Alter
Noch einmal umziehen
Wie und wann entscheidet man/frau sich, in ein Altersheim umzuziehen, was beinhaltet dieser Schritt und wie lebt es sich dort? Sechs Damen, die bereits seit einigen Jahren in der «Hauserstiftung» zu Hause sind, geben dem «Höngger» Auskunft.
2. September 2020 — Dagmar Schräder
Irgendwann mal kommt für fast alle der Punkt im Leben, wo sich die Frage stellt, ob es nicht sinnvoller ist, die eigene Wohnung aufzugeben und in ein Alterswohnheim umzuziehen. Eine Entscheidung, die meistens nicht ganz leichtfällt und mit grossen Veränderungen und Ungewissheiten verbunden ist. Wie und wann wird dieser Entschluss gefasst?
Elsbeth Gassmann, Isabelle Chaperon, Nelly Schiesser, Dora Glutz, Martha Röthlisberger und Edeltraut Saredi wohnen alle bereits seit mehreren Jahren in der Hauserstiftung an der Hohenklingenstrasse und sind bereit, dem «Höngger» in einem Gespräch Auskunft über diesen wichtigen Abschnitt in ihrem Leben zu geben.
Entscheidungen unter Zeitdruck
Isabelle Chaperon ist vor fünf Jahren in der Stiftung eingezogen. Davor lebte sie noch mit ihrem Mann zusammen im eigenen Haus. Doch ihr Mann, der neun Jahre älter war als sie, konnte kaum mehr Treppen steigen und das Leben im eigenen Haus wurde für beide immer beschwerlicher. Da kam der Anruf aus der Hauserstiftung gerade richtig: es seien zwei Zimmer direkt nebeneinander frei geworden, die Entscheidung müsse sofort fallen. «Am Samstag wurden wir benachrichtigt, bis Montag mussten wir uns entschieden haben», erinnert sich Chaperon. «Für mich war der Fall klar, zu Hause ging es einfach nicht mehr. Meinem Mann ist es ein wenig schwerer gefallen, er wollte nicht so gerne von daheim weg», berichtet sie. Doch er liess sich schliesslich von seiner Frau überzeugen: innerhalb von sechs Wochen wurde daraufhin der Umzug organisiert und durchgeführt. «Für uns war es wirklich ein Glücksfall, dass diese zwei Zimmer direkt nebeneinander frei wurden, so dass wir beide gleichzeitig umziehen konnten», erklärt sie, «ich bin froh, diese Entscheidung getroffen zu haben.» Ihr Mann ist leider 9 Monate nach dem Einzug verstorben, seither lebt sie alleine in der Stiftung.
Auch bei Nelly Schiesser musste die Entscheidung schnell gehen. Die 92-Jährige lebt nun bereits seit zehn Jahren in der Hauserstiftung. Davor wohnte sie alleine in einer Wohnung. Doch als diese umgebaut werden sollte und sie als Ersatz in eine andere Wohnung hätte umziehen müssen, fiel ihr die Entscheidung leicht, in die Hauserstiftung zu wechseln. «Ich hatte genau drei Wochen Zeit, den Umzug zu organisieren und alles aus meiner alten Wohnung loszuwerden, das ich nicht mitnehmen konnte. Das war schon krass», gesteht sie. «Doch mein Bruder und zwei seiner Kollegen konnten mich beim Umzug unterstützen. Glücklicherweise habe ich ja auch ganz in der Nähe der Stiftung gewohnt, da war der Weg nicht so weit,» ergänzt sie. Ein wenig anders war der Fall für Edeltraut Saredi. Sie ist wegen ihrer Krankheit in die Stiftung umgezogen. «Ich wusste, dass meine Polyneuropathie unheilbar ist und sich mein Zustand verschlimmern wird. Nun bin ich seit sechs Jahren hier». Ihrer Meinung nach ist es schon ein Unterschied, ob man sich den Ort selber aussucht oder ob man fremdbestimmt irgendwo eingewiesen wird. Sie ist froh, hier zu sein: «Hier bin ich sicher, hier kann mir nichts mehr passieren», sagt sie.
Familiäre Strukturen, gute Lage und ein schöner Garten
Für die Hauserstiftung als Wohnort haben sich die Befragten ganz bewusst entschieden. Alle sind sie alteingesessene Hönggerinnen, da war es klar, dass sie auch im Alter in Höngg bleiben wollen. Dora Glutz etwa schätzt unter anderem die persönliche Atmosphäre innerhalb der Stiftung, wo insgesamt 38 Bewohner*innen leben: «Hier ist alles so familiär, es fühlt sich an, wie wenn man in einer grossen Familie leben würde, das schätze ich sehr. Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, in einer grossen, städtischen Alterseinrichtung zu leben», erklärt sie. Für die Hauserstiftung, so erklären die Seniorinnen einmütig, spreche zudem auch der sehr schön angelegte Garten, in dem sie oft und gerne spazieren gehen sowie die gute Lage mit der schönen Aussicht und der Allee, die ebenfalls zum Flanieren einlädt. Alle haben sie sich daher schon Jahre, teilweise gar Jahrzehnte vor ihrem Eintritt in der Hauserstiftung angemeldet und warteten darauf, zum richtigen Zeitpunkt ein freies Zimmer vermittelt zu bekommen.
Schon vorher zu Hause
Sie sind sich darin einig, dass die Entscheidung für den Umzug in die Stiftung die richtige war – und auch in Bezug auf den Zeitpunkt ist kein Bedauern oder Zweifel zu spüren. Dass sie ihr Zimmer nicht selbst auswählen konnten und auch nicht alle Zimmer gleich gross sind, ist für die sechs Damen kein Problem. Hilfreich beim Einleben in der Institution war aus Sicht der Seniorinnen der Umstand, dass sie fast alle schon vor dem Einzug in der Stiftung ein und aus gegangen sind – sei es zum Spielenachmittag, Quartiermittagessen oder um hier Bekannte zu besuchen. Die Umstellung, so die Befragten, sei daher eigentlich gar nicht so gross gewesen. Sie sei eigentlich schon vorher hier zu Hause gewesen, erklärt etwa Martha Röthlisberger und auch für Chaperon war dies ein wichtiger Punkt, der ihr die Entscheidung erleichterte: «Ich habe schon vor unserem Einzug gesehen, wie es hier zu und hergeht, das hat mich schlussendlich überzeugt, den Schritt zu wagen.» Das Gefühl, hier in Sicherheit zu sein gut betreut zu werden und sich bedienen lassen zu dürfen, beruhigt sie alle ebenso wie die Gewissheit, nun bis zum Lebensende nicht mehr umziehen zu müssen, selbst bei Pflegebedürftigkeit – es sei denn, es wäre ein Krankenhausaufenthalt nötig. Klar, ein wenig Heimweh nach der Wohnung und dem alten Leben, das komme zwar schon auch vor, aber, wie Röthlisberger es formuliert: «Im Grund ist es ja alles eine Frage der Einstellung. Wenn man positiv eingestellt ist, ist das kein Problem. Dann fühlt es sich auch richtig an, hier zu leben.»
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