Wechsel des Präsidiums im Stiftungsrat Höngger Quartierzeitung

Vor 18 Jahren rettete Ernst Cincera mit der Gründung der Stiftung Höngger Quartierzeitung den «Höngger» vor einem möglichen Ende. Die ehemalige Präsidentin Franziska Lang-Schmid und ihr Nachfolger Benedikt Gschwind blicken in einem Interview zurück und in die Zukunft der Stiftung und der Quartierzeitung.

Franziska Lang-Schmid, ehem. Stiftungsratspräsidentin Quartierzeitung Höngg
Benedikt Gschwind, Präsident Stiftung Quartierzeitung Höngg
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Frau Lang-Schmid: Sie wurden 2002 als eine der ersten Personen von Alt-Nationalrat und Höngger Ernst Cincera († 30. Oktober 2004) angefragt, ob Sie dem damals neu gegründeten Stiftungsrat zum Erhalt der Höngger Quartierzeitung beitreten würden.

Welche Umstände gaben damals den Ausschlag, diese Stiftung ins Leben zu rufen?
Die Höngger Quartierzeitung war und ist noch heute ein sehr wichtiges Informations- und Kommunikationsmittel für das «schönste Dorf der Stadt Zürich», wie Ernst Cincera zu sagen pflegte. Gegründet wurde der «Höngger» vom damals jungen, visionären Drucker Anton Moos im Jahre 1926 – in einer wirtschaftlich und politisch sehr schwierigen Zeit. 1967 übernahmen die Brüder Louis und Erich Egli, Druckerei AG Höngg, die Quartierzeitung. Sie trugen mit ihrem jahrzehntelangem, sehr grossen Engagement viel dazu bei, die Werte einer dörflichen Gemeinschaft erfolgreich mitzugestalten und zu fördern. Der unermüdliche Louis Egli, Herausgeber, Redaktor und Fotograf in einer Person, war «Seele» des Hönggers – er kannte jede und jeden und alle kannten ihn.

Eine Erfolgsgeschichte, die sich jedoch in dieser Form dem Ende zuneigte.

Louis Egli und sein Bruder näherten sich Anfang des neuen Jahrtausends dem wohl verdienten Pensionsalter. Unter der Leitung von Ernst Cincera starteten wir 2001 in einer kleinen, aber breit zusammengesetzten Kerngruppe das Projekt «Höngger 2003». Das Ziel war klar: Die Höngger Quartierzeitung langfristig zu erhalten. Dabei stand und steht auch heute im Vordergrund, dass der «Höngger» überparteilich und unabhängig ist: Alle Personen, Gruppen und Organisationen sollen mit ihren eigenen Aussagen und Beiträgen zu Wort kommen. Dadurch entsteht Dialog – eine zentrale Basis für individuelle und gesellschaftliche Weiterentwicklung auch in unserem Quartier.

Wie erlebten Sie die Anfangszeiten der Stiftung?

Das grosse Engagement zum Erhalt der Quartierzeitung war eindrücklich: Nebst politischen, wirtschaftlichen, kirchlichen sowie vielen anderen Organisationen und Vereinen in Höngg unterstützten die Stiftung von Beginn an auch Einzelpersonen mit finanziellen und ideellen Beiträgen. Nebst anspruchsvollen rechtlichen und organisatorischen Aufgaben war die Suche nach einer geeigneten Nachfolge von Louis Egli wohl die grösste Herausforderung, was uns allerdings gut gelungen ist.

Welches sind aus Ihrer Sicht die Meilensteine in der Geschichte der Stiftung/der Quartierzeitung?

