Quartierleben
Mit Beton auf Kurs
Der Betonkanu-Verein der ETH Zürich feierte die Taufe eines neuen Kanus. Wegen Regenwetters fiel die Jungfernfahrt aus, das Interesse war dennoch gross, die Ziele ebenso: An diesem Wochenende nimmt der Verein an einer Regatta in Brandenburg teil.
15. Juni 2024 — Daniel Diriwächter
Denkt man an Beton, dann meist an Strassen oder Gebäude, weniger an schwimmende Untersätze. Dennoch gab und gibt es sie. «Im Ersten Weltkrieg wurden beispielsweise einige Schiffe aus Beton gebaut, weil der Stahl knapp war», sagt Tiziano Verasani, Vize-Präsident des Betonkanu-Vereins der ETH Zürich.
Der Student in Bauingenieurwissenschaften steht vor einem Kanu aus Beton, das seine Taufe feiert. Dieses liegt nicht im Wasser, denn davon fällt aktuell genug vom Himmel, sondern in einer Halle der ETH auf dem Hönggerberg. Dorthin hat der Verein, der 55 Mitglieder zählt, geladen, um über den Bau seines neusten Kanus zu informieren.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Betonkanu auf dem Hönggerberg kreiert wurde. Der Ursprung des Vorhabens liegt in der Betonkanu-Regatta, einer Idee aus den USA, die im Jahr 1986 vom damaligen Bundesverband der Deutschen Zementindustrie nach Deutschland gebracht wurde. Seither fand die Regatta, bei der Studierende aus ganz Europa teilnehmen, alle zwei Jahre statt; seit dem Jahr 2005 sind auch die Teams der ETH Zürich am Start.
Das archimedische Prinzip
Der Zürcher Ingenieurnachwuchs setzt dabei weniger auf Schnelligkeit, als auf die Konstruktion. Beides sind Kategorien am erwähnten Wettkampf. Man wolle mit schlauen Köpfen brillieren, so der Tenor. Waren es im letzten Jahr gleich zwei Kanus, bei dem das eine aus nachhaltigem Zement, das andere durch einen innovativen Bauprozess mit Papier und Karton bestach, so besteht das jüngste Werk zum Teil aus alten Skistöcken.
Diese Stöcke aus Karbon wurden für das Kanu-Projekt zerkleinert und die Teile schliesslich in den Zement eingearbeitet. Wiederum stand ein Originalkanu Modell, das mit der Hilfe von Netzen in mehreren Schichten zubetoniert wurde. Das Resultat präsentiert sich nun vor einer ansehnlichen Gästeschar. Wie die Vereinsmitglieder versichern, könne es schwimmen, aber man habe die Arbeiten am Kanu noch nicht beendet.
Das Vorhaben sei in jeder Hinsicht wild, wie an der Taufe gesagt wird. Daher setzte man ganz auf das Motto «Fera Verto» – so der Name eines Verwandlungszaubers für wilde Tiere in der Harry-Potter-Reihe.
Ganz ohne Zauberei funktioniert das Betonkanu. «Es schwimmt dank dem archimedischen Prinzip», erklärt Tiziano Verasani. Dieses besagt, dass auf Körper, die sich in Fluiden befinden, in diesem Falle das Kanu auf dem Wasser, eine nach oben gerichtete Auftriebskraft wirkt, weil das verdrängte Volumen entgegen der Schwerkraft den Körper nach oben drückt.
Auf nach Deutschland
An diesem Wochenende wird sich das Zürcher Kanu mit einer ETH-Delegation von rund 20 Personen in Brandenburg an der Regatta beweisen müssen. Doch egal, wie das Resultat ausfällt, das Betonkanu wird anschliessend ein neues Leben erhalten. Aus dem Beton sollen Sitzgelegenheiten erstellt werden.
Der Prototyp eines Stuhls wurde bei der Taufe ebenfalls vorgestellt. Diese innovative Konstruktion könnte dem ETH-Verein in Brandenburg zu einem Vorteil verhelfen.
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