Vorsicht, Kamera!

Eine Hauseigentümerin in Höngg installiert eine Überwachungskamera, um herauszufinden, wer nachts immer illegal Müll im hauseigenen Container deponiert. Ein anderer montiert eine Attrappe um Einbrecher fernzuhalten. Ist das überhaupt legal? Der «Höngger» ging der Frage nach.

Die technischen Möglichkeiten zur Überwachung von Innen- und Aussenräumen mittels Videokameras oder Drohnen wurden in den letzten Jahren stark verbessert und ausgebaut. Videokameras, die via App mit dem Handy verbunden werden können und somit eine bequeme und ständige Überwachung ermöglichen, sind mittlerweile schon für wenig Geld erschwinglich. Auch Privatpersonen nutzen daher die Technologie zunehmend, um ihr Hab und Gut zu schützen und ihr Sicherheitsbedürfnis befriedigen zu können – ein Thema, das gerade in der dunklen Jahreszeit besonders aktuell ist. Wie der «Beobachter» in einem Artikel zum Thema schätzt, gibt es schweizweit bereits weit mehr als eine halbe Million privat installierter Kameras. Doch was sind eigentlich die rechtlichen Grundlagen für diese private Überwachung? Der «Höngger» hat einige Informationen zusammengetragen.

Prinzipien der Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit

Bruno Etter, Kreischef 10 der Stadtpolizei, bestätigt auf Anfrage, dass auch in Höngg sehr häufig nachgefragt werde, ob es erlaubt sei, Videokameras auf Privatgrund aufzustellen. Die Antwort ist eindeutig: Grundsätzlich ist es gestattet, es muss aber deklariert werden, etwa durch den Hinweis «Verkaufslokal ist videoüberwacht» oder durch einen Aufkleber, auf dem eine Videokamera abgebildet ist. Selbst in den eigenen vier Wänden müssen alle, die die Wohnung betreten, darüber informiert werden, dass sie gefilmt werden. Gemäss Informationen der Website des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) hat die Videoüberwachung entsprechend dem Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) zudem stets den Prinzipien der Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit zu genügen. Mit Videoaufnahmen, auf denen die betroffenen Personen zu erkennen sind, wird massiv in das Grundrecht auf persönliche Freiheit und in die Privatsphäre der betroffenen Personen eingegriffen. Dieser Eingriff muss daher entweder mit der Zustimmung der Betroffenen erfolgen oder «durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse beziehungsweise ein Gesetz gerechtfertigt werden», so die Informationen des EDÖB. Der Schutz des Eigentums vor Diebstahl etwa kann als ein solches überwiegendes Interesse angesehen werden und rechtfertigt deshalb die Videokameras – wenn, so das Prinzip der Verhältnismässigkeit, andere, mildere Massnahmen nicht den gewünschten Zweck erreichen. Eine breitflächige Überwachung ist nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit nicht zulässig, der überwachte Bereich muss sich auf bestimmte neuralgische Punkte beschränken. Videokameras in Umkleidekabinen oder Toiletten sind ebenfalls unverhältnismässig, hier wiegt das Recht auf Privatsphäre mehr.

