Jugendliche aus Höngg lernten den Berufsalltag kennen 

Sieben Sekundarklassen der 2. Oberstufe aus Höngg erhielten die Gelegenheit, in den Alltag einzelner Be­triebe reinzuschnuppern. Der «Höngger» hat Jugendliche aus dem Schulhaus Lachenzelg begleitet.

Die Höngger Jugendlichen erhielten viele Einlicke in den Berufsalltag. (Foto: das)

Für die 16 Schüler*innen der zweiten Sekundarklasse der Schule Lachenzelg begann der letzte Freitag im September früh und an einem aussergewöhnlichen Ort: Bereits um 7.30 Uhr wurden sie beim Grossbetrieb MAN Energy Solutions am Escher-Wyss-Platz erwartet. Hier sollte ihnen in den nächsten zweieinhalb Stunden der Betrieb und die Arbeit dieser Firma nähergebracht werden.

Das Angebot gehörte zu einem Pilotprojekt, das im Rahmen des «Tages der urbanen Produktion» in diesem Jahr erstmals durchgeführt wurde. Während am eigentlichen Aktionstag, dem 30. September, handwerkliche Betriebe aus der ganzen Stadt Zürich ihre Türen für die interessierte Bevölkerung öffneten, waren am Vortag die Jugendlichen dran: Sieben Schulklassen der 2. Oberstufe aus Höngg hatten die Gelegenheit, durch Workshops und Führungen in verschiedenen Betrieben einen Einblick in deren Arbeit zu erhalten.

60 Lehrstellen

Im Veranstaltungssaal von MAN Energy Solutions erhielten die Jugendlichen zunächst allgemeine Informationen zum Betrieb. Sie erfuhren, dass das Unternehmen hauptsächlich in den Bereichen Kompressorenbau, Wartung und Dienstleistungen sowie in der Schiffssparte tätig ist. Es zählt allein in Zürich rund 720 Mitarbeitende. Auch die Anzahl der Lernenden ist beachtlich: 60 Jugendliche werden hier ausgebildet – insbesondere als Konstrukteurin und Polymechanikerin.

Deren Arbeit war anschliessend zu begutachten: Bei einer Führung durch die denkmalgeschützten Werkhallen konnten sie sich, ausgerüstet mit Schutzbrillen und Audioguides, davon überzeugen, wie die Montage eines Kompressors abläuft und welche Arbeitsschritte dazu notwendig sind. Später war Einsatz gefragt: Aufgeteilt in vier verschiedene Gruppen durften die Höngger Jugendlichen unter Anleitung von Lernenden ausprobieren, was sie erwarten würde, wenn sie sich für eine Ausbildung in dieser Firma entscheiden sollten.

Während eine erste Gruppe mit Stahlkappenschuhen ausgerüstet den Arbeitenden in der Produktionshalle über die Schulter schaute und einige Teilnehmende sogar einen Kran steuern durften, besuchte die zweite Gruppe die Büros der Konstrukteur*innen und entwarf am Computer ein eigenes Modell. Auch am Sandstrahler konnten sich einige der Jugendlichen versuchen und eine Flasche gravieren, während die letzte Gruppe den firmeneigenen Sicherheitsparcours der Firma absolvierte und alle Aspekte durchging, die für die Arbeitssicherheit wichtig sind – vom Einsatz der Schutzbrillen über die richtige Ernährung bis hin zu den Giftstoffen.

Anschauliche Praxiserfahrung

Nach gut einer Stunde trafen sich alle Gruppen wieder im Veranstaltungssaal zum grossen Wissenscheck. Mit einem Online-Ratespiel, via Handy durchgeführt, konnten alle beweisen, was sie aus den Präsentationen mitgenommen haben. Konzentriert und motiviert waren die Schüler*innen bei der Sache – und auch die meisten Fragen konnten sie problemlos beantworten.

Ob sie sich vorstellen können, hier im Betrieb eine Lehre zu machen? Diese Frage war für die Anwesenden nicht einfach zu beantworten. Vielen ist noch nicht klar, was sie beruflich einmal machen und erreichen wollen. Auch das Gymi ist für viele eine Alternative zur Lehre. Für die Suche nach einer Lehrstelle haben sie aber noch etwas Zeit.

Besuch beim Höngger Malergeschäft

Doch damit war der Tag noch nicht vorbei: Im Anschluss an den Besuch am Escher-Wyss-Platz wurden weitere Firmen besucht. Zum Beispiel die Kneubühler AG in Höngg, ein lokales Maler- und Gipsergeschäft. Auch dort konnten die Jugendlichen erleben, wie der Berufsalltag aussieht.

Ein gelungenes Erlebnis für beide Seiten, wie das Team des Malerbetriebs gegenüber dem «Höngger» erklärt: «Es war das erste Mal, dass sich eine ganze Schulklasse in Begleitung ihres Lehrers in unserem Malergeschäft versammelt hatte, um mehr über diesen Beruf zu erfahren.»

Nach einem lehrreichen und interessanten Vortrag mit abschliessender Fragerunde, so der Betrieb, sei die Werkstatt besichtigt worden. Dort erhielten die Jugendlichen Einblicke in den praktischen Alltag: Tapezieren, Streichen und Ausmalen eines Farbkreises wurden präsentiert. «Einige der Teilnehmenden zeigten sich interessiert, um vielleicht eine Schnupperwoche bei uns zu absolvieren, das Echo war durchwegs positiv.»

Nächstes Jahr mit mehr Schulklassen?

Den guten Eindruck teilen auch die Veranstalterinnen des Events vom Verein «Made in Zürich Initiative», dem Gewerbeverband der Stadt Zürich und dem Berufsbildungsforum Zürich. Von Lehrpersonen, Schülerinnen und teilnehmenden Betrieben hätten sie «durch und durch positive Rückmeldungen» erhalten, erklärt Nina Schaller von «Made in Zürich Initiative».

In diesem Jahr sei das Pilotprojekt bewusst mit nur einer Schule durchgeführt worden, um Erfahrungen zu sammeln. Das Ziel sei aber, das Projekt in Zukunft auszubauen und es mit weiteren Schulklassen abzuhalten. Der definitive Entscheid über eine Weiterführung falle allerdings erst 2024.

«Lost in Paradise»: Lehrstellensuche als Filmdokumentation

Passend zum Thema: In der Dokumentation «Lost in Paradise», die ab dem 4. November zu sehen ist, werden fünf Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren aus dem Grossraum Zürich während eines Jahres bei ihrer Suche nach einer Lehrstelle begleitet. Viele Szenen haben die Jugendlichen selbst gedreht. Die Serie wurde von der Filmproduktionsfirma Presence Production produziert und wird auf www.filmkidsplus.ch lanciert.

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