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Reise ins Musikuniversum
Die «Space Journey» des Musikvereins Höngg entführte die Zuhörenden in fremde Länder und Galaxien und eröffnete ihnen neue Welten in ihren eigenen Köpfen.
28. März 2018 — Patricia Senn
Im Reformierten Kirchgemeindehaus Höngg sind die Erwartungen hoch: Letztes Jahr hatte das Blasorchester im Toni-Areal in einem richtigen Konzertsaal spielen dürfen, wo jedes einzelne Instrument kristallklar zu hören gewesen war. Doch die Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht: Selbst der Klang des Xylophons schafft es im Eröffnungsstück «Flight into a Hopeful Future» des Japaners Satoshi Yagisawa bis in die hintersten Reihen. Nur das Schlagzeug kämpft zeitweise gegen die Betonwand im Hintergrund.
Erster Halt: Japan
Nach dem gelungenen Auftakt begrüsst Moderator Marco Galli die Gäste souverän auf Japanisch und präsentiert die drei Regeln, die der Komponist Yagisawa aufgestellt, und die wohl auch der Musikverein verinnerlicht hat: «Tu alles, was du tust, ernsthaft; nimm Rücksicht auf die anderen; Tu alles was du tust, diszipliniert». So, wie ein Bergsteiger nicht unvorbereitet auf den Gipfel stürmt, bedarf es auch einer schrittweisen Annäherung, bevor man den Sprung ins Weltall wagen kann. Also führt die Reise erst in den nördlichen Teil Japans, wo 2003 in Wajina der Noto Flughafen eröffnet wurde, zu dessen Einweihung Alfred Reed ein Stück in drei Sätzen geschrieben hat. Der Prolog «Look to the Skyes» wirbelt eine Feder – oder vielleicht realistischerweise einen weggeworfenen Plastiksack – hoch in die Luft, immer höher kreist er im Wind, vielleicht dem Meer entgegen, das im zweiten Satz «The Winds and Waves of Wajina» erwähnt wird. Im Fischerdorf pfeifen die Querflöten wie Wind durch die Blätter, die Harfe treibt sanft die Wellen in die Bucht, und die Klarinetten und Oboen tanzen leicht wie Nussschalen auf den Schaumkrönchen der Gischt. Zum Schluss nochmals ein stattlicher Marsch und der Flughafen ist offiziell eingeweiht.
Von Einhörnern und Sonnenanbetern
Von Japan ist es scheinbar ein Katzensprung in die Welt der Fabeln und Märchen. Dort wohnt auch das Einhorn, welches schon von Aristoteles und in der Bibel erwähnt worden sein soll. Das Lied «Cry of the Last Unicorn» von Rossano Galante aus dem Jahr 2011 hat zwar leider nichts mit dem wunderschönen Zeichentrickfilm von 1982 zu tun, entführt die Zuhörenden aber ebenso in fantastische Welten und erzählt die melancholische Geschichte vom gejagten letzten Einhorn. Das Kopfkino läuft, wäre es nicht spannend, einen Blick hinter die Stirn der Anwesenden werfen zu können? Nachdem Tintin – auf Deutsch: Tim von Tim & Struppi – in «Prisoners of the Sun» von Dirk Brossé, arrangiert von Johan de Meij, in den Anden mit einer List der eigenen Hinrichtung durch ein Volk von Sonnenanbeter entkommen konnte, wird das Publikum in die Pause entlassen.
Achtung: Spoiler!
Während des ersten Stücks des zweiten Teils geschieht etwas Unerwartetes: In «Sons of the Midnight Sun» des Finnen Timo Forsström beginnen die Musikerinnen und Musiker zu summen, zu singen und zu klatschen. Das klingt ziemlich gut. Wer ein Blasinstrument spielt, verfügt scheinbar auch über eine gute Atemtechnik. Und Moderator Galli offenbar über ein gutes Sprachgehör, denn wieder hält er einen Monolog in einer Sprache, die sich später als Finnisch herausstellt. Was er genau gesagt hat, bleibt aber sein Geheimnis. Schon geht die musikalische Reise weiter in entfernte Galaxien, unterwegs macht der Musikverein Halt auf dem Mond, mit einem Medley der Filmmusik zu «Moonraker», einem James Bond aus dem Jahr 1979 mit Roger Moore. Nachdem Agent 007 die Welt einmal mehr vor ihrem Ende gerettet hat, bricht der letzte Teil und Höhepunkt der «Space Journey» an: Die epochale Star-Wars-Saga. Zwar spricht Galli kein Klingonisch – nein, halt, das ist eine andere Serie – aber er outet sich als «Nicht-Kenner» der Star-Wars-Filme. Dafür kann er sehr gut googlen: Er hat sich alle wichtigen Charaktere der «Krieg der Sterne»-Episoden gemerkt und liefert gleich noch einen «Spoiler», in dem er allen verrät, wer Luke Skywalkers Vater ist – also wirklich! Als dann die berühmte Melodie des Vor- und Abspanns der Filme erklingt, ist alles verziehen, an einer ganz bestimmten Stelle erwartet man jeden Moment, dass Darth Vader persönlich um die Ecke kommt, und Kapitän Bernhard Meier dirigiert sein Orchester mit zackigen Bewegungen wie von einer Raumschiff-Kommandobrücke aus. Die allerletzte Sprache, die an diesem Abend gesprochen wird, ist universell für alle verständlich: Sie heisst langanhaltender Applaus.
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