Recycling als Amüsement

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Neulich sandte mir die Redaktion ein Leserfoto, das von mir stammen könnte. Ein Bild, wie es die Redaktion offenbar regelmässig bekommt, sagt sie. Ein Abfallbild. Nein, nicht eines, das nicht verwertet werden kann, sondern eines, das Abfall zeigt: Diverse PET- und andere Flaschen, fein säuberlich gesammelt, ordentlich zerdrückt, in eine Einkaufstüte gesteckt, zur Recyclingstelle getragen und dort – an den Wegrand gestellt. Was für eine unglaubliche Sauerei. Und sowas in der Schweiz, dem Land, in dem Altpapier zuerst gebügelt wird, bevor man es zu perfekten Kuben gebündelt an den Strassenrand stellt. Ja, man mag sich darüber aufregen. Ist mir auch schon passiert. Hab’ ich mir aber abgewöhnt und den Ärger zu Amüsement recycliert. Das Verfahren sollte ich patentieren lassen. Mach ich aber nicht, denn das widerspricht irgendwie dem Recyclinggedanken. Also rezitiere und recycliere ich es Ihnen gratis:
Ärgern Sie sich nicht über so neben der Recyclingstelle entsorgtes Sammelgut, amüsieren Sie sich lieber über die grenzenlose Dummheit jener Flasche, welche diese Flaschen so entsorgt hat. Echt jetzt. Stellen Sie sich mal vor, was für ein immenser Aufwand diese Person betrieben hat: Zuerst Mineralwasserflaschen eingekauft und nach Hause geschleppt, dahin, wo das Leitungswasser bereits fast gratis fliessen würde. Dann die leeren Flaschen zerdrückt, über Tage hinweg gesammelt und in der Küche immer wieder über die halbvolle Tüte gestolpert. «Bärchen, wenn du schon rausgehst, nimm doch gleich noch die anderen Flaschen mit». Den Stich überhörend tut Bärchen wie geheissen – doch dann hat es da einfach keinen Einwurfschlitz für Plastikgebinde an dieser dämlichen Recyclingstelle des ERZ! («Bärchen, die wäre bei der Migros.» «Die hat aber zu. Und zudem steht hier ‹kein Einwurf nach 20 Uhr›. Was nun, Hasilein?» «Weiss auch nicht.») Also stellt Bärchen die Tüte mit dem Sammelgut einfach dort hin und zieht seines Weges, via ein Bier mit den Kumpels zurück zu Hasilein. Am nächsten Tag kommt dann der kleine Lastwagen des ERZ, ein fleissiger Mensch wirft die Tüte auf die Ladefläche und fährt am Ende des Tages damit – nein, nicht zur PET-Sammelstelle, sondern in die ganz normale Kehrichtverbrennungsanlage. Dort werden alle Flaschen, welche von einer anderen Flasche so brav gesammelt, zerdrückt und abtransportiert wurden, «thermisch verwertet». Also verbrannt.
Sorry, ich kann nicht anders, mich amüsiert so viel Dummheit. Und ganz selten lasse ich mich dazu hinreissen, Bärchens am Wegrand deponierte Taschen auf dem Weg zum Einkaufen grossherzig mitzunehmen und korrekt zu entsorgen. Das ist das kleine Pfadi in mir. Gäbe es einen Recyclingschlitz für Dummheit, die Welt wäre besser dran. Leider hat noch niemand eine patente Idee, wie man Dummheit wiederverwerten könnte. Ausser durch Fortpflanzung.

Mit Secondhand- Grüssen
Frank Frei

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