Out of the Box, Part 2

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute über Tipps zur Selbstoptimierung. Oder: Wo ein Wille ist, ist auch ein Cheesecake.

Dagmar Schräder bringt ihre Gedanken aufs Papier. (Foto: dad)

Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich meine Neujahrsvorsätze für 2024 an dieser Stelle präsentiert. «Out of the Box» wollte ich handeln, Sie erinnern sich? Also Dinge tun, die ich normalerweise nicht tue. Oder mich nicht getraue zu tun.

Das Thema begleitete mich tatsächlich durch das ganze Jahr – Stichwort Einparken und so weiter. Und, ohne mich selbst über Gebühr loben zu wollen, finde ich, ich habe das in jüngster Zeit gar nicht so schlecht hingekriegt – also nicht nur das Einparken, sondern das Tun von Dingen, die mir nicht liegen. Deshalb muss ich das hier nochmals aufgreifen. Ich habe da nämlich einen kleinen Trick angewandt, der es mir einfacher macht, mich selbst zu überraschen.

Ich will Ihnen das mal am Beispiel von einem Cheesecake veranschaulichen. Denn Kochen und Backen sind für mich fast so schlimm wie seitwärts einparken. Ich schätze es zwar sehr, was andere in diesen Bereichen alles hinkriegen, aber bei mir selber sehe ich da nicht so wahnsinnige Qualitäten.

Im Gegenteil, es bereitet mir schon einige Sorgen, wenn ich, wenn auch selten, mal genötigt bin, meine Produkte einem grösseren Publikum vorzusetzen. Familiengeburtstage gehen gerade noch so, aber wenn es sich um fremde Leute handelt, die mein Essen überleben sollen, werde ich nervös. Und je nervöser ich werde, desto weniger gelingt es mir.

Wie oft ist es schon vorgekommen, dass ich beim Versuch, einen ansprechenden Kuchen zu produzieren, kläglich versagt habe. Ihn aus dem Backofen genommen und gemerkt habe: «Das kannst du jetzt unmöglich auftischen.» Dann musste ich das Beweisstück meiner Unfähigkeit immer dezent verschwinden lassen und schnell noch einen zweiten Versuch starten, der leider meist auch nicht zu überzeugen vermochte. Oder heimlich, ich gebe es zu, einen Fertigkuchen kaufen und ihn mit ein wenig Puderzucker auf hausgemacht schminken.

Oder aber, noch schlimmer, einfach so tun, als hätte ich gar nie vorgehabt zu backen, mit leeren Händen beim Anlass auftauchen und hoffen, dass es niemand merkt. Bescheuert, sagen Sie? Tatsächlich. Aber mein eigener Anspruch liess es nicht zu, mein mangelhaftes Backwerk aufzutischen.

Jetzt aber habe ich einen neuen Ansatz verfolgt: Ich habe mir selber so viele neue Aufgaben gestellt und mich herausgefordert, dass ich den Kopf voller anderer Dinge hatte und deshalb ohne zu zögern zusagte, als ich gefragt wurde, ob ich für einen wichtigen Anlass backen könne.

Ich hatte schlicht keine Zeit, an mir zu zweifeln – ich musste eine Prüfung in einer Ausbildung ablegen, fremde Kinder und Hunde betreuen, all so Zeugs halt. Ich tat also einfach: kaufte ein, mischte die Zutaten und buk einen Kuchen. Und als er fertig war, sah er perfekt aus. Und schmeckte auch so. Ich hatte ihn einfach so aus dem Ärmel geschüttelt. Und das Lustige daran war: Ich war nicht mal erstaunt.

Die frohe Botschaft, die ich daraus ziehe, ist also: Yes, I can. Die Grenzen meiner Fähigkeiten sind hauptsächlich in meinem eigenen Kopf. Natürlich kann ich nicht einfach alles, aber ich – oder wir alle – sind meist zu viel mehr imstande, als wir denken. Wo ein Wille ist, ist auch ein Cheesecake.

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