Mitteilungsbedürfnisse

Die Kolumne von Nicole Barandun-Gross, Präsidentin des Gewerbeverbands der Stadt Zürich.

Nicole Barandun. (Foto: zvg)

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Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen startet auch die Demo-Saison. Kaum ein Wochenende ohne Kundgebung, welche die Innenstadt gerne lahmlegt. Für viele mag das nach «urbaner Lebendigkeit» klingen – für Läden, Restaurants, Hotels und Betriebe in der Innenstadt bedeutet es: eingeschränkter Zugang, Umsatzeinbussen, Verunsicherung der Kundschaft.

Freie Meinungsäusserung als Grundrecht

Als Präsidentin des Zürcher Gewerbeverbands sehe ich mit wachsender Sorge, wie unsere Innenstadt seit Jahren unter der Flut von Demonstrationen leidet. Für 2022 sind Zahlen bekannt: 325 (un)bewilligte Demonstrationen mit Einsatzkosten von 3,1 Millionen Franken. Das Ganze kostet uns also auch noch eine Stange Geld. Von den oft damit einhergehenden Verwüstungen ganz zu schweigen. Natürlich ist das Demonstrationsrecht ein wichtiges Gut unserer Demokratie – doch das aktuelle Ausmass sprengt das verträgliche Mass.

Provokation als Selbstzweck?

In Zürich gibt es aber auch eine «lebendige» Fankultur. Neustes sichtbares Zeichen: die riesige Verunstaltung des historischen Lindenhofs mit dem Logo eines unserer Stadtclubs. Seit Jahren «verschönern» Fussballfans die Stadt mit ihrem Logo. Mit den Demonstrationen haben sie gemein, dass sie regelmässig den Trambetrieb lahmlegen. Ihr Verhalten hilft keinesfalls dabei, Zürich zu einem angenehmen Ort für alle zu machen und den geplanten Bau des Fussballstadions voranzutreiben. Im Gegenteil!

Werbeverbot für die einen

Und hier der eigentliche Witz des Ganzen: Der Zürcher Gemeinderat will ein Werbeverbot im öffentlichen Raum, damit das Stadtbild «verschönern» und der Bevölkerung ein «klares, ruhiges Bild» bieten. Aha! Während sich also das Gewerbe an immer mehr Regeln halten muss, sind FCZ-Fans überall in der Stadt munter weiter mit Spraydosen und Klebern unterwegs. Und nicht nur das: Der FC Zürich bekommt noch zusätzlich Geld für Fanarbeit. Um diese «Kreativität» weiter zu fördern? Man weiss es nicht.

Zürich droht, an Charme und Attraktivität einzubüssen. Es braucht endlich eine nüchterne Debatte darüber, wie viele Demonstrationen die Stadt tatsächlich verkraften kann. Wir fordern, dass die Stadt mehr Rücksicht auf das Gewerbe nimmt und Verantwortung zeigt für ein gepflegtes, sicheres und einladendes Stadtbild. Zürich soll Ort des Dialogs sein, nicht Dauerprotestgebiet.

Nicole Barandun-Gross
Präsidentin Gewerbeverband der Stadt Zürich
gewerbezuerich.ch

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