Wärme und Kälte kommen aus der Tiefe

Am Abend des 21. April ging es an einer Führung tief hinab: in den Untergrund der ETH Zürich Campus Hönggerberg, wo den Besuchern ein Blick auf das Erdspeichersystem, welches kühlt und wärmt, geboten wurde. Die Führung wird für Interessierte am 19. Mai wiederholt.

Zackigen Schrittes ging die Führung durch den Untergrund des ETH-Campus Hönggerberg – vorbei an dicken Wasserrohren.

Auf der Piazza, die mit korrektem Namen Joseph-von-Deschwanden-Platz heisst, trafen nach und nach 15 Leute ein, die mit Irene Odermatt, Studentin der Bauingenieurwissenschaften, auf den Rundgang gehen wollten. Die Abendführungen der ETH werden jeweils von ihresgleichen geleitet, welche dieses Amt freiwillig übernehmen.

Campus braucht so viel Energie wie eine Kleinstadt

Irene Odermatt informierte, dass auf dem Campus Hönggerberg rund 12 000 Studierende und Mitarbeitende seien und dass seit den 60er Jahren in vier Bauetappen über 20 Gebäude gebaut wurden. Man geht davon aus, dass sich im Jahr 2020 rund 60 Prozent mehr Personen auf dem Hönggerberg bewegen als noch vor 20 Jahren. Verdichtung heisst das Stichwort also auch hier, und auf dem Campus wird so viel Energie wie in einer Kleinstadt verbraucht.
Kurz darauf liefen die Führungsteilnehmenden unter der Wolfgang-Pauli-Strasse in langen Gängen vom HIL- zum HIT-Gebäude. Es ging tief ins Innere der Bauten: Im Keller des HIL‘s – alle Gebäude tragen als Namen Kürzel – ging es durch kaum endende Gänge, die beiderseits von dicken Wasserrohren aus Kunststoff und Aluminium gesäumt waren. Sie gehören zum Dynamischen Erdspeichersystem. Dieses speichert die Sommerwärme sowie die Abwärme von Labors und Serverräumen im Boden in osmosewassergefüllten Erdsonden. Bereits stehen zwei Erdspeicherfelder, fünf bis neun sollen bis 2025 über den Campus verteilt noch gebaut werden.

Erdspeicherfelder in 150 bis 200 Metern Erdreich-Tiefe

Ein Erdspeicherfeld – 150 bis 200 Meter tief unter der Erde – hat zwischen 100 und 150 Sonden, welche Wärme, und nach Bedarf auch Kälte, speichern. «Die Temperatur in den Sonden beträgt rund 17 Grad. Man kann diese um drei bis vier Grad senken oder erhöhen und erhält so je nach Bedarf Wärme oder Kälte», erklärte Irene Odermatt. Während der Sommer Wärme liefert, bringt der Winter die Kälte. Wärme und Kälte werden mittels vieler Wärmepumpen an die richtigen Orte verteilt. Am einfachsten stellt man sich das System als Akku vor, der je nach Saison auf- oder entladen wird.
Das dritte Sondenfeld entsteht zurzeit unter den rund 900 Studentenzimmern, die sich im Bau befinden. Verteilt wird die Wärme oder wahlweise Kälte mittels sogenannter Cluster, also Verteilstationen mit Wärmepumpen, die jeweils eine Gruppe von Gebäuden versorgen. Die Besucher nahmen in einem solchen Cluster den starken Maschinengeruch war, der an vergangene Zeiten erinnert– obwohl das Projekt zukunftsweisend und in der Schweiz einzigartig ist.
Rund 37 Millionen Franken soll das Erdspeicherprojekt – verteilt über knapp 20 Jahre – kosten. Die Verantwortlichen rechnen mit Einsparungen bei den Energiekosten, zudem arbeitete das System bereits ab der ersten Stunde umweltfreundlich, da je nach Strom-Mix CO2-neutrale Wärme erzeugt wird. «Die CO2-Emissionen lassen sich bereits bis 2020 halbieren», so die junge Führungsleiterin zu den interessierten Teilnehmern, die auch immer wieder Fragen stellten.

Abendführungen auf dem ETH Zürich Campus Hönggerberg
5. Mai: Tulpen von Renaissance bis Rokoko: Kostbarkeiten in Buchkunst und Prachtgärten. Treffpunkt: HCI-Hörsaalgebäude, Eingangsbereich, Vladimir-Prelog-Weg 10.
19. Mai: In den Untergrund der ETH – Das Dynamische Erdspeichersystem. Treffpunkt: Piazza.
2. Juni, 27. Oktober, 17. November: Entdecken, erfahren, erleben: Der Campus auf der grünen Wiese. Treffpunkt: Piazza.
Gestartet wird jeweils dienstags um 18.15 Uhr. Die Führungen dauern eine Stunde.

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