Richterinnen und Richter: Laien oder Profis?

Der Kantonsrat behandelt gegenwärtig aufgrund einer Parlamentarischen Initiative der SP wieder einmal die Frage, ob generell für alle Richterinnen und Richter eine juristische Ausbildung für ihre Amtstätigkeit notwendig sei.

Vor allem an den Bezirksgerichten auf der Zürcher Landschaft bestehen die Richterkollegien immer noch aus vereinzelten Laien, das heisst Personen ohne juristische Ausbildung. Historisch hatte dies seine guten Gründe. Im 19. Jahrhundert war die Gewaltentrennung, so wie wir sie heute kennen, noch nicht konsequent umgesetzt. Bis zur Kantonsverfassung von 1831 gab es immer wieder Exekutivmitglieder, die gleichzeitig auch als Richter tätig waren. Aus demokratischen Gründen war deshalb eine direkte Vertretung aus dem Volk ein wichtiges Element. Auch war damals der Zugang zur universitären Bildung ein Privileg der Oberschicht. Und über die wenigen Gesetze, die es damals gab, konnte man noch eher den Überblick behalten.

Zahl der Gesetze um Vielfaches vermehrt

Fast 200 Jahre später hat sich jedoch vieles geändert. Unser Leben ist auch wegen des technologischen Fortschritts und des gesellschaftlichen Wandels wesentlich komplizierter geworden und die Zahl der Gesetze hat sich um ein Vielfaches vermehrt. Dafür ist der Zugang zur Bildung heute für alle Gesellschaftsschichten möglich.
Die Befürworter der Laienrichter argumentieren gerne mit der besseren Durchmischung der Kollegialgerichte, wenn auch Personen aus dem praktischen Leben bei der Urteilsberatung mitwirken. Nun hat aber der Kanton Zürich in den letzten Jahren seine Gerichtsorganisation geändert, so dass viel mehr Entscheide von Einzelrichtern erlassen werden. Dies vor allem deshalb, weil sonst die Gerichte mit Geschäften hoffnungslos überlastet wären.

Laienrichter stossen an ihre Grenzen

So werden Angelegenheiten aus dem Familienrecht, Strafsachen, bei denen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr beantragt wird, sowie zivilrechtliche Forderungen bis 30 000 Franken in Einzelrichterkompetenz entschieden. Als Kollegialgericht entscheiden die Bezirksgerichte nur noch knapp 3,5 Prozent aller Verfahren. Und als Einzelrichter stossen die Laienrichter endgültig an ihre Grenzen. Sie sind auf die Vorarbeiten des Gerichtssekretärs oder die Mithilfe eines professionellen Kollegen angewiesen, was gewiss nicht im Sinne der Unabhängigkeit der Justiz ist. Der Kantonsrat hat deshalb beschlossen, neu nur noch Personen mit einer juristischen Ausbildung als Bezirksrichter zuzulassen. An den oberen Instanzen gibt es schon lange keine Laienrichter mehr. Für die bestehenden Laienrichter gibt es eine Übergangslösung. Sie dürfen ihr Amt bis zu ihrem Rücktritt noch ausführen. Gegen diese Vorlage haben die Gegner bereits das Referendum angekündigt. So wird es im Laufe des nächsten Jahres wohl zu einer Volksabstimmung darüber kommen.

Benedikt Gschwind, Kantonsrat SP10

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