Politik
Schutz statt Hetze
«Der Regierungsrat wird gebeten zu prüfen, wie er sich für die humanitäre Hilfe für Flüchtlinge einsetzen kann.» Dieses einfache Anliegen stand vor drei Wochen im Kantonsrat zur Diskussion.
1. September 2015 — Eingesandter Artikel
Die letzten Wochen haben uns eine Schreckensmeldung nach der anderen gebracht: erstickte und ertrunkene Menschen, prügelnde Grenzpolizisten und chaotische Zustände in übervollen Flüchtlingslagern. Die Bilder von erschöpften Menschen und verängstigten Kindern rütteln auf. Kein Wunder also, dass auch Zürcher Politiker und Politikerinnen ihre Meinung dazu kundtun wollen.
Keine Zustimmung für humanitäre Hilfe
Wie jedoch in der Kantonsratsdebatte argumentiert wurde, war teilweise nur beschämend und unwürdig. Im Raum stand lediglich die Bitte an den Zürcher Regierungsrat, er solle prüfen, wie Zürich sich für die humanitäre Hilfe für Flüchtlinge einsetzen kann. Der bürgerlich dominierte Regierungsrat wäre angesichts der dramatischen Zustände sogar bereit gewesen, den Vorstoss entgegenzunehmen und eine Antwort zu formulieren. Ob er konkrete zusätzliche Massnahmen ins Auge fassen oder wie so oft nur darauf hinweisen wollte, dass er bereits alles Menschenmögliche tue, bleibt jetzt leider verborgen. Die Mehrheit des Kantonsrats hat nämlich gegen den Vorstoss entschieden.
Wahlkampf auf dem Buckel der Ärmsten
Es sind sowieso nur Wirtschaftsflüchtlinge. Zürich kann auch nicht die ganze Welt retten. Die Flüchtlinge kommen ja von dort her, wo wir Ferien machen, so schlimm kann es nicht sein. Jetzt müssen andere helfen (Aargau, Bund, Mazedonien, EU, UNO): Alles wurde in einen Topf geworfen. Kriegsflüchtlinge, Asylsuchende, kriminelle Ausländer, Sozialhilfe, Personenfreizügigkeit, Masseneinwanderung. Vor den nationalen Wahlen haben die Parteien die Gelegenheit beim Schopf gepackt und nochmals alle Feindbilder und sogenannten Missstände beackert. Es wird sich am Wahltag zeigen, ob mit dieser Politik der Ausgrenzung tatsächlich Stimmen zu gewinnen sind.
Jede Hilfe ist nötig
Dabei waren weltweit noch nie so viele Menschen wie heute auf der Flucht. Täglich sterben unzählige Flüchtlinge in der eigenen Heimat oder auf dem Weg in ein fremdes Land. In der jetzigen Situation braucht es Hilfe von allen Seiten. Auf diplomatischer Ebene muss alles unternommen werden, um Konflikte zu beenden. Es muss verhindert werden, dass weitere Menschen auf ihrer Flucht, ob übers Mittelmeer oder auf dem Landweg, sterben. Alle europäischen Länder sind gefordert, mehr Flüchtlinge aufzunehmen und diese Aufgabe nicht alleine den Nachbarländern von Krisengebieten aufzubürden.
Es sind die wohlhabenden und politisch stabilen Länder, die am besten unbürokratische und schnelle Hilfe leisten können. Die Schweiz hat eine jahrzehntelange Erfahrung in der Katastrophenhilfe. Im Kleineren sind genauso die Kantone und Gemeinden gefordert. Die Stadt Zürich hat das gerade gezeigt, sie hat sich ausdrücklich bereit erklärt, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen.
Der Kantonsrat hat an jenem schwarzen Montag verhindert, dass sich Zürich in der aktuellen humanitären Katastrophe hilfsbereit und solidarisch zeigt. Das ist empörend!
Kathy Steiner, Kantonsrätin, Grüne
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