Im Stillen – Tag des Friedhofs

Das Bestattungs- und Friedhofamt der Stadt Zürich und Grün Stadt Zürich luden am Samstag, 15. September, zum «Tag des Friedhofs». Morgens ab 10.30 Uhr konnten die Friedhöfe Eichbühl, Enzenbühl, Fluntern, Nordheim, Schwandenholz und natürlich Hönggerberg besucht werden.

Das Gemeinschaftsgrab im Zentrum des Friedhofs Hönggerberg.
Der Wald gehört allen – teils auch den Ruhenden.
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Friedhöfe sind in erster Linie Orte der Ruhe, der Besinnung und des Trosts, aber auch Orte, wo Menschen sich mit ihrer Geschichte und ihrer eigenen Vergänglichkeit auseinandersetzen und wo sie trauern dürfen.
Auf dem Hönggerberg begrüsste der Friedhofsverantwortliche, Paul Meyer, die kleine Gruppe Interessierter und liess diese in rund zwei Stunden hinter die Kulissen eines Friedhofes schauen. Meyer und sein 20-köpfiges Team sind von Grün Stadt Zürich für die Grünpflege des öffentlichen Grüns (Friedhöfe, Parkanlagen, Sportanlagen Strassenbäume etc.) im Quartier Höngg und Grünau angestellt. Das Team im Friedhof versteht sich als Schnittstelle zum Bestattungsamt, dann nämlich, wenn die Urne oder der Sarg auf den Hönggerberg kommt und es um die Wahl und die Vorbereitung des Grabes und der Bestattung oder der Aufbahrung geht.

Als Erstes ging es aber gleich einmal raus aus dem Friedhof, hinaus in ein kleines Waldstück auf der Seite der Notzenschürlistrasse, wo seit 2003 Aschenbeisetzungen an sogenannt gemieteten Bäumen stattfinden. Aktuell sind dies schon über 370 auf insgesamt 3,3 Hektaren Wald. Vermehrt gewünscht sind Laubbäume, aber die gehen langsam aus. Paul Meyer meinte zudem: «Über all die Jahre hielt sich das Bedürfnis nach Wald-Aschenbeisetzungen die Waage, leicht steigend, aber der totale Trend, wie ursprünglich vermutet, ist es nicht.» Auf den Bäumen sind keine Inschriften erlaubt, den Angehörigen wird auch nahegelegt, dass keine Blumen oder Kerzen zum Gedenken an die Verstorbenen platziert werden sollten. Denn der Wald gehört nach wie vor allen; den Menschen und den Tieren, und zudem geht die Forstwirtschaft normal weiter. Allerdings dürfen die «vermieteten» Bäume grundsätzlich nicht gefällt werden, nur interessiert das – dieses Jahr offenbar ganz besonders – den Borkenkäfer keineswegs. Die gefällten Bäume, die zurzeit beispielsweise an der Emil-Klöti-Strasse mit einem Abstand von 500 Metern zum Waldrand zu sehen sind, mussten wegen des Borkenkäfers gefällt werden. Das Holz wartet nun auf eine Sägerei, aber diese sind komplett überlastet. Vor kurzem mussten wegen des Käfers auch im Wald für Aschenbeisetzung vermietete Bäume gefällt werden. Meyer nimmt dann Rücksprache mit den Angehörigen, «denn eine Garantie gibt es nicht, das ist die Natur, und bis jetzt konnten wir immer eine Lösung finden». Eine Baummiete kostet 1’500 Franken plus 400 Franken Bewirtschaftungsgebühr für Stadtbewohner, für Auswärtige ist sie teurer, aber ebenfalls möglich, denn der Wald gehört ja allen.

Prächtige Parkanlage mit Blick auf Stadt und Berge

Die botanische Vielfalt im Friedhof selbst, wo die Führung weiterging, ist speziell. Während die Bepflanzung gegen den Wald hoch und dicht ist, säumen niedere Gehölze die Ränder gegen die Stadt. Die Grabfelder liegen in Kammern, die von erlesenen Gehölzen gebildet werden. Dadurch entsteht der Eindruck einer Parkanlage mit Gräbern, in der man Ruhe und Geborgenheit findet. Der Baumbestand ist teilweise selten, diesen kann man im Baumkataster der Stadt Zürich einsehen. Geplant haben den Friedhof Hönggerberg die Architekten Johann Albert Freytag (1880-1945), dessen Nachfolger Walter Gachnang (1892-1983) sowie der Gartenarchitekt Gustav Amman (1885-1955). Letzterer begründete die moderne schweizerische Gartenarchitektur und gestaltete in Zürich unter anderem die Anlagen der Freibäder Allenmoos und Letzigraben.

