Was auf den Tisch kommt…

… wird gegessen. Schön wär’s. Oder vielmehr: Schön war’s, denn es kommt schon lange nicht mehr alles auf den Tisch. Was nicht der Norm entspricht, wird schon auf dem Feld aussortiert und was früher an spezielleren Fleischstücken noch als normales Sortiment einer Metzgerei galt, muss dort heute vorbestellt werden. Und von all dem, das letztlich noch auf den Tisch darf, wandert viel von dort direkt in den Abfall. Das zeigt das Fokusthema «Foodwaste» dieser Ausgabe, das meine Kollegin Patricia Senn recherchiert hat. Die Zahlen sind erschreckend und weisen die Hauptschuld für die Verschwendung von Lebensmitteln den Haushaltungen zu. Fragt man jedoch im Bekanntenkreis nach, dann trifft man dort nur auf Unschuldslämmer. Sünder sind immer die anderen.
Im Keller meiner Grossmutter standen noch Einmachgläser. Aus einer Zeit, da noch lange nicht jeder Haushalt einen Kühlschrank besass und man noch wusste, wie man aus Resten – falls es denn welche gab – Neues zubereitet. In jener Zeit galt auch noch die Faustregel, nach der man das Einkommen drittelte: In Ausgaben für Miete, Ernährung und den ganzen Rest. Im Schnitt geben wir heute aber nur noch sieben Prozent für Nahrungsmittel aus. Nahrung hat bei uns keinen monetären Wert mehr – und was keinen Wert hat, mit dem geht man nicht haushälterisch um.
Unsere Gesellschaft ist auf den schnellen Einkauf ausgerichtet – was dabei zu viel im Einkaufswagen landet, wird später entsorgt. Dabei spielen auch Haltbarkeitsdaten eine wichtige Rolle. Wie die definiert werden, das wäre eine eigene Reportage wert. Als Konsument denke ich oft, dass alleine dort vieles im Argen liegt, geboren aus einer Übervorsichtigkeit vor Haftungsklagen oder schlicht, um den Konsum anzuheizen. Und Konsument*innen machen aus Unwissenheit mit. Zum Beispiel Brie ist erst geniessbar, wenn er das aufgedruckte Haltbarkeitsdatum erreicht hat. Im Laden zu erkennen am alarmrotleuchtenden Reduziert-Kleber – und auf dem Tisch daran, dass er schneller wegkommt, als dem Gourmet lieb ist. Ja, Foodwaste liesse sich oft auch mit dem guten alten Geschmackssinn reduzieren. En Guete.

Fredy Haffner, Verlagsleiter

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