Über «Gewinner» und «Verlierer» einer Pandemie

Seit einigen Wochen herrscht in der Schweiz die ausserordentliche Lage. Welche Auswirkungen hat das auf das Höngger Gewerbe? Der Höngger hat nachgefragt und Einblicke in verschiedene Branchen erhalten.

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Die Gartenwirtschaft bei Zweifel 1898 stünde bereit, nur darf hier niemand Platz nehmen.
Wer bei Bravo Metzgerei einkauft, hält sich an die Sicherheitsvorgaben des Bundes.
Entlassungen stehen bei Coiffeur Tanya aktuell nicht zur Diskussion.
Der Kauf von Fahrzeugen ist auch bei Auto Höngg weiterhin möglich, allerdings nur unter Einhaltung der Vorgaben des Bundes.
Reparaturen und Veloverkauf sind auch bei Velo Lukas weiterhin möglich.
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Wie im Sturm hat der Coronavirus die Welt überrannt. Fast nichts ist so wie es vor der Pandemie war. Die Abnormalität ist mittlerweile Alltag – auch in Höngg. Doch die verschiedenen Branchen und Geschäfte sind bei weitem nicht im selben Ausmass betroffen. Wie bei fast jeder Krise gibt es «Gewinner» und «Verlierer». Während Coiffeursalons und Restaurants vor dem finanziellen Ruin stehen, laufen andere Geschäfte relativ gut. Der generelle Trend ist eine starke Verschiebung der Kaufkraft in die digitale Welt. Der Lieferservice direkt nach Hause boomt in allen Bereichen. Dies könnte sich auch nach der Krise durchsetzen.

Online-Aufschwung bei Lebensmittelgeschäften

Dass die Grossverteiler Coop, Migros und Denner von der Coronapandemie wirtschaftlich nicht betroffen sind, ist kein Geheimnis. Wegen der Panikeinkäufe besorgter Bürger*innen läuft der Verkauf sogar noch besser als vor der Pandemie.
Doch auch kleinere Lebensmittelgeschäfte in Höngg können bis zu einem gewissen Grad positive Veränderungen wahrnehmen. «Der Verkauf im Geschäft hat zugenommen und auch unser Lieferservice für Privatkunden ist zurzeit sehr beliebt», meint Daniela Helbling Binkert von Bravo Ravioli & Delikatessen. «Dadurch, dass viele Leute im Homeoffice arbeiten, wird auch vermehrt die Freude am Kochen wiederentdeckt. Dies kommt uns zugute.»
Allerdings mussten zwei wichtige Verkaufsbereiche für Bravo, der Cateringservice und die Belieferung von Gastrounternehmen, komplett eingestellt werden. Um diesen finanziellen Verlust auszugleichen, braucht es Flexibilität. «Wir haben reagiert und unseren Fokus nun stärker auf den Lieferservice an Privatkunden und den Verkauf im Laden umgestellt. Wen es so bleibt wie jetzt, kommen wir gut durch die Krise», meint Helbling.
Auch Verena Weber, Geschäftsleiterin des Bio-Lebensmittelimporteurs Terra Verde, spürt in ihrem Geschäft den Trend zu Onlinebestellungen: «In unserem Betrieb arbeiten zurzeit drei Mitarbeiterinnen im Homeoffice. Der Laden ist unter Berücksichtigung der Sicherheitsauflagen des Bundes zwar normal geöffnet, verzeichnet aber keinen grösseren Zulauf an Kundschaft. Hingegen haben sich seit der Coronakrise die Onlinebestellungen massiv erhöht.»

Im Hofladen des Wein- und Obsthaus‘ Wegmann reagierte man sofort auf die neuen Hygiene- und Verhaltensvorschriften des Bundes. Rasch wurde Platz geschaffen, damit die Kund*innen unter Einhaltung des Sicherheitsabstandes weiterhin bedient werden können. «Es kommt uns nun zu Gute, dass wir vorher schon keine Selbstbedienung hatten, dadurch kann die Ansteckungsgefahr nun ebenfalls eingedämmt werden», meint Zarina Wegmann. Neu bieten sie Lieferungen an, eine Dienstleistung, die gerne in Anspruch genommen wird. Das ganze Team arbeitet oft spät abends noch, um die Aufträge, die jetzt telefonisch, per Mail, WhatsApp oder sogar per Fax eintreffen, vorzubereiten und Ware nachzubestellen. Viele Leute aus dem Quartier, Privatpersonen aber auch solche aus dem Gewerbe, seien auf sie zugekommen und hätten ihre Hilfe angeboten, erzählt Wegmann begeistert, «es ist schön zu sehen, wie viele Menschen sich jetzt solidarisch zeigen, mit uns, aber auch mit anderen», strahlt die Frau mit einer scheinbar nie versiegenden Energiequelle. Ihr gehe es darum, Verantwortung zu übernehmen, für die Risikogruppen da zu sein. «Wir wollen alles dafür tun, dass die Leute gesund bleiben. Die Situation ist sehr belastend, und wenn wir etwas zum Wohlbefinden beitragen können, sei es mit Essen, aber auch mit Aufmerksamkeit und Anteilnahme, dann machen wir das gerne». Allerdings gilt dies auch für die eigenen Mitarbeiter*innen und Helfer*innen: «Wir sehen davon ab, unsere Öffnungszeiten zu erweitern, obwohl die Nachfrage durchaus da wäre», meint Zarina. «Unsere Leute arbeiten hart und brauchen diese Pausen». Die Kund*innen zeigen Verständnis.

