Nicht mit oder gegen, sondern für den Strom

Darf man ein Firmenportrait mit einem erfundenen, leicht abstrakten Witz beginnen? Man darf, fand Beat Stiefel, beliess den Witz im Textentwurf und geht schmunzelnd das Risiko ein, so zu einem neuen Spitznamen zu kommen. Also: «Wie entsteht ein Elektro-Stiefel? Man kreuzt einen Duracell-Hasen mit Bienen». Warum? Einfach weiterlesen...

Beat und Mirjam Stiefel auf dem Sitzplatz vor ihrem Firmensitz an der Limmattalstrasse 67.

Beat Stiefel schätzt an seinem Beruf die Vielfalt. Mal sei man im Büro, mal in einem Haushalt, auf einer Baustelle oder in einem Garten tätig. Eine berufliche «Traumdestination» als Elektriker, zum Beispiel auf einer Bohrinsel oder in einem Opernhaus, habe er nie gehabt. Das sei sicher auch interessant, meint er, aber irgendwie doch auch begrenzter. Hingegen stand die Selbstständigkeit schon immer als Ziel fest, und so übernahm der gebürtige Höngger am 1. Januar 2012 die Firma Marolf & Co. Elektro-Anlagen. Peter Ruckstuhl, deren langjähriger Mitarbeiter, blieb bei dem damals 28-Jährigen neuen Chef, und vor drei Monaten kam ein weiterer Mitarbeiter temporär dazu. Elektro-Stiefel konzentriert sich auf Servicearbeiten, Reparaturen und Unterhalt, Installationen und kleinere Umbauten. Grössere Um- oder Neubauten sind für den Kleinbetrieb nicht interessant: «Da braucht man für eine begrenzte Zeit bloss mehr Mitarbeiter, die ich nachher wieder entlassen müsste», so Stiefels Einsicht, «und auch preislich könnte ich kaum mithalten, denn Grossfirmen, die Lernende und Stundenlöhner einsetzen, können tiefer kalkulieren».

Gut vernetzter «Stromer»

Wichtiger als risikoreicher Wettbewerb um grosse Aufträge ist Beat Stiefel die Vernetzung im Quartier und in Vereinen. Er ist in der Zunft Höngg, dem Verein Handel und Gewerbe Höngg (HGH) und im OK Weinweg Höngg engagiert. In Bachenbülach, wo er lange wohnte, ist er in der Feuerwehr und in seiner aktuellen Wohngemeinde Stadel im Turnverein. Nicht zu vergessen das Wümmetfäscht, wo Stiefel auch diesen Herbst wieder dafür sorgt, dass der Strom so zuverlässig fliesst wie der Wein. Mit dem Aufbau beginnt er schon am Mittwoch und am Sonntagabend, während alle anderen in der Gewerbebeiz den Ausklang einläuten, demontieren er und seine Frau Mirjam bereits die Festbeleuchtung und die losen Kabel. Am Montag folgen dann die grossen Installationen wie Verteilerkasten und -leitungen. Mehrere Tage Arbeit werden so in das Dorffest investiert und abgesehen von den externen Kosten dem Wümmetfäscht gesponsert. Damit dem WüFä weniger Mietkosten anfallen, hat Stiefel diverses Material gekauft. Einiges davon könne er ja auch sonst brauchen, redet er diesen Aufwand klein. Nein, Persönliches und Geschäftliches könne man bei solchen Engagements nicht trennen, als Selbständiger ohnehin nicht. Da mischen sich automatisch Freunde, Kollegen und Geschäftsbekanntschaften. Und wenn dieses Netzwerk dazu dient, sich gegenseitig für Aufträge zu empfehlen, so mache das im Endeffekt auch für die Kunden Sinn: «Wenn ich auf einem Bau zum Beispiel einen Sanitär oder Maler hinzuziehen muss, dann weiss ich, welche Höngger Firma ich für welche Grössenordnung von Arbeiten empfehlen kann und dass wir dann gut zusammenarbeiten. Und so ist das auch, wenn ein anderer Handwerker mich auf einen Bau holt», erklärt Stiefel den Kundenvorteil. Fairness ist ihm auch in der Kundenpflege wichtig, betont er. Dass man nur empfehle, was wichtig sei und von unnützen Ausgaben abrate. Gerade neue, verschärfte Vorschriften würden oft zu solchen führen, was den Kunden gegenüber manchmal schwer zu erklären sei. «Da muss man dann den Puls der Menschen spüren, um die richtige Lösung anzubieten», so Stiefel.

