«Meine Bubenträume sind alle in Erfüllung gegangen»

Hans Fritsch verbringt die Sommermonate auf seinem Segelboot in Norwegen. In Höngg lebt er hauptsächlich im Winter.

Auch Eisbären hat Fritsch auf seinen Expeditionen angetroffen. Diesen Schädel hat er unterwegs gefunden. (Foto: Dagmar Schräder)

Ich wusste eigentlich schon ziemlich früh, wohin es mich im Leben einmal verschlagen wird: Als ich in der fünften Klasse war, zeigte uns unser Lehrer im Naturkundeunterricht Bilder aus der kanadischen Arktis. Ich war wohl der einzige in der Klasse, der seinen Ausführungen volle Aufmerksamkeit schenkte. Mich faszinierten die Bilder und Erzählungen über Gletscher und das ewige Eis. Von diesem Moment an träumte ich davon, selbst einmal dorthin zu reisen.

Kindheit in Fluntern

Damals lebte ich jedoch noch weit weg von der Arktis, nämlich in Fluntern. Hier war ich 1936 geboren worden und verbrachte auch meine Kindheit und Jugend in diesem Quartier. Nach dem Abschluss der Schulzeit besuchte ich in Winterthur die Mechanikerschule und schloss meine Ausbildung zum Maschinentechniker ab.
Mein Vater führte damals das Sportgeschäft «Sport Fritsch» an der Bahnhofstrasse, das von meinem Grossvater gegründet worden war. Hier half ich gerne aus, montierte Bindungen an Ski und kontrollierte die Sicherheitsbindungen. Ausserdem begleitete ich meine Eltern auf Bergtouren. Meine Freizeit verbrachte ich zudem sehr gerne bei den Pfadfindern. Vieles von dem, was ich dort lernte, war mir bei meinen späteren Tätigkeiten im Leben von grossem Nutzen.

Auf ins Eis

1961 konnte ich dann endlich meinen Traum wahrmachen und Richtung Arktis auswandern – zwar nicht nach Kanada, aber dafür nach Norwegen. Mit diesem Land verband unsere Familie intensive geschäftliche Beziehungen: Wir importierten Ski und Sportausrüstung aus Skandinavien, norwegische Geschäftsleute und Sportler waren des Öfteren bei uns zu Hause auf Besuch. Auf einer Familienreise anlässlich der Silberhochzeit meiner Eltern hatten wir zudem alle gemeinsam Ferien in Norwegen verbracht, so dass ich das Land bereits ein wenig kannte.
Es lag deshalb für mich ziemlich nahe, selbst dorthin zu gehen. Ich fand Anschluss am norwegischen Polarinstitut und hatte dort als Assistent für Geologie und Kartographie die Möglichkeit, Expeditionen nach Spitzbergen zu begleiten. Die Expeditionen wurden mit gecharterten Booten, sozusagen «Mini-Eisbrechern» durchgeführt, in kleinen Teams von drei bis sechs Leuten waren wir jeweils bis zu zwei Monate unterwegs. Im kleinen Ort Åndalsnes direkt am Fjord wurde das Schiff mit Vorräten für die nächsten Wochen beladen, dann ging es los. An Bord war ich sozusagen Mädchen für alles: Ich kochte, stopfte Socken und machte zwischendurch meine geologischen Untersuchungen.

Unterwegs im «Witwenmacher»

Viel verdient habe ich auf diesen Expeditionen nicht – dafür hatte ich unterwegs aber auch keine Gelegenheit, Geld auszugeben. So konnte ich dennoch ein wenig Geld sparen, womit ich mir 1963 meine Pilotenausbildung finanzierte. 1967 machte ich das Fliegen zum Beruf und führte zunächst hauptsächlich Gletscherflüge durch. Nach dem Verbot dieser Flüge sattelte ich um, war als Fluglehrer tätig, führte Taxi- und Frachtflüge durch. Auf meinen Transportflügen brachte ich Crevetten, Schalentiere und Wildlachs fangfrisch aus Norwegen in die Metropolen Europas.
Bis 1994 war ich als Berufspilot tätig, dann musste ich wegen Problemen mit den Augen den Job aufgeben. Als Privatpilot flog ich noch einige Jahre weiter, besass mein eigenes Flugzeug in Norwegen. Wenn ich in die Schweiz reisen wollte, konnte ich so jeweils meinen eigenen Flieger nehmen. Die kleine Maschine hatte es in sich: Unter Expert*innen wurde das Modell scherzhaft auch als «Witwenmacher» bezeichnet, weil die Flugzeuge dieses Typs etwas schwierig in der Handhabung waren und beim Landeanflug mit höherer Geschwindigkeit geflogen werden mussten als andere. Ich aber kam glücklicherweise gut mit meinem Flieger zurecht und hab es immer sehr genossen, in der Luft zu sein.

Im Hafen zu Hause

Norwegen hat mich seither nicht mehr losgelassen. Seit 1986 lebe ich auf einem kleinen Segelboot, das im Hafen von Oslo liegt. Nur den Winter verbringe ich jeweils hier in Höngg. Im Haus, das mein Onkel erbaut hat, wohne ich in einer kleinen Wohnung im Dachstock. Für den Rest des Jahres aber ziehe ich mich dann wieder auf mein Boot in Norwegen zurück. Hier geniesse ich das Leben, fahre ein wenig Schiff und helfe dem Hafenmeister, den Betrieb im Hafen zu organisieren.

Stafetten-Porträt

In diesen monatlichen Beiträgen werden ganz normale Menschen aus Höngg porträtiert: Man braucht nicht der Lokalprominenz anzugehören und muss auch nicht irgendwelche herausragenden Leistungen vollbracht haben, nein, denn das Spezielle steckt oft im scheinbar Unscheinbaren, in Menschen «wie du und ich». 
Sollte die Stafette abreissen, sind wir froh, wenn auch Sie uns mögliche Kandidat*innen melden. Kontaktangaben bitte per Mail an redaktion@hoengger.ch oder Telefon 044 340 17 05. 

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