Die gastronomische Existenzkrise

Ganz anders als bei den Lebensmittelgeschäften sieht es in der Gastronomiebranche aus. Von einem Tag auf den anderen keine Einnahmen mehr, das ist die Realität für fast alle Restaurants in Höngg. Für viele ist diese Krise existentiell und kaum verkraftbar. Eines der betroffenen Restaurants ist das Grünwald in Höngg. Geschäftsführer Nicolas Blangey bringt die Lage auf den Punkt: «Ein hundertprozentiger Umsatzverlust bei bestehenden Fixkosten ist ein Albtraum. Alle Restaurants sind in grossen Schwierigkeiten.» Trotz allem macht Blangey in dieser schwierigen Zeit auch positive Erfahrungen: «Die Solidarität hier in Höngg ist sehr gross. Bereits erfolgte Lieferungen konnten retourniert werden, und auch die Mietkosten wurden uns bis auf Weiteres erlassen. Ohne die grosse gegenseitige Unterstützung und die Hilfe des Bundes würde kaum ein Restaurant diese Situation überleben.» Von der Krise der Restaurants ist die gesamte Belieferungskette im Gastrobereich betroffen. So auch die Zweifel Weine & Getränke AG, deren wichtigster Geschäftsbereich die Belieferung von Restaurants ist. Doch auch im lokalen Bereich bekommt Zweifel die Folgen der Corona-Massnahmen zu spüren. «Wir mussten sowohl die Weinbeiz als auch unser Weinbistro mit der schönen Pergola in Höngg schliessen», sagt Thomas Herter, Leiter des Zweifel 1898 Weinladens Höngg. Auch Degustationen dürfen im Weinladen keine mehr durchgeführt werden. Das ist gemäss Herter gerade im Weingeschäft ein Problem: «Für den Weinverkauf ist es ein grosser Verlust, wenn man der Kundschaft das Produkt nicht mehr zur Degustation präsentieren kann.» Doch Herter sieht auch eine positive Seite: «Es gibt viele Online-Bestellungen und die Lieferungen haben markant zugenommen.» Der Trend in Richtung «Onlineshopping» zieht sich durch die verschiedensten Bereiche.

Existenzkrise mit Hoffnungsschimmer

Neben der Gastronomiebranche sind auch die Coiffeursalons wie fast keine andere Branche von dieser Krise betroffen. Alle Salons sind bis auf Weiteres ohne Ausnahme geschlossen. Tanya Lüscher, Gründerin und Geschäftsführerin von Coiffeur Tanya, ist mit ihrem Salon eine der Betroffenen. Der Coiffeursalon Tanya ist – wie auch alle anderen Salons – abhängig von der Hilfe des Bundes, um diese Krise zu überstehen. «Die Märzlöhne konnten wir gerade noch auszahlen. Nun haben wir Kurzarbeit beim Bund beantragt und müssen abwarten», meint Lüscher gegenüber dem «Höngger». Entlassungen ständen zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht aktiv zur Diskussion. Denn auch wenn die Krise jetzt zum totalen Stillstand geführt hat, sieht Lüscher einen grossen Hoffnungsschimmer für die Coiffeurbranche: «Wenn das alles überstanden ist, wird bei uns sehr viel Betrieb herrschen, da sich die Leute endlich wieder die Haare schneiden lassen können. Dann brauchen wir alle Mitarbeitenden und deshalb wollen wir jetzt niemanden entlassen».

Velo- und Autowerkstätten geöffnet

Gemäss den Vorgaben des Bundes dürfen alle Werkstätten für Transportmittel offenbleiben. Dies betrifft die Werkstätten des Fahrradfachgeschäftes Velo Lukas ebenso wie «Auto Höngg» und die Garage Riedhof. Nicht nur die Reparatur, sondern auch der Verkauf von Fahrrädern und Autos ist weiterhin möglich. Bei Auto Höngg stehen alle Autos im Freien und können jederzeit besichtigt werden. Beim Verkauf hält sich Auto Höngg an die Vorgaben des Bundes: kein Händeschütteln, Abstandswahrung und Hygienevorschriften. Demnach sind auch Probefahrten und das gemeinsame ins Auto sitzen mit den Verkaufsberatern nicht mehr möglich. Sowohl Velo Lukas als auch Auto Höngg liefern gekaufte Fahrzeuge direkt nach Hause.

Die Krise macht den Onlinetrend zur «Pflicht»

Schon seit Jahren ist ein immer stärkerer Trend zum Onlineshopping zu beobachten. Riesige Unternehmen wie Amazon, Zalando oder Galaxus ersetzen die herkömmlichen Geschäfte. Fast alles kann man heutzutage auf Knopfdruck im Internet bestellen und wenige Tage später an der Haustüre entgegennehmen.
Durch die Coronakrise könnte diese Entwicklung zusätzlich und vor allem auch langfristig gefestigt werden. Denn die flächendeckende Schliessung von Gewerbe und Geschäften zwingt viele Unternehmen, ihr Geschäftsmodell zu einem Lieferservice umzurüsten. Gleichzeitig wird auch die Gesellschaft umgepolt, sie gewöhnt sich zunehmend daran, Dinge zu bestellen und nicht mehr in ein Geschäft zu gehen, um sich etwas zu besorgen.
Wie lange der Ausnahmezustand noch dauern wird, kann niemand genau sagen. Doch Menschen sind Gewohnheitstiere, und wenn sich das Onlineshopping nun über längere Zeit flächendeckend etabliert, werden sich wohl viele Leute auch nach Corona ihre Besorgungen direkt ins Haus bestellen.

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