Politisch aktiv schon seit der Kindheit

In seiner Laufbahn hat Marcel Odermatt schon so einiges erlebt. Seinen Idealen ist er dabei jedoch stets treu geblieben.

Am liebsten mit dem Velo unterwegs: Marcel Odermatt. (Foto: zvg)

Aufgewachsen bin ich mit meinen Eltern und zwei Brüdern in Schwamendingen und Seebach in einfachen Verhältnissen. Unsere Eltern waren genossenschaftlich und gewerkschaftlich engagiert, es wurde zu Hause viel diskutiert und grossen Wert auf Bildung gelegt. So wurde ich früh politisiert. Meine erste Demo erlebte ich 1968, im Alter von 13 Jahren. Damals waren die sowjetischen Truppen ausgerechnet an meinem Geburtstag in der Tschechoslowakei einmarschiert und hatten den Prager Frühling zerschlagen. Das hat mich zutiefst erschüttert. Auch das Elend der Menschen in den ärmeren Ländern sowie die Umweltverschmutzung waren Themen, die mich bewegten.

Erstes politisches Engagement

Deshalb begann ich schon während der Gymizeit, auf verschiedene Arten aktiv zu werden, etwa indem ich zur Weihnachtszeit mit Mitgliedern der Jungen Kirche vor dem Globus dazu aufrief, statt Geschenke zu kaufen lieber Geld zu spenden oder mit der Caritas nach Jugoslawien zu einem vierwöchigen Arbeitseinsatz fuhr. Die Schule interessierte mich dagegen von Jahr zu Jahr immer weniger, sodass ich schliesslich nur mit Ach und Krach durch die Matura kam.

Vom Lehrberuf zum Biologen

Nach dem Schulabschluss absolvierte ich zunächst eine Ausbildung zum Primarlehrer. Meine Motivation war, durch die Vermittlung von Bildung zu einer besseren und gerechteren Welt beizutragen. Im Schulhaus Buhnrain führte ich drei Jahre lang eine Realschulklasse, merkte allerdings, dass die Tätigkeit als Klassenlehrer doch nicht so mein Ding ist. Deshalb entschied ich mich um, besann mich meiner grossen Liebe zur Natur und begann, an der Uni Zürich Biologie zu studieren. Das war nicht ganz einfach, immerhin lag damals meine Matura bereits sieben Jahre zurück. Es war anstrengend, aber es hat geklappt und ich konnte das Studium erfolgreich abschliessen. Ich begann, eine Dissertation zu Alternativen zu Tierversuchen, merkte aber bald, dass ich kein Labormensch bin.

In der NGO-Szene

Anschliessend war ich zunächst in einem kleinen Umweltberatungsbüro tätig. Wir entwickelten dort etwa ein Abfallkonzept für die Stadt Uster und unterstützten das Abfuhrwesen Zürich dabei, in den Quartieren die Gemeinschaftskompostierung voranzutreiben.  
1990 stieg ich dann beim WWF ein. In der damals neu gegründeten Abteilung Konsum und Umwelt kümmerte ich mich um Alltagsfragen wie Ökologie im Haushalt, also umweltverträgliches Putzen und Waschen, Heimwerken und Gärtnern. Auch konnte ich gemeinsam mit anderen das erste T-Shirt aus Biobaumwolle lancieren. Wichtig war uns dabei, nicht den Mahnfinger zu erheben, sondern tolle, genussvolle Alternativen aufzuzeigen.
Die Zeit beim WWF hat mich sehr geprägt; zwölf Jahre lang war ich hier angestellt und konnte bis zum Mitglied der Geschäftsleitung aufsteigen. 2001 geriet die Umweltorganisation leider in eine interne Krise und ich verliess den WWF sehr traurig. Es folgten anderthalb Jahre Erwerbslosigkeit, was für mich und meine Familie sehr belastend war.
Auch danach blieb ich der NGO-Szene treu und war zwischen 2003 und 2020 in den verschiedensten Organisationen tätig: ob im Bereich Tierschutz, umweltgerechte Mobilität, Einsatz für hirnverletzte Menschen oder beim Blindenverband. Ende 2020 habe ich mich schliesslich – zumindest beruflich gesehen – zur Ruhe gesetzt.

Ein Vierteljahrhundert im Rütihof

Nun kann ich meine Zeit anders nutzen – etwa, indem ich mich für mein Wohnquartier engagiere. Seit genau 25 Jahren lebe ich nun im Rütihof. Das Quartier gefällt mir ausserordentlich gut und ich versuche auch hier, meine Ideen und Ideale zu verwirklichen. So setze ich mich dafür ein, dass in meiner Genossenschaftssiedlung die Biodiversität noch mehr gefördert wird. Mein Traum ist es, gemeinsam mit anderen den Rütihof zu einem kleinen Paradies für heimische Blütenpflanzen, Schmetterlinge, Wildbienen, Vögel, Igel und andere Wildtiere zu entwickeln.

Den Kreis schliessen

Daneben bin ich viel in Bewegung, sei es beim Nordic Walking, beim Schwimmen oder auf dem Fahrrad. Ausserdem liebe ich es, für Freund*innen, meine Töchter und Bekannte oder auch nur für mich selber zu kochen; am liebsten «Freestyle»-Versionen der mediterranen Küche, gern auch mal etwas Nahöstliches nach Otto Lenghi. Und schliesslich werde ich im August als Mitglied der Kreisschulbehörde tätig werden. In diesem Rahmen werde ich einzelnen Lehrer*innen Schulbesuche abstatten. So schliesst sich für mich der berufliche Kreis wieder: zurück zum Lehrberuf – wenn auch nur noch in einer wohlwollend beobachtenden und auf Wunsch beratenden Rolle.

Stafetten-Porträt

In diesen monatlichen Beiträgen werden ganz normale Menschen aus Höngg porträtiert: Man braucht nicht der Lokalprominenz anzugehören und muss auch nicht irgendwelche herausragenden Leistungen vollbracht haben, nein, denn das Spezielle steckt oft im scheinbar Unscheinbaren, in Menschen «wie du und ich». 
Sollte die Stafette abreissen, sind wir froh, wenn auch Sie uns mögliche Kandidat*innen melden. Kontaktangaben bitte per Mail an redaktion@hoengger.ch oder Telefon 044 340 17 05. 

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