Silvaner oder Pinot Noir muss man im biodynamischen Anbau häufiger spritzen», meint er, «das ist energietechnisch letztendlich auch nicht mehr ökologisch». Deshalb setzt er seit 20 Jahren vermehrt auf pilzwiderstandsfähige (piwi) Sorten, das sind neu gekreuzte Pflanzen, also alte Traubensorten, denen Gene resistenter Pflanzen «eingekreuzt» wurden. «Das ist durchaus ein Weg, den man gehen könnte, wenn man weniger Pflanzenschutz einsetzen möchte. Die Piwi-Sorten sind noch zu unbekannt, deshalb nutzen wir die Weine vorerst für Assemblagen mit bekannteren Traubensorten wie Sauvignon Blanc, weil die meisten Menschen eher das kaufen, was sie bereits kennen».

Spannende Aussichten

2018 war ein herausragendes Jahr für alle Bauern. «Der Wein wird bombastisch, möglicherweise auch schon fast zu krass», schätzt Urs Zweifel. Aber es gibt auch Weine aus schwächeren Jahren, die eine Wucht werden können, wenn man ihnen etwas mehr Zeit lässt. «Und der Kontext, in dem ein Wein genossen wird, also zum Beispiel das Essen, spielt auch immer eine wichtige Rolle». Deshalb solle man ruhig auch diesen Jahrgängen eine Chance geben, findet er. Für das kommende Jahr ist bereits ein spannendes Projekt in Sicht, wie Walter Zweifel zum Abschied verrät: «Wir wollen uns Georgien näher anschauen», das Land hat neben Persien und Armenien eine der ältesten Rebbautraditionen, «eine ganz eigenständige Weinkultur, sie bauen traditionell in Amphoren und möglichst naturbelassen an». Viva! Auf ein neues Jahr also.

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