Imposante Zahlen

Weiter ging es zu den Gräbern: Ein Gemeinschaftsgrab mit über 1800 Beisetzungen, 1300 Reihengräber und 550 Erdbestattungsgräber sowie 400 Familiengräber. «Erdbestattungen sind immer weniger gewünscht, eine Grabstelle ist aber immer vorbereitet und wird dann frühestens nach 20 Jahren geräumt – nur die Gebeine bleiben in der Erde», sagt Meyer. Das Gemeinschaftsgrab, das 1985 im Zentrum der Anlage eingerichtet wurde, erinnert an eine Kathedrale, geformt aus Bäumen und Sträuchern und dem Himmel als Dach. «Es braucht natürlich viel weniger Platz, es ist nicht limitiert», so Meyer. Seit 1988 ist der andächtige Platz frei für Aschenbeisetzungen mit einer Holz- oder einer löslichen Ton-Urne. Zurzeit ist es zu mehr als dreiviertel belegt, danach wird die Anlage neugestaltet. Das Besondere am Gemeinschaftsgrab ist, dass es auch hier keine Inschriften gibt. Das soll sich aber mit der Neugestaltung ändern, denn es wird vermehrt gewünscht. Und auch hier wird den Angehörigen nahegelegt, keine Andenken zu platzieren.
Familiengräber, Gemeinschaftsgräber, Erdbestattungen: Die Grössen und Varianten sind im Preis unterschiedlich, nur die Bepflanzung ist identisch. Da macht man keinen Unterschied, es ist eine Pauschale. Oft machen Meyer und sein Team einen Spagat zwischen Intensivbepflanzung und Wildblumenwiese. Im Moment läuft ein Test auf einem anderen Friedhof mit Stauden auf dem Grab, aber das Resultat ist noch nicht befriedigend. Rosen werden übrigens biologisch gespritzt, angestrebt wird eine Vielseitigkeit mit praktisch keinen Pflanzenschutzmitteln oder Chemie.

Grabvorsorge, Übrigbleibsel und Promis

«Was muss ich tun, wenn ich eine Grabvorsorge machen will, damit meine Nachkommen nichts damit zu tun haben?», fragt jemand aus der Gruppe. Meyer erklärt: «Für die Miete des Grabplatzes (Familiengrab, Reihenmietgrab oder Familienbaum ist eine Vorauszahlung nötig. Für die Grabpflege, Grabbepflanzung kann beim Bestattungsamt eine Vorauszahlung geleistet werden. Dieses Geld ist zweckgebunden und gibt – oder gab einmal – Zinsen. Die Pflegekosten des Grabes und Grabbepflanzung werden jährlich separat verrechnet, bzw. von einer allfälligen Vorauszahlung abgebucht».
Zum Schluss des Rundganges führte Meyer die Gruppe zur Kappelle und zur Abdankungshalle, welche ein auffallendes Fresko von Max Gubler aus dem Jahre 1948 ziert. Auf dem Vorplatz präsentiert sich eine alte und aussergewöhnliche Sammlung von Holzkreuzen. Diese stammen aus Grabräumungen oder werden von Angehörigen überlassen, die diese nicht mehr wollen. Der Friedhof Hönggerberg behält die Wertvollen und speziell Schönen. Apropos speziell: Im hinteren Teil des Friedhofes liegen verstorbene Prominente. Zum Beispiel Sasha Morgenthaler-von Sinner, die Schöpferin der Sasha-Puppen, Frauenrechtlerin Paulette Brupbacher oder der Sohn von Albert Einstein (Grabstelle nicht sichtbar), die Frau von Einstein ruht auf dem Friedhof Nordheim.

Friedhof Hönggerberg, Notzenschürlistrasse 30, täglich geöffnet
Baumkataster Stadt Zürich: www.stadt-zuerich.ch, Stichwortsuche: Grün Stadt Zürich/Inventare und Grundlagen/Baumkataster
Liste der verstorbenen Prominente: www.stadt-zuerich.ch, Stichwortsuche: Friedhöfe/Orientierungspläne

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