Stadt
Überzeugt das «Bauprojekt Regensdorferstrasse»?
Im Tagblatt vom 25. September schrieb das Tiefbauamt der Stadt Zürich das Strassenbauprojekt Regensdorferstrasse, Abschnitt Hausnummer 4 bis 109, aus. Damit verbunden ist die öffentliche Planauflage im Sinne des Mitwirkungsverfahrens gemäss Strassengesetz. Der «Höngger» hat sich die Pläne angeschaut – und hatte da noch ein paar Fragen.
23. Oktober 2019 — Fredy Haffner
Saniert und Umgebaut wird der ganze Abschnitt zwischen Hausnummer 4, «Velo Lukas», stadtauswärts bis kurz nach der Abzweigung «Heizenholz», wo die Strasse zum Friedhof hochführt.
In der Amtssprache lautet das dann so: «Erneuerung Strassenbelag und teilweise Strassenoberbau, Schliessung der bestehenden Trottoirlücken, behindertengerechter Ausbau der bestehenden Trottoirüberfahrten und der Bushaltestellen ‹Segantinistrasse›, ‹Singlistrasse›, ‹Wieslergasse› und ‹Kappenbühlweg›, neue Trottoirüberfahrt bei der Einmündung Wieslergasse, Erhöhung Verkehrssicherheit für den Fuss- und Veloverkehr, Teilersatz sowie Neupflanzung von Bäumen, Erneuerung Werkleitungen.»
Ja, die Strasse ist seit längerem zum Teil in schlechtem Zustand und muss saniert werden. Und natürlich nimmt man dann auch gleich allgemeine Verbesserungen vor. Aber welche? Und sind es wirklich «Verbesserungen», die da geplant sind? Also sieht man sich die Pläne mal an, schön der Reihe nach und vom Meierhofplatz aus stadtauswärts ziehend.
Verschiebung der Haltestellen «Kappenbühlweg»
Verschoben und gleichzeitig behindertengerecht mit hohen Haltekanten ausgerüstet werden beide «Kappenbühlweg»-Haltestellen der Buslinie 38 (Abb. 1). Stadtauswärts kommt sie neu direkt vor die Migros Alnatura zu liegen, die Grünfläche dort wird für die Länge der Busstation aufgehoben. Zusammen mit der Verkehrsinsel, welche dort die in die Tiefgarage Hönggermarkt abbiegenden Fahrzeuge abschirmt, werden die im Halbstundentakt haltenden Busse also künftig den stadtauswärtsfahrenden Verkehr blockieren. Auch jenen der Buslinie 46. Und dies wahrscheinlich nicht zu knapp, denn die kleinen 38er-Quartierbusse mit nur einem Einstieg werden speziell von älteren Menschen oder solchen auf dem Heimweg vom Einkauf benutzt – beide brauchen für den Einstieg ihre Zeit. Das sieht das federführende TBA nicht so: «Die Haltezeiten dürften sich gegenüber heute aufgrund des zukünftig ebenerdigen Ein- und Ausstiegs sowie der nicht mehr notwendigen Aus- und Einfädelvorgänge reduzieren. Aufgrund der geringen Taktfrequenz der Linie 38 ist mit keiner Behinderung des Verkehrs zu rechnen», schreibt es auf Anfrage des «Hönggers». Und stadteinwärts? Da wird die Haltestelle, die heute vor dem Kinderhaus Quelle liegt, unmittelbar vor das Bistro «Marcello’s» verschoben.
Aufhebung kein Thema
Für Ortskundige stellt sich die Frage, warum die beiden Haltestellen «Kappenbühlweg» eigentlich nicht aufgehoben werden? Die Distanz zu den benachbarten Haltestellen Meierhofplatz (heute 170, neu 220 Meter) und Wieslergasse (heute 225, neu 190 Meter) wäre jedenfalls kurz genug – so kurz, wie man sie sonst kaum wo antrifft. Jedenfalls würden die Aufhebungen dieser Haltestellen den Verkehrsfluss positiv beeinflussen, ohne den Komfort der Busspassagiere allzu stark zu mindern: Die Maximaldistanz zwischen den Haltestellen Meierhofplatz und Wieslergasse bliebe mit 380 Metern kurz – notabene exakt gleich lang, wie für Passagiere der Linie 46.
Doch eine Aufhebung der beiden ‹Kappenbühlweg›-Haltestellen stand nicht zur Diskussion, wie das Tiefbauamt schreibt: «Die Lage der Haltestellen ist gerade für ältere Fahrgäste, die die Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung nutzen, eine wichtige Ergänzung zu den benachbarten Haltestellen. Bushaltestellen beeinflussen den Verkehr grundsätzlich nur schwach. Dies ist auch bei der Haltestelle ‹Kappenbühlweg› der Fall».