Stillsitzen geht nicht

Nein, sagt er heute, neben seinem Elternhaus an der Limmattalstrasse 67 auf der kleinen Terrasse im Interview, den Schritt in die Selbständigkeit habe er keinen Moment bereut, auch wenn der Zeitaufwand intensiv sei. Neben ihm sitzt seine Frau Mirjam und blickt, als hätte sie da einen klitzekleinen Einwand. «Ja», sagt die so Angesprochene, «ich bin extrem stolz auf ihn, doch manchmal denke ich schon, ein Schritt <zurück> und jemanden zusätzlich anstellen wäre gut». Beat sei fast nur am Arbeiten, gehe morgens um sechs aus dem Haus, komme zwölf Stunden später zurück und mache dann noch Büroarbeiten. Selbst am Wochenende ruhe die Arbeit nicht immer. «Andererseits ist Stillsitzen ja nun wirklich nicht Beats Art», weiss auch sie, und so unterstützt sie ihn wo sie kann. Die gelernte Praxisassistentin hilft im Büro und geht auch schon mal mit, um auf einer Baustelle Drähte einzuziehen: «Beat hat mich angelernt, also stehe ich am einen Ende des Kabelschachtes und ziehe oder gebe ein, das ist eine willkommene Abwechslung zu meiner sonstigen Arbeit». Im Eigenheim in Stadel findet das sympathische Paar etwas Abstand zum Geschäft, wobei sich dieses, wie sie schmunzelnd anmerkt, auch dort in Keller und Fluren immer mehr ausbreitet – zusammen mit dem Material für die Imkerei.

Bienen, Strom und schöne Komplimente

Ja, die Imkerei ist Beat Stiefels grosse Leidenschaft. Die Bienen faszinieren ihn seit seiner Kindheit. Was den Honig angeht, so dürfte es heuer ein Rekordjahr geben, auch wenn es im Frühling noch nicht danach aussah: «Der plötzliche Kälteeinbruch überraschte alle, auch die Bienen», erzählt er, «sie flogen aus, kamen aber wegen dem Biswind nicht mehr zurück. Die Völker schrumpften stark und mussten sich zuerst wieder erholen». Ende Mai war der Verlust aber ausgeglichen, und die ersten 350 Kilo Höngger Honig konnten geerntet werden. Im Juni kamen weitere 350 dazu und bis Ende Saison wird es, so die Schätzung, mit total knapp einer Tonne ein Rekordjahr geben. Zeit für seine Bienen findet Stiefel an den Wochenenden oder manchmal noch am Feierabend. Im Frühling und Sommer zehn Stunden pro Woche, schätzt er, in Herbst und Winter weniger. Mit dabei sind sein Zwillingsbruder Christian, seine Mutter Silvia und natürlich Mirjam. Diese lacht, als sie versucht, den eben gehörten Zeitaufwand in ein realistischeres Bild zu rücken als ihr Mann: «Beat und sein Bruder sind einfach Duracell-Hasen, die haben eine unglaubliche Energie». Was denn sonst, dachte sich da der Interviewer: Elektriker eben, ständig unter Strom. (Und so entstand später am Schreibtisch der Witz, der diesen Text einleiten durfte.) Zum Schluss angesprochen auf die Zukunftspläne ergreift zuerst sie das Wort. Jemanden einzustellen und als Firma etwas zu wachsen bleibe ein Thema. Und irgendwann eine Familie gründen, fügt sie an. Kleine Duracell-Hasen also? Das antwortende Lachen ist laut und herzlich. Er hofft einfach, dass es weiterhin so gut läuft wie bis anhin und dass Peter Ruckstuhl die gut sechs Jahre bis zu seiner Pensionierung noch weiter «im Schuss» bleibt. Auf das zählt nicht nur der junge Chef, sondern auch viele Kunden. «Es ist schon eindrücklich, wie oft nach Peter verlangt wird», sagt er, «weil er ganz einfach seit Februar 1980, als er bei Marolf angefangen hat, schon in fast jedem Haus in Höngg war. Die Kunden kennen und vertrauen ihm – was will ich da noch mehr?» Vielleicht noch das: Eine Kundin liess ihn wissen, dass sie Elektro-Stiefel ja gerne weiterempfehlen würde, dies aber nicht tue, weil sie sonst befürchte, dass man dann für sie keine Zeit mehr habe – und ein schöner geäussertes Kompliment gibt es nun wirklich kaum.

Elektro Stiefel GmbH
Limmattalstrasse 67
8049 Zürich
Telefon 044 341 17 17
Mail: info@elektro-stiefel.ch
www.elektro-stiefel.ch

Höngger Honig von Stiefels:
Erhältlich bei: Apotheke-Drogerie Hönggermarkt, Obsthaus Wegmann oder bei Bravo Ravioli & Delikatessen. Jeden Dienstag direkt bei Elektro Stiefel an der Limmattalstrasse 67. Für grössere Mengen ist eine Hauslieferung möglich.

Siehe auch «Höngger» vom 3. Juni 2010, 8. Dezember 2011 und 31. Mai 2012 unter www.hoengger.ch

 

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