Mehr Schulen für den Waidberg

Die Stadt Zürich wächst – und mit ihr die Anzahl Schüler*innen, die auf Stadtgebiet die Schule besuchen. Auch der Schulkreis Waidberg verzeichnet ein starkes Wachstum. Welche Pläne hat die Stadt, um dem Platzbedarf zu begegnen?

Pavillons wie dieser beim Schulhaus Riedhof kommen bei kurz- und mittelfristigen Engpässen zum Einsatz. Auf städtischen Schulanlagen stehen zurzeit insgesamt 76 dieser Provisorien.
Das Schulhaus Riedhof hat grossen Platzbedarf und wird mittelfristig nicht nur durch Pavillons, sondern auch durch einen Erweiterungsbau vergrössert.
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Die letzte Ausgabe des «Hönggers» beschäftigte sich im Rahmen der Fokusreihe «Schulraumplanung» mit der Geschichte der Höngger Schulhäuser, von den ersten dokumentierten Unterrichtsstunden im 16. Jahrhundert bis heute. Nun soll der Blick in die Zukunft erfolgen und die Pläne und Strategien des Schulamtes im Hinblick auf Bevölkerungswachstum und Platzbedarf in den Schulhäusern des Quartiers etwas näher beleuchtet werden.

Fast 20 Prozent mehr Schüler*innen

Die Gesamtbevölkerung der Stadt Zürich steigt, nach einem zwischenzeitlichen Rückgang während der 60er bis in die 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, seit den 1990ern wieder deutlich an. Eine Ausnahme macht den neuesten Daten der Bevölkerungsstatistik zufolge das Jahr 2020, was aber zumindest teilweise wohl auf die Pandemie zurückzuführen ist. Mit der Zunahme der Stadtbevölkerung nimmt auch die Anzahl der Schüler*innen in der Stadt zu: So geht das Schulamt in seinem jüngsten Bericht zur Schulraumplanung aus dem Jahr 2020 für das Jahr 2027/2028 insgesamt für die gesamte Stadt von einem Wachstum von rund 18 Prozent im Vergleich zum Ist-Zustand aus. Das bedeutet, dass bis 2028 zu den 33400 Kindern und Jugendlichen, die momentan auf Stadtgebiet eine öffentliche Schule oder einen Kindergarten besuchen, rund 6000 weitere dazukommen werden. Mit der Schulraumplanung steht die Schulbehörde daher vor der Aufgabe, anhand möglichst verlässlicher Prognosen genügend Schulhäuser, Klassenzimmer, Lehrpersonen und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, um diesem Wachstum gerecht zu werden.

Vielfältige Gründe für Wachstum

Für den Anstieg, so das Schulamt in seinem Bericht, sind verschiedene Gründe verantwortlich: da ist zum einen die anhaltend hohe Zahl von Geburten, ein Trend, der sich, wenn auch in etwas abgeschwächter Form, nach Ansicht der Stadt weiter fortsetzen wird.
Andererseits führen die Bautätigkeiten in den einzelnen Quartieren zu einer Zunahme der dortigen Wohnbevölkerung. In den letzten drei Jahren wurde besonders viel gebaut – so entstanden dem Bericht zufolge 2018 «in der Stadt 3360 neue Wohnungen. Das ist die intensivste Neubautätigkeit seit 1954.» Dazu kommt die zunehmende Verdichtung von Wohnraum. Damit verbunden ist ein positiver Wanderungssaldo, was bedeutet, dass deutlich mehr Personen in die Stadt ziehen als aus der Stadt ausziehen. Und auch die Verschiebung des Einschulungstermins in den Kindergarten spielt eine Rolle: weil schrittweise das Stichdatum für die Einschulung um mehrere Wochen verschoben wird, vergrössern sich die Klassengrössen bestimmter Jahrgänge. Zu guter Letzt führt zudem die integrative Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen, die eine Integration der Kinder in die Regelklassen vorsieht, zu einer Vergrösserung der Regelklassen, einer intensiveren Nutzung von Therapie- und Gruppenräumen sowie dem Wunsch nach grösseren Klassenzimmern. 

49 neue Schulklassen im Waidberg

Auch für den Schulkreis Waidberg lässt sich dieser Wachstumstrend beobachten. Der Schulkreis umfasst die Quartiere Höngg, Wipkingen, Unter- und Oberstrass. 5800 Kinder und Jugendliche besuchen in den 15 Schulhäusern des Kreises die Primar- und Sekundarschule. Vergleicht man die Zuwachszahlen der sechs städtischen Schulkreise, gehört Waidberg momentan neben Letzi und Uto zu den drei am stärksten anwachsenden Kreisen. Hier rechnet die Stadt bis zum Schuljahr 2027/28 mit einer Zunahme von rund 930 Schüler*innen.  Das bedeutet, dass hier insgesamt rund 49 neue Schulklassen entstehen werden, für die Platz gefunden werden muss. Dabei sind es selbstredend nicht nur die Klassenzimmer, die Raumbedarf verursachen, sondern zudem die Betreuungsreinrichtungen wie Horte, Räumlichkeiten für Musikangebote, Sporteinrichtungen, Büro- und Verwaltungsräume sowie im Hinblick auf die Einführung der Tagesschule zusätzlich noch Küchen und Aufenthaltsräume, in denen die Schüler*innen ihr Mittagessen einnehmen können.

