Referierbar für einmal für Frauen und Männer

Die Referierbar vom Dienstagabend, 26. Januar, lockte mit dem Titel «Was hat gewaltfreie Kommunikation mit Wohlfühlen zu tun?» zahlreiche Frauen und Männer jeden Alters an. Referent Wolfgang Wulle überraschte das Publikum mit Geschichten und Neuem aus der Hirnforschung.

Referent Wolfgang W. Wulle mit einer Zeichnung des Gehirns und seinen vielen Nervenverbindungen.

Um 19 Uhr sind die Plätze im Café des «Sonneggs» fast vollständig besetzt, bei Chips und einem Glas Wasser oder Wein warten die Besucher gespannt auf das Referat von Wolfgang W. Wulle, Kommunikationstrainer, Mediator und Coach. Der Deutsche verfügt über 30 Jahre Erfahrung als Unternehmer sowie als Trainer für gewaltfreie Kommunikation und Mediator nach dem Modell von Dr. Marshall Rosenberg. Dieses entstand in den 1960er Jahren. Rosenberg forschte und kam zum Schluss, dass die Empathiebereitschaft, also die Fähigkeit, sich in andere hineinzufühlen, im selben Verhältnis zunimmt wie die Gewalt im Inneren des Menschen abnimmt.

«Haben wir Ärzte unter uns?» – «Brauchen wir das an diesem Vortrag?»

Mitorganisatorin Barbara Morf, Sozialdiakonin bei der reformierten Kirche, freut sich, dass die Referierbar, ein ökumenischer Anlass beider Höngger Kirchen, zum ersten Mal auch Männern offen steht. «Bisher fanden wir, dass ein Abend unter Frauen etwas sehr Schönes ist, nun wollten wir jedoch auch einmal die Männer einladen», so Barbara Morf. Die Stimmung ist locker, so etwa reagiert auf die Frage von Wolfgang Wulle «Haben wir Ärzte unter uns?» ein junger Mann mit «Brauchen wir das hier am Vortrag?», was zu den ersten Lachern führt. Der Referent fragt nach den Erwartungen an den Abend. Eine Frau wünscht sich, dass sie danach weiss, wie sie jemanden, der sie mit einem Wortschwall nur so eindeckt, stoppen kann. «Sie meinen, wie man jemanden wertschätzend unterbrechen kann?», so Wulle. Genau dies meine sie. Eine andere Besucherin möchte wissen, ob sie bereits jetzt gewaltfrei kommuniziere, und besucht den Anlass deshalb.

Man hört das, worauf man zu achten gewohnt ist

Zuerst führt der Referent aus, dass das Hirn zwar nur rund 500 Gramm schwer sei, jedoch 20 Prozent der gesamten Körperenergie brauche: «100 Milliarden Gehirnzellen und 70 bis 100 Billionen Nervenverbindungen brauchen viel Energie.» Von Hirnforschungs-details geht es dann aber immer wieder zum Praktischen, was die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer leichter zu verstehen scheinen. So bleibt einem die Geschichte vom Indianer und dem weissen Mann gut im Gedächtnis: Der Indianer hörte im Stadtlärm eine Grille zirpen. Der Weisse sagte, dies sei nicht möglich. Der Indianer fand die Grille wirklich, worauf der Weisse entgegnete, die Indianer hätten halt einfach ein besseres Gehör. Das stimme nicht, so der Indianer, und liess eine Münze zu Boden fallen. Alle Leute im Umkreis von mehreren Metern drehten sich um. «Siehst du: Wir hören das gut, worauf wir zu achten gewohnt sind…», so der Indianer.

Gestik und Tonfall sagen mehr aus als gesprochenes Wort

Überraschend für die Zuhörenden waren auch die Gewichtung der drei Kommunikationsformen: Verbal wird mit nur sieben Prozent gewichtet, während Nonverbal/Gestik mit 55 Prozent und Paraverbal, also der Tonfall, mit 38 Prozent zu Buche schlagen. Das heisst nichts anderes, als dass Gestik und Tonfall viel mehr aussagen als das gesprochene Wort.
Logisch ist bei genauerem Nachdenken auch, dass «jeglicher Antrieb menschlichen Handelns der Erfüllung von Bedürfnissen dient», wie Wolfgang Wulle erläutert. Ein Konflikt sei ein «tragischer Ausdruck von unerfüllten Bedürfnissen». Wichtig sei bei jeglicher Kommunikation die eigene innere Haltung. Dies versinnbildlichte er mit der Geschichte des guten und des bösen Wolfes, die in einem selbst wohnen und gegeneinander kämpfen: «Welcher Wolf gewinnt den Kampf?», fragte der kleine Junge in der Geschichte. «Der, den du fütterst», so die Antwort des Grossvaters. Mit diesem Abschluss, über den das Publikum noch nachsinniert, entlässt Wolfgang Wulle die Anwesenden in den Apéro, den Freiwillige liebevoll und grosszügig bereitgestellt haben: Bei einem Käsesandwich und Antipasti lässt sich über das soeben Gehörte gut diskutieren, auch darüber, was denn nun die Antworten auf die beiden Fragen zu Beginn seien, die so eins zu eins nicht geklärt wurden während des Referats.

Was ist gewaltfreie Kommunikation?
Sie soll Menschen ermöglichen, so miteinander umzugehen, dass der Kommunikationsfluss zu mehr Vertrauen und Freude am Leben führt. Im Vordergrund steht nicht, andere Menschen zu einem bestimmten Handeln zu bewegen, sondern eine wertschätzende Beziehung zu entwickeln, die mehr Kooperation und gemeinsame Kreativität im Zusammenleben ermöglicht. (Quelle: Wikipedia)

Nächste ökumenische Referierbar für Frauen: Dienstag, 14. Juni, 19 Uhr, Katholische Pfarrei Heilig Geist, Limmattalstrasse 146. Kathrin Stutz arbeitet bei der Beratungsstelle für Asylsuchende und informiert über das Asylverfahren.

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