Dazu muss ich etwas ausholen. Gemäss meiner Recherche ist die Funktion der Stiftung respektive der Quartierzeitung insbesondere den Bewohnerinnen und Bewohnern von Höngg nicht immer klar. Einfacher Erklärungsansatz: Der «Höngger» als GmbH hat den Auftrag, die Zeitung – sei dies in gedruckter und/oder digitaler Form – inhaltlich und finanziell erfolgreich herauszugeben. Als Gratiszeitung finanziert sie sich mittels Werbeeinnahmen sowie in kleinem Masse mit freiwilligen Beiträgen von Leserinnen und Lesern. Die Stiftung unterstützt die GmbH (Höngger Quartierzeitung) bei Bedarf finanziell. Dank den in den vergangenen Jahren grosszügigen Beiträgen von Sponsoren und Donatoren konnte die Stiftung mehrmals Hilfe leisten, nicht zuletzt aufgrund des grossen Netzwerks der Stiftungsrätinnen und -räte. Als Meilensteine von Stiftung/Quartierzeitung erachte ich demzufolge eine zielführende Zusammenarbeit auf der Basis eines kompetenten und hohen Engagements auf beiden Seiten als zentrale Grundlage im schwierigen Umfeld der Medienlandschaft.

Wofür setzten Sie sich als Stiftungsrätin und spätere Präsidentin besonders ein?

Mir, aber auch meinen Vorgängern sowie allen Stiftungsräten, war es stets ein Anliegen, die Quartierzeitung bei deren Weiterentwicklung zu unterstützen, ohne die Verantwortlichen ihrer Freiheit zu berauben. Dies in erster Linie finanziell, aber auch strategisch. So bildeten wir als Beispiel vor rund drei Jahren eine paritätisch zusammengesetzte Gruppe mit Vertreterinnen und Vertretern der Stiftung sowie der GmbH. Dies mit dem Ziel, auf strategischer Ebene gemeinsam erfolgsversprechende Massnahmen zum nachhaltigen Erhalt des Hönggers festzulegen. Deren Umsetzung liegt selbstverständlich in der Kompetenz und Verantwortung der GmbH.

Welche Herausforderungen werden Ihrer Meinung nach in Zukunft auf die Stiftung zukommen?

Wie erwähnt, die Stiftung unterstützt die Quartierzeitung finanziell nur im Bedarfsfall. Dass die Stiftung über ein finanzielles Polster durch Zuwendungen aus Höngger Kreisen verfügt, um im Bedarfsfall dieser Aufgabe auch in Zukunft nachkommen zu können, ist eine grosse Herausforderung für sie. Aus diesem Grund ist wohl eher die essentielle Frage: «Wie schafft es die Quartierzeitung, sich im Rahmen der zunehmend schwierigen Bedingungen langfristig selbst zu erhalten?» Das Verhalten der Menschen hat sich in den letzten Jahren disruptiv verändert, nicht nur im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Bezogen auf die Medien: Insbesondere jüngere Personen lesen Nachrichten und Berichte vorwiegend digital. Auch wollen sie immer kurzfristiger über aktuelle, für sie spannende Informationen «berieselt» werden. Wie stark sind die Hönggerinnen und Höngger künftig mit ihrem Quartier verbunden? Wird Höngg zunehmend zu einer Schlafgemeinde? Diese und weitere Fragen beschäftigt nicht nur die Quartierzeitung, sondern auch die Stiftung.

Was möchten Sie Ihrem Nachfolger Benedikt Gschwind mit auf den Weg geben?

Es liegt mir fern, meinem Nachfolger Benedikt Gschwind konkrete Ratschläge zu erteilen. Grundsätzlich scheint mir allerdings wichtig, dass er als Präsident der Stiftung zusammen mit den Verantwortlichen der Höngger Quartierzeitung eine Strategie entwickelt, die den aktuellen und künftigen Bedürfnissen der Leserschaft des Hönggers entspricht. Ebenso zentral scheint mir eine aktive Förderung der Zusammenarbeit mit Organisationen, Vereinen und «massgebenden» Personen in und rund um Höngg. In diesem Sinn wünsche ich ihm und dem Höngger viel Erfolg.

