Teurer wohnen

Steigende Referenzzinssätze und Gebäudever­sicherungswerte führen auch bei vielen Wohnungen im gemeinnützigen Wohnungsbau zu höheren ­Mietpreisen. Doch wie genau diese Werte mit den Mieten zusammenhängen, ist nicht ganz einfach zu ver­stehen.

Das traute Heim wird vielerorts teurer. Auch bei vielen gemeinnützigen Bauträgern wirken sich steigende Kosten auf die Mieten aus. (Symbolbild: zvg)

Die Kosten steigen. Nicht nur die Energiekosten und Krankenkassenprämien, sondern auch die Mieten. Bereits im vergangenen Jahr sahen sich viele Mieterinnen mit einer Erhöhung der Mietzinsen konfrontiert, in diesem Jahr werden weitere Preissteigerungen folgen. Dies betrifft nicht nur Wohnungen auf dem freien Markt, sondern auch Liegenschaften gemeinnütziger Bauträger.

Der Grund? «Referenzzinssatz» und «Gebäudeversicherungswert» sind die Schlagworte. Was verbirgt sich hinter den abstrakten Begriffen? Wer nicht näher mit der Immobilienbranche vertraut ist, für den ist nicht ganz einfach nachvollziehbar, was diese Begriffe mit der Miete zu tun haben. Was hat man sich darunter überhaupt vorzustellen?

Mit dem sperrigen Begriff «Referenzzinssatz» wird der durchschnittliche Zinssatz bezeichnet, mit dem in der Schweiz Hypotheken verzinst werden. Seit 2008 wird dieser Wert vierteljährlich vom Bundesamt für Wohnungswesen definiert. Per 1. Juni 2023 wurde er von 1,25 auf 1,5 Prozent angehoben, auf den 1. Dezember teilte das Bundesamt eine weitere Erhöhung auf 1,75 Prozent mit.

Der «Gebäudeversicherungswert» hingegen entspricht der Summe, die es kosten würde, ein Gebäude, das beispielsweise durch einen Brand zerstört wurde, wieder aufzubauen. Diese Grösse wird von der Gebäudeversicherung des Kantons Zürichs periodisch eingeschätzt. Auch hier ist eine Teuerung zu beobachten: Weil in jüngster Vergangenheit die Preise in der Baubranche stark angestiegen sind, wurde der Versicherungswert per 1. 1. 2023 um 10,2 Prozent und zu Beginn dieses Jahres nochmals um mehr als 5,3 Prozent erhöht.

Berechnung von Mieten anhand fixer Formel

Die Berechnung von Mieten und Mietsteigerungen folgt – zumindest beim gemeinnützigen Wohnungsbau – einer fixen Formel. Bei diesen Anbieterinnen, wie den Wohnbaugenossenschaften und der Stadt Zürich, sind die Mieten nicht gewinnbringend, sondern sollen lediglich die tatsächlich anfallenden Kosten der betreffenden Liegenschaft decken – es handelt sich um die sogenannte Kostenmiete.

Wie diese hergeleitet wird, erklärt Hans-Ueli Affolter, der Präsident der Liberalen Baugenossenschaft Höngg: «Die mit der Nettomiete zu deckenden Kosten ergeben sich aus der Summe von Kapital-, Baurechts- und Betriebskosten sowie den jährlich zu bildenden Rückstellungen für Abschreibungen und Zuweisungen in den Erneuerungsfonds.»

Zur Berechnung der Kapitalkosten werden die bilanzierten Anlagekosten, also die Aufwendungen für die Anschaffung des Lands, sowie die Baukosten mit dem aktuellen Referenzzins multipliziert. Bei Liegenschaften im Baurecht werden noch die aktuellen Baurechtszinsen dazuaddiert.

Die Betriebskosten sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb einer Liegenschaft verursacht werden. Sie beinhalten Gebühren für Abwasser, Kehricht, Strom, Unterhalt, Verwaltung und dergleichen. Zur Berechnung dieses Werts wird der Gebäudeversicherungswert mit einer durch die Stadt Zürich fix festgelegten Betriebsquote von 3,25 Prozent multipliziert.
Der tatsächliche Betrag der höchstzulässigen Kostenmiete ergibt sich sodann aus der Summe von Betriebs- und Kapitalkosten.

Mieterhöhungen bei einigen Genossenschaften

Was bedeutet dies aber nun konkret für die Mieten? Referenzzinssatz und Gebäudeversicherungswert haben also bei der Kostenmiete direkte Auswirkungen auf die zulässigen Mietpreise. Wie die einzelnen Wohnbaugenossenschaften aber mit der Umsetzung der Berechnung umgehen, ist nicht einheitlich. Auch in Höngg reagieren die Genossenschaften unterschiedlich auf die Situation, wie eine Nachfrage des «Hönggers» ergeben hat.

Die ABZ teilt mit, dass per 1. April dieses Jahres eine allgemeine Erhöhung der Mietzinse vorgenommen werde. Dabei gibt die Genossenschaft keine Detailbeträge einzelner Siedlungen bekannt, im Durchschnitt betrage die Erhöhung aber rund 8 Prozent. Wie Cynthia Grasso, Leiterin Kommunikation, mitteilt, sei wichtig zu betonen, «dass unsere Mietzinse auch nach der Erhöhung immer noch deutlich unter Marktwert liegen und die ABZ darauf verzichtet hat, die maximal mögliche Erhöhung weiterzugeben».

Die Baugenossenschaft des Kaufmännischen Verbandes Zürich hat seit der letztjährigen Erhöhung der beiden relevanten Grössen ihre Mieten bei keiner ihrer Siedlungen erhöht. Derzeit seien, so Philipp Furrer, der Präsident der Genossenschaft, auch keine Mietzinserhöhungen pendent. Allerdings, «beobachten wir die Zinsentwicklung, die Bauteuerung und die allgemeine Teuerung laufend und werden gegebenenfalls darauf reagieren».

Die Bau- und Siedlungsgenossenschaft Höngg (BSH) hat bereits Mietzinsanpassungen vorgenommen. Hier wird der Nettomietzins auf den 1. April um 13 Prozent steigen. Bei der Liberalen Baugenossenschaft Höngg prüft der Vorstand, so Affolter, ob aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen eine Erhöhung der Mietzinsen notwendig werde. Weitere Genossenschaften haben auf die Anfrage dieser Zeitung bis Redaktionsschluss nicht reagiert.

Beratungsmöglichkeiten

Wer als Mieterin nun von einer Preiserhöhung betroffen ist und unsicher ist, ob sich diese im zulässigen Rahmen bewegt, hat die Möglichkeit, sich beim Mieterverband beraten zu lassen und den Mietpreis rechnerisch überprüfen zu lassen. Im Streitfall können Mieterhöhungen von Bauträgerinnen auf dem freien Markt bei der Schlichtungsbehörde der Stadt Zürich angefochten werden. Anfechtungen von Mietzinserhöhungen durch gemeinnützige Bauträger*innen sind dagegen an das Amt für Wohnungswesen der Stadt Zürich zu richten.

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