Murphys Gesetz

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, wie Kleinigkeiten das Selbstbewusstsein zum Schmelzen bringen. Und was es braucht, um es wieder aufzubauen.

Dagmar Schräder liebt es zu schreiben. (Foto: Jina Vracko)

Kennen Sie das Gefühl der Unzulänglichkeit? Manchmal überfällt es mich ganz plötzlich, von einem Moment auf den anderen. Aufgrund irgendwelcher Nichtigkeiten. Und dann werde ich ganz klein und bescheuert und kann gar nichts mehr. Ist mir letztens wieder einmal passiert. Im Fitnessstudio, wo sonst. Nicht, dass ich tatsächlich so viel Zeit dort verbringen würde, wie es diese Kolumne vermuten lassen würde, aber irgendwie muss ich die Erlebnisse in dieser für mich so fremden Welt ja verarbeiten.

Egal, auf jeden Fall war ich wieder einmal voller guten Willens unterwegs aufs Laufband. Viel zu spät dran, wie immer. Zuhause hastig die Tasche eingepackt und dann mit leicht schlechtem Gewissen los, weil ich ja eigentlich auch das Abendessen für die lieben Kleinen vorbereiten müsste.  

Vor Ort musste ich dann als erstes feststellen, dass ich schon wieder den Schlüssel für den Garderobenkasten vergessen hatte. Kein Problem, am Empfang kann man sich einen neuen ausleihen. Also ab in die Garderobe. Rein in die Trainingsklamotten. Leider auch hier ein folgenschwerer Fehler: Da musste bei der Hose eine Verwechslung passiert sein. Die sah zwar aus genauso aus wie meine Trainerhose, war sie aber nicht. Eher die von meinem Sohn. Also die ist mir doch ganz leicht zu eng. Aber was sollte ich machen, ich war ja jetzt schon mal hier. Also habe ich mich reingequetscht in die Hose, die nun eher Typ Leggins darstellte. Hauteng, da stehe ich ja so gar nicht drauf. Peinlich berührt von meinen Bemühungen, mich möglichst gutaussehend in die Hose zu quetschen, merkte ich, wie mir die Röte zu Kopfe stieg.

Schnell die Kleider im Schrank versorgen und ab ins Training, da fällt ein roter Kopf nicht so auf. Nur blöd, dass der ausgeliehene Schlüssel irgendwie nicht in den Garderobekasten passte. Ich rüttelte und rüttelte daran, aber das Schloss liess nicht mit sich reden. Bin ich zu blöd oder liegts am Schlüssel? Schauen die anderen mich schon komisch an?

Ich fing langsam an, an mir zu zweifeln. Also alle Kleider nochmals raus aus dem Schrank und einen neuen ausgesucht. Glück gehabt, hier klappte es. Nun raus und noch kurz ein Erfrischungsgetränk geholt. Möglichst elegant schlenderte ich mit der zu engen Hose zum Automaten und wählte mein Lieblingsprodukt. Doch der reagierte nicht auf meinen Wunsch. Drei Versuche ohne Ergebnis. So ein Frust. Man könnte ja am Empfang fragen, warum es nicht funktioniert, aber ich wollte nicht. Wollte plötzlich gar nichts mehr. Sollte ich einfach umkehren und nach Hause gehen? Waren das alles Zeichen? Interessant, wie schnell das Selbstbewusstsein in den Minusbereich absinken kann.

Nein, kneifen gilt nicht. Ab zum Velo und dann einfach anfangen zu radeln. Wird schon werden. Und da – ein vertrautes Gesicht. Eine Freundin, die fröhlich und unverzagt ihre imaginären Runden auf dem Fahrrad dreht. Was für ein Glücksfall. Erst mal plaudern. Und die falsche Hose stört plötzlich nicht mehr.

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