Nachhaltige Wärme für Höngg und Altstetten

Seit Oktober werden erste Gebäude in Höngg und Altstetten mit Fernwärme aus der Kläranlage Werdhölzli geheizt. Damit konnte bereits 16 Monate nach der Volksabstimmung für «umweltfreundliche Wärme- und Kälteversorgung in Altstetten und Höngg» der Volksentscheid in die Tat umgesetzt.

Schwere Fracht: Einer der drei Wärmespeichertürme, in denen die nachhaltig produzierte Wärme für Höngg und Altstetten gespeichert werden kann, wird angeliefert
Der Energieverbund Altstetten Höngg ist momentan schweizweit der grösste Verbund seiner Art.
Projektleiter Pascal Leumann informiert an der Pressekonferenz im Werdhölzli über den neuesten Stand des Projekts "Energieverbund Altstetten und Höngg"
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Die Versorgung der Haushalte mit Wärme und Kälte ist Bestandteil städtischer Energieplanung. Die Stadt Zürich ist in diesem Zusammenhang im Rahmen der 2000-Watt-Gesellschaft bemüht, fossile Brennstoffe wie Gas und Öl, die heute noch einen Grossteil der Energieträger für die Heizung von Gebäuden ausmachen, zunehmend durch nachhaltige Energiequellen zu ersetzen. Eine der Möglichkeiten für CO2-neutrale Energie ist Fernwärme aus natürlich vorhandenen Ressourcen wie Wasser, Luft oder Boden. Bei der im Jahr 2016 verabschiedeten Energieplanung sah der Stadtrat daher unter anderem vor, die Gebiete Altstetten und Höngg zukünftig mit Fernwärme aus dem Klärwerk Werdhölzli zu versorgen. Die Stimmbevölkerung unterstützte das Vorhaben – im Februar 2019 wurde dem Elektrizitätswerk Zürich (EWZ) als dem mit der Energieversorgung beauftragten Unternehmen in einer Abstimmung der Objektkredit zur Erstellung eines Fernwärmenetzes zugebilligt, der «Energieverbund Altstetten und Höngg» konnte Form annehmen.

Fossile Energien weitestgehend ersetzen

An einer Pressekonferenz vor Ort im Werdhölzli informierten die Projektverantwortlichen nun am 26. Oktober über den Abschluss der ersten Etappe bei der Realisierung dieses Projekts. Innerhalb von 16 Monaten Bauzeit konnte der erste Teil des Fernleitungsnetzes fertiggestellt werden: ein Netz an unterirdischen Rohrleitungen, die warmes Wasser von der Kläranlage im Werdhölzli bis zu den Haushalten transportieren – und das abgekühlte, verbrauchte Wasser wieder zurück in die Energiezentrale befördern. Seit Oktober können jetzt die ersten Haushalte mit dieser regionalen Wärme versorgt werden, das Netz wird derweil kontinuierlich weiter ausgebaut. Bis zum Jahr 2025 soll in Höngg das Gebiet von der Limmat bis in den Rütihof mit Fernleitungen erschlossen werden, später sollen auch «Altstetten Ost», «Altstetten West» und der bereits bestehende Energieverbund Flurstrasse an das Netz angeschlossen werden. Neben dem EWZ werden dann auch ERZ und Energie 360º am Ausbau des Verbunds beteiligt sein, um ein schnelleres Vorgehen gewährleisten zu können. «Wir erwarten», so erklärte Projektleiter Pascal Leumann in seiner Präsentation während der Medienkonferenz, «dass bis zum Endausbau im Jahr 2035 rund 70 Prozent aller Gebäude im betreffenden Gebiet an das Netz angeschlossen werden.» «Dann wird der Verbund», so Leumann weiter, «dafür sorgen, dass jährlich 13 Millionen Liter Heizöl eingespart wird, werden, was einer können, was einer Reduktion der CO2-Emissionen um rund 30 000 Tonnen entspricht.»

Wärme aus Klärschlamm und Abwasser

Konkret werden beim Energieverbund zwei verschiedene Wärmequellen zur Verfügung stehen. Einerseits wird der Klärschlamm, andererseits das gereinigte Abwasser der Kläranlage als Energieressource dienen. Die Abwärme aus der Klärschlammverbrennung des Werdhölzlis, wo der gesamte Klärschlamm des ganzen Kantons Zürich verarbeitet wird, weist mit 98 Grad bereits eine hohe Ausgangstemperatur auf und kann direkt in die Energiezentrale eingespeist und von dort über die Fernwärmrohre an die Kunden weitergegeben werden. Ein Teil der Wärme, rund 15 Prozent, wurde bis anhin für den bereits bestehenden Energieverbund Schlieren genutzt, mit dem neuen Verbund können nun auch die verbleibenden 85 Prozent genutzt werden. Bei der Verwendung des Abwassers der Kläranlage muss die Wärmeenergie hingegen über ein Anergieleitungsnetz für Wärme und Kälteaustausch nutzbar gemacht werden. Dabei wird das rund 14-grädige Abwasser mittels Wärmepumpen, die auf dem Prinzip des Wärmeaustauschs zwischen Flüssigkeiten beruhen, auf die Endtemperatur von 72 Grad gebracht, woraufhin es die Haushalte mit warmem Wasser versorgen kann. Die Wärmepumpen befinden sich momentan noch in der Aufbauphase und werden ab Herbst 2021 die Wärme aus dem Klärschlamm ergänzen. Als dritte Energiequelle wird ab Sommer 2022 das Fernwärmnetz in Zukunft einerseits die Kälte des für das ZSC-Eishockeystadium produzierten Eises nutzen können, um Büro- oder Gewerberäume zu kühlen, andererseits die für die Kühlung abgeführte Wärme zum Heizen verwenden können.

Eine Innovation, die Schule machen könnte

Der Energieverbund Altstetten und Höngg ist momentan schweizweit der grösste Verbund seiner Art, wie der Pressemitteilung des EWZ zu entnehmen ist. Vorteilhaft an dieser Form der Wärmeversorgung sei nicht nur die Nutzung von Energie, die bis anhin ungenutzt verpufft, sondern darüber hinaus auch das dezentrale, lokale und flexible Prinzip der Energieversorgung, betonte Leumann. Die Energie sei weitestgehend CO2-neutral, werde dort genutzt, wo sie entstehe und müsse nicht aus dem Ausland bezogen werden. Zudem liessen sich die Quellen mit einfachen Mitteln ersetzen beziehungsweise ergänzen – das Fernwärmnetz ist nicht auf eine bestimmte Energiequelle angewiesen. Preislich liegt der Anschluss an das Fernwärmenetz für den Endverbraucher momentan noch zirka 15 Prozent höher als bei herkömmlicher Heizenergie auf der Basis von Gas, langfristig aber, davon ist Leumann überzeugt, «ist der Eintritt in den Energieverbund aus all den obgenannten Gründen für die Kund*innen attraktiv.»

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