Aufnahmen nur für Schutzzwecke und nur im Bedarfsfall verwenden

Wer als Privatperson eine Kamera auf seinem Gelände aufstellt, darf damit nur den eigenen Bereich abdecken. Filmaufnahmen dürfen also nicht das Nachbargrundstück mit aufnehmen – es sei denn, der Nachbar hat seine Zustimmung dazu gegeben. Auch öffentlicher Raum darf von Privatpersonen nicht überwacht werden, in Einzelfällen sind Ausnahmen möglich.
In Mehrfamilienhäusern müssen bei gemeinsam genutztem Raum alle dort wohnhaften Parteien ihr Einverständnis gegeben haben, damit eine Kamera installiert werden kann – etwa, wenn die Garage oder das Treppenhaus überwacht werden sollen. Es darf ausserdem bei Aufnahmen öffentlich zugänglicher Bereiche – beispielsweise bei den Briefkästen oder Türklingeln – nicht erkennbar sein, wer welche Wohnung betritt. Auch die Installation von Kameraattrappen kann übrigens bereits eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts darstellen. Selbst nur das Gefühl, beobachtet zu werden, kann einen Verlust von Freiheit und Unbeschwertheit bedeuten und ist daher ein Eingriff in die persönlichen Rechte.
Die aufgenommenen Bilder dürfen ausschliesslich für den Schutz von Personen und Sachen verwendet werden, andere Zwecke sind nicht zulässig. Die Daten müssen vor unbefugten Zugriffen geschützt und nur einer begrenzten Anzahl Personen zugänglich sein, zudem dürfen die Aufnahmen, die beispielsweise zur Verhinderung von Sachbeschädigung gemacht werden, nur dann eingesehen werden, wenn tatsächlich eine derartige Straftat stattgefunden hat. In der Regel müssen die Daten innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.

Aufklärung von Straftaten mittels Videoaufnahmen

Wenn eine Straftat begangen worden ist und die Videoaufnahmen zur Aufklärung dieser beitragen können, können sie an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden. Wie Etter berichtet, werden Videoaufnahmen durch die Polizei häufig bei Vermögensdelikten verwendet. Diesen Frühling konnte etwa in einem Geschäft in Höngg ein Täter des Diebstahls überführt werden, der mehrmals in Folge Gegenstände aus dem Laden entwendet hatte, was jeweils erst bemerkt wurde, nachdem er das Lokal verlassen hatte. Auf den Videoaufnahmen war die Tat eindeutig zu erkennen, so dass er verhaftet werden konnte, als er das Geschäft zum wiederholten Mal betrat.
Gemäss den Informationen des Datenschutzbeauftragten muss «die konkret verfolgte Straftat dabei jedoch eine gewisse Schwere aufweisen, damit sich die Herausgabe von Videobildern rechtfertigt. Während zum Beispiel Delikte gegen Leib und Leben genügend schwer wiegen, ist diese Voraussetzung bei Bagatelldelikten wie Littering, kleineren Sachbeschädigungen oder Taschendiebstählen mit geringem Schaden in der Regel nicht gegeben.» Die Entscheidung darüber, ob eine Überwachung im Einzelfall zulässig ist oder nicht, ist nicht immer eindeutig und gibt oft Anlass zu Diskussionen.

Private Überwachung mal anders

Manchmal geht Überwachung jedoch auch ohne die ausdrückliche Zustimmung der Betroffenen: So manch ein*e Hundebesitzer*in nutzt die moderne Technik, um alltäglichen Vandalismus in den eigenen Räumen besser überwachen zu können – mit Videokameras lassen sich die eigenen Vierbeiner dabei beobachten, was sie zu Hause in Abwesenheit ihrer Herrchen oder Frauchen so alles anstellen. Bellt der Hund, klingelt beim Besitzer das Handy, sieht er gelangweilt aus, kann per Knopfdruck auf die App durch die Videokamera dem Hund ein Leckerli gegeben werden. Und wenn der Hund dann seinerseits durch seine Anwesenheit das Grundstück vor Einbrechern schützt, erübrigt sich damit gleich auch die weitere Überwachung des Privateigentums.
Foto: Die Kamera ist schon leicht in die Jahre gekommen, doch das Thema ist topaktuell: auch Privatpersonen setzen immer mehr auf Videoüberwachung, um ihr Eigentum zu schützen.

Quellen
Beobachter, Patrick Staub, aktualisiert 5.3.2019. «Sie werden gerade gefilmt».
Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter, Merkblatt «Videoüberwachung durch private Personen».
HEV Hinterthurgau, «Darf ich meine Mieter und Nachbarn überwachen?».
HEV Zürich: Der Zürcher Hauseigentümer. Schwerpunkt: Sicherheit.

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