Von zu kurzen Parkplätzen, die gar keine sind

Ein Sandwich und dazu eine saftige Parkbusse. Was war passiert? Der «Höngger» ging der Geschichte nach und stiess nebst Erklärungen der Polizei auf eine Überraschung, welche wohl niemanden freut.

Hinter diesem Auto bleibt kein Platz für Fussgänger*innen und Velofahrer*innen.

Alles begann mit der Nachricht eines Lesers. Im Mai letzten Jahres stellte er seinen Wagen auf dem privaten Parkplatz der Filiale des Flughafebecks Steiner an der Regensdorferstrasse ab, um sich ein Sandwich zu kaufen. Als er nach wenigen Minuten wieder aus dem Laden trat, traf er auf einen Polizisten, der dabei war, ihm eine Busse in der Höhe von 120 Franken zu auszustellen. In der Folge erhob der Gebüsste beim Stadtrichteramt Einsprache gegen die Ordnungsbusse, mit dem Argument, dass der Parkplatz auch für Kleinwagen zu kurz sei, und regelkonformes Parkieren so gar nicht möglich sei. Er vermutete, dass die Höngger Polizei an dieser Lage einen Markt gefunden habe, weil täglich duzende Personen ihr Fahrzeug dort abstellen würden.
Nun ist so ein Strafzettel allein eigentlich auch für eine Quartierzeitung keine Story. Die Polizei muss sich oft unterstellen lassen, dass sie mit Genuss ihre Machtposition ausnützt, gerade auch in Höngg. Doch wenn es wirklich so wäre, dass die Beamten vor der Bäckerei hinter der Säule auf ihr nächstes Opfer lauern, dann müsste auch eine Lokalzeitung das thematisieren und die Öffentlichkeit darüber informieren – zumal wenn ihr schon mehrfach über genau solches «Auflauern» einzelner Höngger Ordnungshüter berichtet wurde. Immerhin ist es die Aufgabe der Presse, der sogenannt vierten Gewalt, den Behörden auf die Finger zu schauen. Also schaute der «Höngger» diesmal genauer hin.

Ist das Parkfeld zu klein, dürfte eigentlich nicht parkiert werden

Die Situation vor Ort zeigte sich wie folgt: Das Parkfeld vor der erwähnten Bäckerei hat bis zu den Arkaden eine Länge von 3,30 Metern, 3,70 Meter sind es bis zum Fussgänger-Durchgang unter den Arkaden. Selbst ein Fahrzeug mit einer Länge von 4,15 Metern ragt, auch wenn es ganz vorfahren würde, was gemäss Beobachtungen oft nicht gemacht wird, hinten noch immer 45 Zentimeter ins Trottoir hinein. Die Signalisationsverordnung 79.1 des Strassenverkehrsgesetzes schreibt nun vor, dass ein korrekt parkiertes Auto samt Schnauze, Auspuff und Aussenspiegel im Parkfeld stehen muss. Aber ist denn der oder die Autofahrer*in Schuld, wenn der Parkplatz zu klein ist? Nun: ja. Denn wenn das Auto zu gross, respektive das Parkfeld zu klein ist, dürfte das Auto auf einem solchen gar nicht abgestellt werden. Doch laut Marco Cortesi, Pressesprecher der Stadtpolizei Zürich, wird grundsätzlich nicht gebüsst, solange alle Räder im Feld stehen, denn man sei sich bewusst, dass die Fahrzeuge immer grösser würden und die Parkplätze in der Stadt mittlerweile oft zu klein seien. In diesem speziellen Fall an der Regensdorferstrasse aber werde durch das Falschparkieren das freie Trottoir auf weniger als die obligaten 1,5 Meter verengt, denn gemessen würde nur bis zum an dieser Stelle auf dem Gehsteig markierten Fahrradstreifen. Durch das Unterschreiten der 1,5 Meter würden andere Verkehrsteilnehmer*innen behindert: Fussgänger*innen müssten auf den Velostreifen ausweichen und herannahende Velofahrer*innen wiederum auf die Strasse wechseln, was zu unsicheren Situationen führen könnte. Und da an dieser Stelle ein Halteverbot ausgeschrieben ist, würden eben 120 statt der üblichen 40 Franken Strafe fällig.

2019 wurden insgesamt vier Bussen ausgestellt

Auch wenn es ärgerlich ist: Rechtlich ist der Polizist, der die Busse ausgestellt hat, nicht anzufechten. Er dürfte in jedem Fall büssen, sobald das Fahrzeug auf öffentlichen Grund ragt. Doch was ist mit der von Cortesi erwähnten Kulanz: Schlagen die Höngger Gesetzeshüter Profit aus der Situation und bestrafen jeden, der schnell ein Gipfeli kaufen geht? Marco Cortesi von der Stadtpolizei Zürich bestätigt diese Ansicht nicht: Es würden an dieser Stelle nicht unverhältnismässig viele Bussen ausgesprochen. «Verhältnissmässigkeit» ist ja ein relativer Begriff. Allerdings gibt es zu diesem Fall auch Zahlen, denn jeder ausgestellte Strafzettel wird registriert. So wurden im Jahr 2019 vor der Bäckerei insgesamt vier Fahrzeughalter*innen verzeigt, 2018 fünf und 2017 zwei. Selbst bei Strafen in der Höhe von 120 Franken fällt es schwer, darin ein lukratives Geschäft zu sehen. Gemäss Auskunft von Bruno Etter, Kreischef 10, seien die Polizisten im Quartier auf die Situation vor der Bäckerei sensibilisiert. Nur wenn die Autos eindeutig zu weit im Trottoir stehen, obwohl sie vorfahren könnten, wird gebüsst. «Aber das ist nun mal auch unser Job», meint Etter.

Wenn der Parkplatz gar keiner ist

Soweit, so gut. Doch dann nahm die Geschichte plötzlich noch eine andere Wendung. Die ganze Zeit war von Parkplätzen die Rede gewesen. Doch eigentlich, so stellte sich im Laufe der Recherchen heraus, ist die beschriebene Fläche gar kein bewilligter Parkplatz, sondern lediglich für die Anlieferung gedacht, für die dann längs parkiert werden muss. Dies ist gemäss zuständigem Stadtarchitekt einem Bauentscheid von 1992 zu vernehmen. Damit wäre auch die unpraktische Länge erklärt.
Ihn kümmere es grundsätzlich nicht, wer auf dem privaten Feld sein Auto hinstellt, meint Polizeichef Etter. Aber sobald der öffentliche Grund, nämlich das Trottoir, tangiert sei, könne ein Polizist dies nicht einfach ignorieren, denn dieses sei rechtlich geschützt. Man werde aber auch in Zukunft an dieser Örtlichkeit mit der nötigen Zurückhaltung agieren, so wie es in den vergangenen Jahren Usus gewesen sei.

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