Schulraum ist ein knappes Gut

Die Schulraumplanung erwies sich gerade in den vergangenen Jahren als heisses Eisen. Auch in Höngg wächst der Bedarf kontinuierlich. Zeit für eine Fokusreihe zum Thema.

Im Schulhaus Bläsi 1933, klassischer Frontalunterricht.
Das Gemeinde- und Gesellenhaus Rebstock am Meierhofplatz, in dem 1615 das erste offizielle Schulzimmer der Gemeinde Höngg war.
Eine Turnstunde 1962, im neuen Schulhaus Riedhof Pünten.
Das Schulhaus Rütihof, Sicht gegen die Frankentalerstrasse.
Das Schulhaus Lachenzelg in «seinem» ersten Schuljahr 1953/1954.
Das Schulhaus Vogtsrain nach seiner Fertigstellung aus der Vogelperspektive.
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In der Stadt Zürich allgemein und in Höngg im Besonderen wächst die Bevölkerung und mit ihr die Zahl der schulpflichtigen Kinder. So hat die Anzahl der Schüler*innen und Kindergartenkinder im Schulkreis Waidberg seit dem Schuljahr 2011/12 um 1376 Kinder und um 65 Klassen zugenommen. Es ist zu erwarten, dass mittelfristig 610 und langfristig nochmals 320 Kinder mehr die Schule und den Kindergarten besuchen werden. Voraussichtlich braucht es weitere 49 Schul- und Kindergartenklassen. So steht es im Papier «Schulraumplanung Stadt Zürich – Raumbedarfsstrategie Schulen», der Fachstelle für Schulraumplanung, das im Juli 2020 publiziert wurde. Die neue Fokusreihe befasst sich deshalb mit dem Thema der Schulraumplanung in den Quartieren Höngg und Wipkingen, die beide dem Schulkreis Waidberg angehören. Wie die meisten vergangenen Fokusreihen, beginnt auch diese mit einem kleinen Stück Geschichte aus dem Archiv der Höngger Quartierzeitung.

Lange Zeit reichte ein einziges Schulhaus

Einen ersten Hinweis auf schulische Aktivitäten in Höngg liefert nach Markus Eisenring (1945-2019), der sich vor sechs Jahren für diese Zeitung ausführlich mit der Geschichte der Schulen in Höngg auseinandergesetzt hat, ein Eintrag in der Kirchengutsrechnung aus dem Jahr 1579. Es handelt sich dabei um eine Lohnzahlung an Schulmeister Oth (Otto) Guldibeck in der Höhe von zwei Pfund für ein halbes Jahr Unterricht. Zusätzlich mussten die Schüler*innen jede Woche Schulgeld abliefern. So variierte der Lohn des Lehrers auch nach Jahreszeiten, denn im Sommer mussten viele Kinder im Elternbetrieb mitarbeiten und blieben deshalb der Schule fern. Im Winter hingegen unterrichtete Guldibeck an die 100 Schülerinnen und Schüler, schreibt Eisenring. Eine beachtliche Zahl, zählte Höngg im Jahr 1634 doch erst 629 Einwohner*innen. Zwingend wurde der Schulbesuch jedoch erst viel später, nämlich 1874, als die obligatorische, kostenlose Primarschule in der Bundesverfassung verankert wurde. Unterrichtet wurde vorerst im Haus des Schulmeisters, 1615 richtete die Gemeinde Höngg ein Schulzimmer im Gemeinde- und Gesellenhaus Rebstock beim Meierhofplatz ein. Irgendwie schienen Schule und Gesellenbetrieb aber nicht so richtig zusammenzupassen, weshalb man froh war, im Jahr 1643 das erste Höngger Schulhaus am Wettingertobel einrichten zu können, dort wo heute ein Kindergarten, eine Klasse der heilpädagogischen Schule, ein Hort sowie Räume für das Musikkonservatorium untergebracht sind. Im Unterricht ging es in erster Linie darum, Lesen und Schreiben zu lernen, rechnen konnten nur wenige. Während es bis 1750 vorrangig um kirchliche Erziehung ging, beeinflussten ab dem 19. Jahrhundert verstärkt Aufklärer wie Pestalozzi und Rousseau die Art und Weise, wie unterrichtet wurde.

