Quartierleben
Pfannestil Chammer Sexdeet begeisterte ausnahmslos
Das Forum Höngg präsentierte das Trio Pfannestil Chammer Sexdeet – ein Glückstreffer, den die Hönggerinnen und Höngger zu schätzen wussten: Der Kulturkeller des GZ Höngg/Rütihof war ausverkauft. Rund 70 Besucher wollten die grandiosen Wortjongleure hören und sehen.
18. November 2014 — Redaktion Höngger
Seit 25 Jahren gibt es das findige Trio um Lisa Gretler, Reto Baumgartner und Res Wepfer, und genau so lange schon sind die drei Musizierenden nicht nur regelrechte Wortakrobaten, sondern auch begnadete Schauspieler, wie sich im Laufe des Konzertes zeigen sollte.
Auf der Bühne den Proviant verzehrt
Schwarz die Bühne, und dies noch vor dem Konzert – was das wohl bedeuten mochte? Rauchiger Nebel. Nebel, soweit die Bühne reichte – und mittendrin das Pfannestil Chammer Sexdeet, mit Kontrabassist und Sänger Reto Baumgartner, der friedlich an seinem Sandwich herumkaute, Lisa Gretler, Sängerin, Pianistin, Posaunistin und Perkussionistin, die zusammen mit Res Wepfer, Sänger und Ukulelespieler, die Cowboystiefelabsätze auf den Bühnenboden knallen liess. «Sehr guet», liess Lisa Gretler immer wieder hören. Dies war denn auch der Titel des ersten Stückes: «All die, wo vorem Fernseh flenned – sehr guet. All die, wo vorem Fernseh penned – sehr guet. All die, wo gar kän Fernseh händ und glich en Film verbii zieh gsehnd: sehr guet, sehr guet!» Auf die Frage, ob man die drei ohne Mikrofon bis in die hinterste Reihe hören könne, antwortete das Publikum schlagfertig mit «Seehr guet!»
Die schrägen, hintergründigen Texte passten bestens zum Bühnenoutfit des dreiköpfigen Sexdeets: In einer Mischung aus Zirkusuniformen mit Batikmuster und wilden Zotteln gekleidet, sahen sie optisch so schräg aus, wie sie klangen – dabei aber immer brillant und musikalisch auf hohem Niveau. Wer Heinz de Specht mag, mag auch das Pfannestil Chammer Sexdeet. Oder umgekehrt, wie Christian Weiss, Musiker bei «Heinz de Specht» und Besucher des Höngger Konzertes der Redaktorin des «Hönggers» erläuterte: «Das Pfannestil Chammer Sexdeet gibt es seit 25 Jahren, Heinz de Specht erst seit zehn Jahren – wir haben uns von dem Trio inspirieren lassen, weil sie so cool sind!»
Spezieller Nebel aus der Nebelmaschine …
Das Trio spielte viele Stücke vom aktuellen Album «Tobak», und dazu gehörte natürlich auch stilgerecht, dass nach fast jedem Stück ausgiebig Gebrauch von der Nebelmaschine gemacht wurde. «Eine Rauchmaschine mitnehmen, das kann ja jeder. Wir haben jedoch eine spezielle Rauchmischung dabei, nämlich mit rechtsdrehendem Rauch, den haben wir in Arlesheim gefunden. Wer damit nichts anfangen kann: In Arlesheim laufen alle 15 Zentimeter über dem Boden…» Dies, weil dort die 1921 gegründete und damit weltweit erste anthroposophische Klinik sowie die Firma Weleda ansässig sind, die anthroposophische Arzneimittel produziert.
Die Hosen an, wenn auch über dem Pyjama
Auch das Stück über Marvin, der «zimli gnau weiss, wo’s duregaht, er hät dihei no immer d’Hose ah» – welche er notabene über dem Pyjama trägt, und den Michi, der noch immer die «kaputten Leute flickt» und mit sich im Reinen ist – «Er flickt sie, laht sie la gah und freut sich still – zu guet nur, gönd em die kaputte Lüüt nöd us…» kam gut an.
Es sei es ziemlich schwer, die Seelen im Raum des Kulturkellers zu zählen: «Manchmal sind sie noch schwer zu sehen. Soll ich nun die Nasen oder die Augen zählen? Und stimmt das dann mit den anwesenden Seelen überein?», fragte sich Lisa Gretler philosophierend. Nebst sinnieren tat sie etwas aber exzellent: die sogenannte Guzzibox, ein Stehschlagzeug, bestehend aus einem bald 40-jährigen Posaunenkoffer des Musikvereins Zürich-Affoltern mit Fusspedal, mittels Brushes spielen. Die Sounds, die sie dem Zauberkoffer entlockte, standen einem Rock-Schlagzeug in nichts nach und sahen auch optisch umwerfend aus. Nebst mitreissenden Stücken, bei denen das Publikum mitklatschte und mitsang, gab es auch eher ruhige Liebeslieder mit köstlichen Refrains: «Du häsch bi mir läbenslänglich, und das nöd mal bedingt» – und das Männerchörli sang im Hintergrund «Schalala la mi la gah»…
Datum, aber für was?
Im Reggaeestil ging es zum Datum, in dem besungen wurde, dass alles ein Datum hat – vom Joghurt über Milch bis zum Galakäse und zur Butter – und natürlich auch die «Friise», die Krise und die gute Laune: «Meistens häts es Datum, und e Garantie gits keini!»
Nach einigen Zugaben und kaum aufhörendem Applaus verabschiedeten sich die drei Musiker, und eines war allen klar: Dieses Datum war schlicht super, und die Garantie wird nicht ablaufen, denn Erinnerungen verblassen nur, wenn man es will.
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