Bei der Haltestelle Wieslergasse wird nichts besser
«Verbesserungen» sind auch im Bereich zwischen Abzweigungen Wieslergasse und Michelstrasse geplant. Beide sollen sogenannte «Trottoirüberfahrten» erhalten, wie sie bereits bei der Einmündung der Vorhaldenstrasse in die Winzerstrasse realisiert wurde (Abb. 2). Bei Einmündungen von untergeordneten in übergeordnete Strassen, in diesem Fall also die Michel- in die Regensdorferstrasse, sei das so vorgesehen, schreibt das Tiefbauamt: «So erhalten Fussgänger*innen entlang der übergeordneten Strasse den Vortritt gegenüber Fahrzeugen, die in die untergeordnete Strasse einmünden oder aus dieser herausfahren». Weitere solcher Trottoirüberfahrten sind bei den Einmündungen der Riedhof-, Singli-, Wilden- und Segantinistrasse projektiert. Was die Trottoirüberfahrt bei der Wieslergasse betrifft, so vermindert diese sinnigerweise genau das, was die Stadt seinerzeit, 2008 bis 2012, mit ihrem «Verkehrskonzept Meierhofplatz» an dieser Stelle fördern wollte: Den Anreiz, in die Wieslergasse hinunter zur Limmattalstrasse abzubiegen und so zum Meierhofplatz zu gelangen. Die auffälligste Veränderung in diesem Bereich ist indes die Trottoirführung bergseits: Das neue Trottoir wird nicht etwa durchgehend entlang der Regensdorferstrasse geplant, sondern quer durch die bestehende kleine Grünfläche geführt (Abb. 3). Das Tiefbauamt begründet dies damit, dass ansonsten einer der beiden Bäume, eine Winterlinde in gutem Zustand, gefällt werden müsste. «Mit diesem Fussweg wird eine möglichst direkte Verbindung von den Geschäften zur Bushaltestelle Wieslergasse stadtauswärts ermöglicht», so das TBA. Um zu verhindern, dass man auf dem Sprint zum stadtauswärts wartenden Bus nicht der Strasse entlang rennt – eine Situation, über die sich der «Höngger» bereits in seiner 1.-April-Ausgabe 2015 mit ernstem Hintergrund bitter amüsiert hatte, wird die restliche Grünfläche entlang der Regensdorferstrasse mit einer Abschrankung versehen.
Verschiebung zu teuer
Ob wohl jemand je geprüft hat, beide Haltestellen Wieslergasse zu verschieben? Stadtauswärts direkt vor die Migros und in der Gegenrichtung direkt vor die Grünfläche zwischen Wieslergasse, Regensdorfer- und Riedhofstrasse, wie es besagter 1.-April-Artikel angekündigt hatte? Platz wäre auf beiden Seiten genug und die unübersichtliche Situation bei den Abzweigungen Michelstrasse und Wieslergasse wäre entschärft. Man habe verschiedene Anordnung der Haltestelle Wieslergasse für die Buslinien 38 und 46 geprüft, versichert das TBA. Auch eine wie hier vorgeschlagene Verschiebung. Doch eine solche würde gemäss TBA eine zusätzliche Fussgängerschutzinsel für eine sichere Überquerung der Regensdorferstrasse erfordern. «Das Errichten einer Fussgängerschutzinsel und die Erfüllung der Anforderungen an eine behindertengerechte Haltekante hätten zur Folge», so das TBA, «dass der Strassenraum im Bereich der Einmündungen Wieslergasse und Riedhofstrasse zulasten der bestehenden Grünflächen und Bäume vergrössert werden müsste und zusätzlicher Landerwerb notwendig wäre». Eine Begutachtung vor Ort lässt an dieser Begründung Zweifel aufkommen – und rätselhaft bleibt auch, warum hier eine Schutzinsel «erforderlich» wäre: Bei der Haltestelle Zwielplatz mit einer vergleichbaren Strassenbreite war es offenbar auch nicht «erforderlich», eine Fussgängerschutzinsel einzuplanen.