Neue Schulhäuser im Riedhof und beim Waidspital

Aufgrund dieser Entwicklungen sind in den nächsten Jahren im Schulkreis nicht nur weitere provisorische Ergänzungen durch die bekannten «Züri Modular –Pavillons», sondern zusätzlich mehrere Erweiterungs- und Neubauten von Schulhäusern in Planung.
Bei den Primarschulhäusern in Höngg ist insbesondere im Schulhaus Riedhof der Platzbedarf zurzeit besonders gross. Um hier den Bedarf zu decken, so die Stadt, «steht die Erweiterung respektive der Bau einer weiteren Schulanlage neben dem Schulhaus Riedhof im Vordergrund.» Der Erweiterungsbau soll bis im Jahr 2027 bezugsbereit sein und Platz für zusätzliche zwölf bis 18 Klassen bieten. Eine gänzlich neue Schulanlage ist zudem auf dem Areal des Waispitals geplant, das Schulhaus «Höngg Ost». 18 Schulklassen sollen hier untergebracht werden können, der Bezug ist auf das Jahr 2029 geplant. Damit können die Häuser Bläsi und Vogtsrain sowie das Schulhaus Waidhalde entlastet werden.
In Wipkingen kann der Platzbedarf «vorerst mit einem Provisorium auf der Lettenwiese gedeckt werden. Für das Wachstum im Letten ab 2024 bis zum Bezug eines neuen Schulhauses auf der Lettenwiese muss noch eine Strategie der Bedarfsdeckung entwickelt werden. Weitere Massnahmen sind in Prüfung.»
In der Oberstufe wird die Anzahl der Schulklassen voraussichtlich im Zeitraum bis 2027/28 um rund acht bis zehn Klassen steigen. Um den Platzbedarf auf Sekundarschulniveau zu decken, sind Pavillons vorgesehen.

Ausserschulische Betreuung

Auch das Betreuungsangebot ausserhalb der Schulzeit, sprich die Anzahl der verfügbaren Hortplätze, wurde in den letzten Jahren kontinuierlich erweitert. Für den Schulkreis Waidberg gibt die Schulbehörde folgende Daten an: für die 5448 Schüler*innen inklusive Kindergartenkinder, die im Jahr 2020 hier zur Schule gingen, standen 2829 Hortplätze zur Verfügung, was einem Betreuungsschlüssel von 52 Prozent entspricht. Weil viele der Kinder den Hort lediglich Teilzeit besuchen, ist die Betreuungsquote de facto noch etwas höher. Auch in diesem Bereich wird ausgebaut – in Vorbereitung ist etwa bereits die Eröffnung eines weiteren Horts im ehemaligen Restaurant Rütihof, der 40 Kindern Platz bietet (der Höngger berichtete). Im Hinblick auf die Einführung der Tagesschule wird sich die Betreuung jedoch ohnehin entscheidend verändern.

Tagesschulen

Auf lange Sicht sollen die Zürcher Schulhäuser im Rahmen des Projekts «Tagesschule 25» zu Tagesschulen umstrukturiert werden. Das bedeutet, dass den Schüler*innen an den Tagen, an denen sie nachmittags die Schule besuchen, ein Betreuungs- und Mittagsangebot zur Verfügung gestellt wird. In einem Pilotprojekt haben zwischen 2015 und 2018 die ersten sechs Schulen mit dieser neuen Struktur gestartet, darunter etwa die Höngger Schule Am Wasser. Momentan läuft bereits die zweite Projektphase, in der insgesamt 30 Schulen zu Tagesschulen umgewandelt werden. Ab 2023 ist vorgesehen, die Struktur flächendeckend und etappenweise an allen Schulen einzuführen. In der ersten Etappe im Schuljahr 2023/24 sollen die Schulhäuser Rütihof und Lachenzelg umfunktioniert werden, Letten und Waidhalde 2026/27, Riedhof-Pünten, Bläsi und Vogtsrain sollen schliesslich in der letzten Projektetappe 2028/29 folgen. Bevor die Einführung der Tagesschulen definitiv erfolgen kann, ist jedoch noch die Zustimmung des Stimmvolks vonnöten. Hierzu ist im Mai 2022 eine Volksabstimmung geplant. Die zeitliche Umsetzung der Pläne ist demnach also unsicher, der Einstiegszeitpunkt der einzelnen Schulen in das Modell kann noch starke Veränderungen erfahren, wie Barbara Willimann, Leitung Schulraumplanung, dem Höngger auf Anfrage bestätigt.

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