Reaktion auf rasantes Bevölkerungswachstum

Das älteste Schulhaus nach dem Wettingertobel war das Bläsischulhaus B, welches 1883 eingeweiht wurde und vier Zimmer besass. Um 1900 lebten rund 3100 Personen in Höngg und Rütihof. 1907 wurde schliesslich das Bläsischulhaus A mit neun Zimmern und einer Turnhalle eröffnet. Bis das Bläsi B 1977 abgebrochen und 1978 das Hallenbad und eine Turnhalle eingeweiht wurden, war die Bevölkerung von Höngg auf über 17000 Personen gewachsen. 2013 bis 2015 wurde das Schulhaus gesamtsaniert.
Nachdem die älteren Höngger Kinder jahrelang erst in Regensdorf und später in Oberengstringen in die Sekundarschule hatten gehen müssen, wurde ab 1871 im Wettingertobel die Sekundarschule Höngg-Oberengstringen eingerichtet. Später zog sie ins neu errichtete Bläsi A. Die Planung der heutigen Sekundarschule Lachenzelg begann bereits im Jahr 1933, wurde aber durch die Eingemeindung 1934 unterbrochen und erst 1943 wiederaufgenommen. 1953 konnte die Oberstufe schliesslich eröffnet und 1957 durch die Schulhäuser Imbisbühl und Pünten erweitert werden. Später wurden Lachenzelg und Imbisbühl zum Oberstufenzentrum umgebaut.
1963 wurde das Riedhof-Schulhaus errichtet, welches wegen seiner Pavillonstruktur zum Anschauungsobjekt für Architekturstudenten aus der ganzen Welt wurde. 1973 folgten das Vogtsrain- und 1994 das Rütihofschulhaus. Letzteres war eine Antwort auf die rasante Entwicklung der letzten 40 Jahre im Satelliten-Dorf Rütihof: «Von rund 80 Personen in den 1970ern stieg die Einwohnerzahl des Rütihofs auf rund 4000 an – mit entsprechend vielen Kindern», schrieb Eisenring in einem seiner Texte.

«Am Wasser» musste bereits erweitert werden

Das jüngste Schulhaus Hönggs, «Am Wasser», stammt aus dem Jahr 2000. Es wurde als Teil eines grossen Bauprojekts im Verbund mit der ehemaligen «Seidenstoffweberei Höngg» geplant. Nach der Schliessung der Seidenstoffweberei hatte die Stadt das Areal 1942 gekauft und vermietete es an Gewerbetreibende. 1992 wurden grosse Teile der Anlage durch einen Brand zerstört, wodurch sich aber neue Möglichkeiten für das kurz zuvor unter Denkmalschutz gestellte Gebäude eröffneten. Da mittlerweile viele Familien an die Limmat gezogen waren, wuchs auch hier der Bedarf an Schulräumen, und so konnte im Jahr 2000 die Schule «Am Wasser» eröffnet werden und wenig später auch ein Kindergarten und ein Hort einziehen. Bereits 2004 mussten auf der anderen Seite der Limmat zwei Ersatz-Pavillons erstellt werden, 2007 wurde das Schulhaus «Am Wasser» im Obergeschoss erweitert.
Wer genaueres zu diesen Schulhäusern nachlesen möchte, sei auf die Artikel aus dem Jahr 2015 verwiesen, Link in der Infobox. Im kommenden Teil der Fokusreihe Schulraumplanung wird es um die aktuellen Zahlen und die Prognosen für die kommenden Jahren gehen. So viel sei verraten: Mindestens ein neues Schulhaus im Schulkreis Waidberg ist in Planung.

 

2015 erschien im «Höngger» eine Serie zu den Schulen in Höngg. Der 2019 verstorbene Autor Markus Eisenring erzählte die Geschichten der Schulhäuser in neun Teilen, nachzulesen unter www.hoengger.ch/dossiers. Dieser Artikel basiert auf seinen Berichten, wo auch weiterführende Literatur aufgelistet ist.

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