Turnverein Höngg: seit 150 Jahren «frisch, fromm, fröhlich, frei»!

Der Wahlspruch der Turner ist sogar noch älter und lässt sich auf ein studentisches Motto aus früherer Zeit zurückführen. Tönt ja schön, wird man einwenden, aber ist das nicht einfach eine unverbindliche Exklamation? Und ist die prägnante Formel brauchbar, um Ziel und Anspruch eines Vereins auszudrücken?

Auch das Logo mit den vier F hat die 150 Jahre überdauert.

Skeptiker weisen wohl darauf hin, dass sich Turnerei nicht zwangsläufig mit Frömmigkeit verknüpfen lässt. Soll man in diesem Zusammenhang mit der Erinnerung an den legendären Bündner Pfarrer Hans Berger dagegenhalten, welcher sich seinerzeit in Höngg nicht nur als populärer Seelsorger profiliert hatte, sondern auch als aktiver Turner in der Männerriege? Und der als eifriger Jasser auch die Geselligkeit pflegte, was einige Turnkameraden in ungewohnter Weise zum sonntäglichen Kirchgang motivierte. Gemäss sprachgeschichtlicher Interpretation ist im Turner-Motto aber nicht religiös-kirchliche Frömmigkeit gemeint, sondern vielmehr Fleiss und Tüchtigkeit. Die den Wahlspruch prägenden vier «F» sind im sogenannten Turnerkreuz graphisch gestaltet worden. Das Logo hat die Zeit überdauert und auch die Ausschreibung des heurigen Eidgenössischen Turnfestes, des grössten Breitensportanlasses der Schweiz, geprägt. Erstaunlicherweise dominieren die vier «F» das turnerische Leitmotiv auch in einigen anderen Ländern, so in Italien mit «Franco, Fresco, Fiero, Forte». Mit Blick auf das Heer der passiven «Sportler» sind sie in gesellschaftskritischer Manier aber auch umgedeutet worden: «Filzpantoffeln, Fernsehen, Fussball, Flaschenbier». Körperliche Trägheit hatte schon bei früheren Generationen negative Folgen, wie der Werbespruch des Schusters und Verse-Schmieds Carl Hänni aus dem Jahr 1955 belegt: «Rundes Bäuchlein, Doppelkinn weisen deutlich darauf hin, dass die Einsicht endlich siege, heute noch zur Männerriege!»
Das Wort «frei» im Wahlspruch hatte ursprünglich auch politische Wurzeln. Die körperliche Ertüchtigung war unter anderem auf den physischen Zustand der wehrpflichtigen Männer ausgerichtet und führte zur Einführung des freiwilligen Vorunterrichts, der 1972 von «Jugend+Sport» abgelöst wurde. In diesem Zusammenhang stimmt die Tatsache nachdenklich, dass aktuell im Kanton Zürich rund jeder vierte Stellungspflichtige als untauglich eingestuft werden muss. Während der politische Aspekt längst verschwunden ist, hat Fröhlichkeit im Turnwesen nach wie vor grösste Bedeutung. Sie steht für Spass an der Bewegung sowie dem Erleben gemeinschaftlicher Freizeitaktivitäten, welche nicht selten auch in launigen Festen münden. Bei entsprechender Hochstimmung kann es vorkommen, dass das auf einen gesunden Geist in einem gesunden Körper hinweisende «Mens sana in corpore sano» eines antiken Weisen im Turner-Latein wie folgt tönt: «Mens sana in Campari Soda»! «Frisch» steht für die Bereitschaft, etwas von Generation zu Generation weiterzugeben, mit altem Geist und neuen Ideen. Zu welch vielfältigem sportlichen Angebot dies geführt hat, wird in einem nächsten Artikel beleuchtet.

Eingesandt von F. M.

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