Verregnet, aber stimmungsvoll: Das Sechseläuten der Zunft Höngg

Nach dem von sonnigen 22 Grad geprägten Sechseläuten 2011 konnte es eigentlich nur noch schlechter kommen. Und so kam es auch: Niesel- und Dauerregen lösten sich beinahe nahtlos ab, und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt liessen zweifeln, ob es dem heurigen Sechseläuten wirklich ernst sei mit dem offiziellen Zürcher Frühlingsbeginn.

Legende Dr. Beat Villiger, Daniel Fontolliet, Ueli Maurer mit Weibel und Peter Reber in der Zunftstube.
Unten morastig – was auf den neuen Sechseläutenplatz hoffen lässt – und oben feurig. Der Böögg unmittelbar nach dem finalen Knall.
Bild 3 Geburtstag feiern am Sechseläuten: Daniel Fontolliet freute sich riesig über die Torte der Jugendgruppe.
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Bereits zum zweiten Mal in Folge konnte der Höngger Zunftmeister Daniel Fontolliet nach Johann Schneider-Ammann einen weiteren Bundesrat als Sechseläuten-Ehrengast auf der Höngger Stube im grossen «Mülihalde»-Saal begrüssen: Ueli Maurer, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Als weitere Ehrengäste konnte er der Festversammlung Dr. Beat Villiger, den langjährigen Leiter des Swiss Olympic Medical Centers und heute ärztlichen Leiter des Medizinischen Zentrums Grand Resort Bad Ragaz, und den Musiker und Komponisten Peter Reber vorstellen. Seine humorvollen und mit vielen persönlichen Details gespickten Gästeportraits wurde von diesen mit witzigen und hochstehenden Repliken erwidert: Maurer und Villiger mit brillanten Reden, Reber musikalisch mit einer Ode ans Paradies, aus dem Adam und Eva seiner Auslegung nach nur vermeintlich vertrieben worden seien. Der Zug der Zünfte zum Böögg Im Zug der Zünfte marschierte die Zunft Höngg an 14. Stelle zwischen Zimmerleuten und Meisen. Der leichte Dauerregen hatte die Sechseläuten-begeisterten Zuschauer nicht vom Weg in die Innenstadt abhalten können, und so säumten auch in diesem Jahr dichte Reihen die Umzugsroute. Ueli Maurer, volksnah wie immer und einzig begleitet von seinem Weibel, erhielt Blumen und Gratulationen zuhauf. Noch mehr Sträusse wurden nur Peter Reber gereicht, was einen Zünfter zum folgerichtigen Gedankengang bewegte, im nächsten Leben doch Musiker zu werden, denn das sei offenbar bei der Damenwelt äusserst beliebt. Auf dem Sechseläutenplatz − den der Regen in eine einzige, durchgehend knöcheltiefe Schlammlache verwandelt hatte − ging es dann dem Böögg trotz feuchtem Holzstoss unerwartet rasch an den Kragen: Nach bereits 12 Minuten und 7 Sekunden markierte der finale Kracher das offizielle Ende des Stadtzürcher Winters, was auf einen guten Sommer hoffen lässt. Die Höngger Reitergruppe kam – angefeuert vom Sechseläutenmarsch der Zunftmusik Musikverein Zürich-Höngg und den Jubelrufen der Zünfter − erst danach zum Umritt und hatte kein Scheuen der Pferde mehr zu fürchten.

Auszug am Abend

Nach dem Nachtessen im «Au Premier» des Bahnhofbuffets Zürich besuchte der Zunft-Auszug die Zunft Schwamendingen, die Zunft zur Schneidern und die Zunft zur Schiffleuten. Die Höngger Sprecher dort waren in der gleichen Reihenfolge Heiri Guggenbühl, Cyril Bollier und Andreas Zürcher. Selbst halbstündige Wartezeiten in Regen und Kälte vor den letzten beiden Zunfthäusern konnten die Festfreude nicht schmälern. Zahlreiche Zaungäste verfolgten die Zünfter und ihre prächtigen Laternen, und Bundesrat Ueli Maurer stand auch zu später Stunde noch gutgelaunt für Fotos und Fragen für alle bereit. Nach Mitternacht war dann aber doch jedermann froh, sich im eigenen Zunftlokal bei heissen Schweinswürstchen wieder aufwärmen zu können. Während der Höngger Auszug noch auf Zunftbesuch unterwegs war, hatte der Höngger Zunftmeister auf der eigenen Stube die Auszugs-Harsts der Zünfte zur Schiffleuten, zum Weggen und der Gesellschaft zur Constaffel empfangen, deren Sprecher ihn mit hervorragenden Reden zu witzigen und gekonnt-souveränen Repliken herausforderten. Für viele Zünfter und ihre Gäste ging das Sechseläuten erst in den frühen Morgenstunden zu Ende, als sich am Horizont bereits ein neuer Tag ankündigte, der vom Wetter her besser zum Zürcher Frühlingsfest gepasst hätte – unvergesslich bleibt es trotzdem für alle.

Eingesandt von Ueli Friedländer

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