Herr Gschwind, was hat Sie als Wipkinger gereizt, Teil der Stiftung Höngger Quartierzeitung zu werden?

Ich wurde 2017 vom ehemaligen SP-Vertreter im Stiftungsrat, Yves Baer, angefragt, seine Nachfolge zu übernehmen. Die SP10 ist seit der Gründung der Stiftung im 2003 dabei, weil ihr eine unabhängige Quartierzeitung wichtig ist. Als langjähriger Leser und Verfasser von Beiträgen als Kantonsrat war mir die Zeitung natürlich ein Begriff. Für Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist eine Quartier- oder Dorfzeitung für den Austausch mit der Wählerschaft sehr wichtig. Wipkingen bildet mit Höngg den gleichen Wahlkreis. Deshalb und auch dank verschiedenen persönlichen Berührungspunkten war mir das Quartierleben von Höngg durchaus vertraut. Umgekehrt schätzt ja offensichtlich auch der «Höngger» Wipkingen, produziert die gleiche Herausgeberschaft seit vier Jahren ja auch den «Wipkinger», der sich erfreulich entwickelt hat.

Haben sich die Aufgaben des Stiftungsrates im Vergleich zu früher verändert?

In den Anfangsjahren hat sich die Stiftung noch mehr in operative Belange der Zeitung eingemischt. Heute ist die Zeitungsproduktion ganz in den Händen der GmbH mit ihren beiden Geschäftsführerinnen, und der Stiftungsrat beschäftigt sich mit strategischen Aufgaben. Ausserdem sammelt er Spenden bei Donatoren, um bei Bedarf der GmbH finanziell beizustehen und die Herausgabe der Zeitung langfristig zu sichern.

Wo sehen Sie die Herausforderungen Ihrer Arbeit als Präsident, aber auch des Gesamt-Stiftungsrates, in der heutigen Zeit?

Wie alle Printprodukte wird auch der Höngger als traditionelle Quartierzeitung von der Digitalisierung und der Abwanderung der Werbung in digitale Kanäle herausgefordert. Vor allem bei der jüngeren Generation ist das Lesen einer konventionellen Zeitung seltener geworden und jüngere Unternehmer schalten ihre Werbung lieber bei den globalen Internetgiganten. Deshalb ist der «Höngger» gegenwärtig daran, seine digitalen Angebote für Leserschaft und Inserenten attraktiver zu machen. Um die damit verbundenen Investitionen zu ermöglichen, hilft die Stiftung. Gleichzeitig bekennen wir uns weiterhin zur im Quartier sehr gut etablierten Printausgabe, die für eine unabhängige Redaktion mit eigenen Beiträgen und professionell gestaltete Inserate steht. Daneben ist die Vernetzung mit den Quartierorganisationen eine permanente Aufgabe des Stiftungsrates.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen der GmbH und dem Stiftungsrat?

Der Stiftungsrat steht in regelmässigem Austausch mit den Geschäftsführerinnen der GmbH. Er lässt sich über den Geschäftsgang informieren und gibt Inputs, die operativen Entscheide fassen jedoch die Geschäftsführerinnen der GmbH in eigener Verantwortung. Formell ist die Stiftung Gesellschafterin der GmbH, genehmigt die Jahresrechnung und wählt die Geschäftsführerinnen. Es ist also nicht das gleiche Modell wie in einer AG mit Verwaltungsrat und Geschäftsführung.

Der «Höngger» finanziert sich aus Inseraten und Sympathiebeiträgen. Könnte er nicht einfach mit Geldern aus der Stiftung finanziert werden?

Auf Dauer könnte dieses Modell nicht funktionieren, da die Mittel der Stiftung nicht unerschöpflich sind. Der laufende Betrieb der GmbH muss kostendeckend sein. Die Stiftung ist aber da, um bei vorübergehenden Engpässen zu helfen oder Investitionen zu ermöglichen, damit der «Höngger» und der «Wipkinger» zukunftstauglich bleiben.

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