Dagmar schreibt
Mozart und der Klimawandel
Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, was bei Wolfgang Amadeus anders lief als bei uns.
3. Februar 2025 — Dagmar Schräder
«Was hat denn Mozart mit dem Klimawandel zu tun?», werden Sie sich fragen, wenn Sie den Titel lesen. Nein, keine Angst, ich will hier keine abenteuerlichen Verschwörungstheorien vom Stapel lassen. Es ist definitiv nicht seine Schuld, dass es bei uns immer wärmer wird. Aber er hat sich musikalisch mit dem Winter auseinandergesetzt.
Er hat nämlich seinerzeit, genau am 14. Januar 1791, ein Lied geschrieben, das «Komm, lieber Mai, und mache» heisst. Es war das Lieblingslied meiner Oma, die eine grosse Verehrerin Mozarts war. Und weil es ihr Lieblingslied war, kenne ich auch den Text auswendig. Wobei, ehrlich gesagt, der Text gar nicht von Mozart ist. Habe ich grad rausgefunden. Aber egal. Er hat die Musik komponiert und die macht das Lied extrem eingängig.
Auf jeden Fall handelt das Lied von der Sehnsucht nach dem Frühling. Er schreibt darin, wie der Mai die Bäume wieder grün machen und die Blumen blühen lassen soll, damit man endlich wieder einmal spazieren gehen kann.
Ich kann mir beim Hören des Lieds sehr gut vorstellen, wie im 18. Jahrhundert der Winter war: kalt, dunkel und schier unendlich. Wahrscheinlich von November bis April unwirtlich und herausfordernd. Zwischendurch sicher auch gemütlich und spassig, das sagt das Lied auch, aber das Verlangen nach Sonne und Wärme muss riesig gewesen sein – schliesslich waren die Heizungen damals auch noch nicht das, was sie heute sind. Und Elektrizität gabs auch noch nicht. Was muss das für ein Gefühl gewesen sein, wenn es dann endlich wieder so weit war, dass man sich draussen aufhalten konnte, ohne zu frieren. Sicherlich unbeschreiblich. Da haben wohl nicht nur die Kinder Freudensprünge gemacht. Kennen wir nicht mehr.
Denn schauen Sie doch einmal aus dem Fenster und betrachten Sie die Bäume und die Vegetation. Die entwickeln jetzt schon wieder erste Knospen. In Tram und Bus niesen bereits die ersten Fahrgäste und erklären dies mit ihrem Heuschnupfen. Bestimmt sind auch die Zecken bald wieder in blutgieriger Stimmung. Der Frühling erwacht. Aber es ist noch lange nicht Mai. Sondern gerade Ende Januar. Eine Wahnsinns-Differenz. Drei ganze Monate früher als noch zu Amadeus’ Zeiten.
Und das macht mich, ich muss mich leider wiederholen und das gleiche Thema wie in den letzten Wintern wieder aufgreifen, ziemlich traurig. Dabei hat der Winter dieses Jahr ja gar nicht so schlecht angefangen: Schnee schon im November und sogar an Weihnachten ein bisschen und dann ein, zwei Wochen, die richtig kalt und eisig waren. Da hatte ich kurz die Hoffnung, dass es einmal anders wird. Dass wir mal wieder einen Winter erleben, der den Namen verdient.
Aber Pustekuchen – schon wieder vorbei. Eine Woche Eis, dann schon wieder Glacé schlecken und Frühlingsgefühle. Geht gar nicht. Ich liebe den Frühling, verstehen Sie mich nicht falsch. Aber er soll noch nicht jetzt stattfinden. Es muss nicht unbedingt Mai sein – mit März wäre ich auch zufrieden. Aber vorher noch ein bisschen Winter, das wäre mein grosser Wunsch. Denn ich bin nicht nur Fan von Mozart, sondern auch von Vivaldi: Ich mag die vier Jahreszeiten.
0 Kommentare