Quartierleben
«Sister Act»: Ein Feuerwerk des Gesangs und des Tanzes
Viel Zeit und Aufwand ist in das neue Musical investiert worden, und es hat sich gelohnt: «Sister Act» im reformierten Kirchgemeindehaus Höngg begeisterte am Premierenwochenende eine geradezu euphorisch mitgehende Publikumsschar.
10. März 2011 — Marcus Weiss
Die Geschichte ist spannend wie ein Krimi, und sie führt in Welten, die verschiedener nicht sein könnten: «Sister Act» spielt in der Halbwelt zwielichtiger Bars und Nachtclubs genauso wie hinter den dicken Mauern eines sittsamen Frauenklosters. Die überaus «weltliche» Sängerin Deloris muss sich in dessen geheiligten Gemächern vor dem Zugriff einer wüsten Ganovenbande verstecken, die ihr nach dem Leben trachtet. Dass diese Handlung, zumal sie sich im späteren Verlauf des Stücks zur Hauptsache um einen Nonnenchor dreht, Stoff für ein unterhaltsames Musical liefert, liegt auf der Hand. Doch können Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Hier und Jetzt überhaupt so einfach in die fern ihrer eigenen Lebenswelt liegenden Rollen schlüpfen, etwa jene der würdigen Mutter, einer gestrengen und zutiefst in der Tradition ihres Ordens verwurzelten Klostervorsteherin? Sie können es, und zwar mit Bravour. Der Verein «Musicalprojekt Zürich 10» hat am Premierenwochenende mit seiner neuesten Produktion «Sister Act» in Höngg den Beweis erbracht.
Von der Glitzerbühne in die Klosterzelle
Im Saal des reformierten Kirchgemeindehauses an der Ackersteinstrasse wurde das in Scharen erschienene Publikum richtiggehend hineingezogen in die atemberaubende Handlung, die, wie es der Plot erwarten lässt, im Umfeld einer «sündigen» Ausgehmeile beginnt, schon bald aber ein erstes Mal die Szenerie wechselt und die Darstellenden inmitten des strikt auf Gebet und Arbeit ausgerichteten Ordenslebens zeigt. «Wo händ Sie denn d’ Möbel versteckt da inne?», dieser Satz entfährt der zu ihrer Überraschung im Kloster einquartierten Nachtklubsängerin (Stephanie Müller), als sie ihre spärlich ausgestattete Zelle zu Gesicht bekommt. Der Saal amüsierte sich köstlich bei dieser Schlüsselszene, ebenso wie bei den anderen originellen Missverständnissen, die in kurzen Abständen folgen. «Ich chume vom Orde vom Sunneschii – aber mir händ da e chli luftigeri Chleider treit», darf wohl als weitere Kostprobe angeführt werden. Doch − und dies soll betont sein − in dem Musical wird bei weitem nicht nur der Humor bedient, es lebt auch von glaubwürdig dargestellten ernsthaften Szenen. Am nachhaltigsten in Erinnerung bleiben werden neben den rührenden Momenten mit Sicherheit die grossartigen Tanz- und Chorpassagen, die sich vor allem in der zweiten Hälfte von «Sister Act» von einem Highlight zum nächsten steigern.
Auftakt vollends gelungen
«Man ist bei so einer intensiven Vorstellung zwei Stunden vorher und nachher wie in Trance», sagte die Hauptdarstellerin Stephanie Müller dem «Höngger» nach der Aufführung vom Samstag. Unschwer war herauszuhören, wie sehr sie die Stimmung geniesst. Vollends gelungen sei die Premiere, was natürlich auch das Verdienst des Publikums sei, das toll mitgemacht habe. Der musikalische Leiter Gregor Bucher ist ebenfalls zufrieden: «Bei der ersten Aufführung kann es jeweils vorkommen, dass einzelne Stellen nicht ganz genau nach Plan verlaufen, aber meine Leute haben dies immer super aufgefangen, so dass die Zuschauer nichts davon merkten.» Am Samstag brauchte es dann schon keine Improvisationen mehr. Für die Choreografin und Regisseurin Mirjam Niederöst war das Bühnenbild, das erst im letzten Moment zur Verfügung stand, eine der grössten Herausforderungen. «In diesem Bereich wären wir sehr froh, bei der nächsten Produktion freiwillige Unterstützung von Fachkundigen zu erhalten», sagt sie. Am wichtigsten werden aber auch dann wieder die motivierten Jugendlichen sein mit ihren schauspielerischen und gesanglichen Glanzleistungen.
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