Strassenverbreiterung bei der Haltestelle Singlistrasse
Eine Verbreiterung der Strasse, zulasten der angrenzenden Privatgrundstücke, wird im Bereich der Haltestelle «Singlistrasse» vorgenommen (Abb. 4). Der bestehende Fussgängerübergang soll auf die Höhe des Bergellersteigs verlegt und mit einer Mittelinsel ausgestattet werden. Auch hier verfolgt das TBA die behindertengerechte Ausgestaltung der Haltestellen und will die Übergänge für Fussgänger*innen sicherer machen, insbesondere durch die Ergänzung des Fussgängerstreifens mit einer Schutzinsel: «Das ist wichtig, weil der Übergang Teil des Schulwegs für Schüler*innen des Schulhauses ‹Lachenzelg› ist, die den Bus nutzen», wird begründet.
Hangseitige Trottoirverbreiterungen
Weiter sollen an verschiedenen Stellen hangseitig die Gehsteige überhaupt erst durchgängig gemacht oder verbreitert werden. Natürlich ebenfalls zu Lasten der angrenzenden Grundstücke. Die Reaktionen der Betroffenen auf diese Pläne seien, als die Projektleitung das Projekt allen betroffenen Grundstückseigentümer*innen vor Ort vorgestellt habe, unterschiedlich ausgefallen, so das TBA: «Positiv aufgenommen wurde, dass die bestehenden Trottoirlücken geschlossen werden. So werden sichere und direkte Fusswegverbindungen ermöglicht». Andererseits sei angeführt worden, dass die bestehenden Gehwege ausreichend breit seien und der notwendige Landerwerb wurde als Nachteil betrachtet. Zwischen den Häusern Nummer 58 bis 74 und 82 bis 86 wird das Trottoir also neu erstellt oder verbreitert. Hingegen auf den letzten Metern der zum Umbau ausgeschriebenen Strecke, dort wo die Strasse «Heizenholz» gegenüber dem Haus Nummer 109 zum Friedhof hinauf abzweigt, dort bleibt gemäss den Plänen das Trottoir schmal wie eh und je. Um dort eine «normgerechte und hindernisfreie Fussverbindung» zu erstellen, müssten umfangreiche und sehr kostenintensive Anpassungen vorgenommen werden, führt das TBA aus.
Kein Veloweg
Ebenfalls den Kosten zum Opfer gefallen ist das Thema Velowege: Keine Spur davon in den Plänen. Man habe aber eine Machbarkeitsstudie durchgeführt: «Für die Umsetzung der Velomassnahmen wäre ein Landerwerb von rund drei Metern entlang der gesamten Regensdorferstrasse notwendig geworden. Dies hätte zu unverhältnismässig hohen Kosten geführt. Daher hat die Stadt in Rücksprache mit dem Kanton entschieden, mit Ausnahme von geringfügigen Anpassungen, keine Velomassnahmen umzusetzen», beantwortet das TBA die Frage des «Hönggers» – und verweist für stadtauswärtsfahrende Velofahrer*innen ab der Wieslergasse auf die im regionalen Richtplan Verkehr klassierte Veloroute entlang der Riedhofstrasse bis zum Rütihof.
Durchzogenes Fazit
Nach dem angekündet wurde, dass am Meierhofplatz die Haltestellen der Buslinien 38 und 46 stadtauswärts mit der Tramhaltestelle des 13ers zusammengelegt werden sollen («Höngger» vom 30. Mai) und damit wohl eine Chance verpasst wird, die Verkehrssituation am Meierhofplatz nachhaltig zu verbessern, vermag auch das Bauprojekt Regensdorferstrasse nicht wirklich zu überzeugen. Überdies sei die Frage erlaubt, warum man eine umfassende Planung erstellt und erst dann ein «Mitwirkungsverfahren» startet? Warum holt man die Ideen der lokalen Bevölkerung, der Direktbetroffenen, nicht vorher ab und lässt sie wo möglich in die Planung einfliessen? Die Pläne liegen noch bis Montag, 28. Oktober, beim Tiefbauamt der Stadt Zürich, Beatenplatz 2, HIB (Haus der Industriellen Betriebe), 8001 Zürich, im Korridor des 4. Stocks zur öffentlichen Einsichtnahme auf und können jeweils von Montag bis Donnerstag von 7 bis 18 Uhr und am Freitag von 7 bis 17 Uhr eingesehen werden. Die Pläne im Internet: www.stadt-zuerich.ch/planauflagen
Einwendungen gegen das Strassenbauprojekt im Sinne der Mitwirkung der Bevölkerung können innerhalb der Auflagefrist schriftlich per Briefpost an das Tiefbauamt der Stadt Zürich, Werdmühleplatz 3, 8001 Zürich, gerichtet werden (§ 13 StrG).
1.-April-Artikel 2015 zur Haltestelle Wieslergasse
https://hoengger.ch/den-bus-verpassen-und-dafuer-den-stadtrat-treffen/
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